LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 13.11.2012 Datum des Originals: 12.11.2012/Ausgegeben: 16.11.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 537 vom 5. Oktober 2012 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/1066 Strategien zur Reduktion von Fehlzeiten und Frühpensionierungen bei Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens – Mit welchem konkreten Handlungskonzept reagiert die Landesregierung im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht als Dienstherr auf die aktuell unbefriedigende Situation? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 537 mit Schreiben vom 12. November 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans hat in diesem Jahr den Dritten Versorgungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Dieser liefert interessante Erkenntnisse zur Pensionssituation im Landesdienst. Im Jahr 2009 ist demnach ein insgesamt vergleichsweise niedriger Wert erreicht worden bei der Anzahl der pensionierten Beamten, die aufgrund von Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand getreten sind. Dennoch liegt der Anteil der Zurruhesetzungen infolge von Dienstunfähigkeit in mehreren Beschäftigungsbereichen noch über 25 Prozent, so zum Beispiel im Schuldienst oder der Finanzverwaltung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 2 Pensionierungsverhalten nach Beschäftigungsbereichen Bereich Regelaltersgrenze Dienstunfähigkeit Antragsaltersgrenze Justizvollzug 27,2 % 57,2 % 15,6 % Schule 34,7 % 26,7 % 38,4 % Finanzverwaltung 37,6 % 25,6 % 32,2 % Polizei 79,1 % 13,9 % 6,8 % Hochschule 90,2 % 1,4 % 8,4 % Sonstige 60,5 % 15,3 % 22,3 % Summe 44,9 % 23,6 % 30,9 % Hinzu kommt, dass häufig noch die Option einer Pensionierung durch die Inanspruchnahme einer niedrigeren Antragsaltersgrenze zum Zuge gekommen ist, so dass außer im Bereich von Hochschulen und Polizei eine Pensionierung zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht die Regel ist, sondern eher den Ausnahmefall darstellt. Über alle Berufsgruppen hinweg sind zuletzt knapp 24 Prozent der Bediensteten vorzeitig in den Ruhestand getreten aufgrund von Dienstunfähigkeit; landesweit erreichen nur weniger als 45 Prozent der Beamten die jeweilige Regelaltersgrenze. Im Ergebnis liegt das durchschnittliche Pensionseintrittsalter im Schuldienst bei 62,5 Jahren, in der Finanzverwaltung bei 60,4 Jahren, im Polizeibereich bei 59,6 Jahren, und bei der Justiz beträgt das Pensionseintrittsalter 53 Jahre. Im Justizbereich ist das Eintrittsalter in den Ruhestand damit sogar gegen den allgemeinen Trend zuletzt um fast zwei Jahre gesunken. Frühpensionierungen und Dauererkrankungen sind individuell für den Betroffenen ein oft schweres Schicksal und sorgen zudem beim Dienstherrn Land in der Regel für zusätzliche Probleme und Kosten bei der vorzeitigen Neubesetzung notwendiger Stellen. Kumuliert entsteht im Landesdienst ein erhebliches Stellenpotential, das nur vorgehalten und finanziert wird, um temporäre oder dauerhafte krankheitsbedingte Fehlzeiten auszugleichen. Es sollte daher aus humanen Gründen wie zur Optimierung des Personaleinsatzes ein vordringliches Anliegen des Landes sein, bei Landesbeschäftigten durch ein Gesundheitsmanagement krankheitsbedingten Arbeitsausfall und Frühpensionierungen zu verhindern. Aus einer kürzlich im August 2012 vorgelegten und als repräsentativ geltenden Auswertung des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) zum Krankenstand deutscher Arbeitnehmer geht hervor, dass die Werte für Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen sind sowie über dem Bundesdurchschnitt liegen. Der BKK Landesverband Nordwest hat ferner die Zahlen für Nordrhein-Westfalen veröffentlicht: Im letzten Jahr 2011 hat krankheitsbedingt im Durchschnitt jeder Arbeitnehmer in unserem Bundesland 16,6 Tage gefehlt. Im Jahr 2010 waren es noch durchschnittlich 15,1 Fehltage. Der Bundesdurchschnitt liegt etwas darunter. Der Statistik zufolge ist die Fehlzeitenrate so hoch wie zuletzt im Jahr 1999. Auch zu den Krankheitsgründen bietet die Erhebung der BKK Einblicke. So verursachen Muskel- und Skeletterkrankungen, hier vor allem Rückenleiden, die meisten Krankheitstage, gefolgt von Atemwegserkrankungen sowie psychischen Leiden. Dabei ist auffällig, dass vor allem Männer wegen psychischer Probleme immer häufiger im Beruf ausfallen. Eine Arbeits- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 3 unfähigkeit dauert bei diesem Krankheitsbild mit durchschnittlich 37 Fehltagen am längsten. Langzeiterkrankungen machen zwar nach Aussage der BKK nur vier Prozent der Krankheitsfälle insgesamt aus, verursachen aber dennoch inzwischen 47 Prozent aller Krankentage. Folge von Langzeiterkrankungen und dauerhafter gesundheitlicher (oftmals psychischer) Probleme ist nicht selten der Weg in die Frühpensionierung – meist trotz erheblicher finanzieller Einbußen bei den Pensionszahlungen für den einzelnen. Der Gesundheitszustand der Bediensteten sowie dadurch bedingte Frühpensionierungen haben aber auch direkte Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Insofern steht das Land hier in der doppelten Verantwortung. Der individuelle Schutz und die Förderung des Erhalts der Gesundheit der Beamten und Angestellten ist selbstverständlich für die Landesregierung eine Fürsorgeverpflichtung. Aber auch finanzielle Folgen für den nordrhein-westfälischen Landeshaushalt durch erhöhte Pensionsleistungen, die die junge Generation zusätzlich belasten werden, dürfen nicht außeracht gelassen werden. Insbesondere in einer alternden Gesellschaft sowie bei einer deutlichen Zunahme psychischer Erkrankungen kommt daher der Gesundheitsförderung eine besondere Bedeutung zu. Hierbei muss zwischen den Aspekten der Förderung und des Erhalts der Gesundheit, präventiven Maßnahmen und der Unterstützung von bereits erkrankten Bediensteten unterschieden werden. Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten der nordrheinwestfälischen Bediensteten ist es für das Landesparlament von besonderem Interesse, wie sich die Situation für Landesbeamte und Angestellte des Landes Nordrhein-Westfalen genau darstellt und welche konkreten Maßnahmen die Landesregierung im einzelnen bislang und zukünftig zur Situationsverbesserung ergreift. Mit der Abfrage nach Ressorts sind stets auch alle nachgelagerten Behörden mit ihren Landesbediensteten gemeint. Vorbemerkung der Landesregierung: Die demografische Entwicklung, der Strukturwandel der Arbeitswelt und die knapper werdenden personellen und finanziellen Ressourcen verändern die Anforderungen an eine wirksame betriebliche Gesundheitsförderung im öffentlichen Dienst. Die Zahl vorzeitiger Zurruhesetzungen und die Häufigkeit und Dauer von Erkrankungen sind Indikatoren des Krankheitsgeschehens in einer Organisation, die durch eine große Anzahl von Faktoren beeinflusst werden (z. B. Alter, körperliche und psychische, berufliche und private Belastungen heute und im Laufe des Berufslebens, bekannte und aktiv genutzte Bewältigungsstrategien , gesellschaftliche Entwicklungen, finanzielle und persönliche Folgen, etc.). Diese Faktoren stehen zudem in komplexen inhaltlichen und zeitlichen Wechselwirkungen, so dass es bis heute keine wissenschaftlich überprüften Modelle gibt, wie Fehlzeiten oder gar vorzeitige Zurruhesetzungen mit hinreichender Zuverlässigkeit vermieden werden könnten . Der Fehlzeiten-Report 2012 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) belegt jedoch, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen insgesamt seit 1994 bis heute um 120 Prozent gestiegen ist. Daraus folgern die Autoren, dass Pendeln, Überstunden und ständige Erreichbarkeit immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krank machen. Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen. Um zukünftig gut qualifizierte, motivierte und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen bzw. gewinnen zu können, bedarf es geeigneter Strategien und Instrumente. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 4 Die Landesregierung hat diese Problematik und die wachsende Bedeutung der Gesunderhaltung der Landesbediensteten erkannt und am 03.05.2011 ein Rahmenkonzept zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement verabschiedet. Innerhalb dieses Rahmens entwickeln alle Ressorts - über bereits durchgeführte Einzelmaßnahmen hinaus - zurzeit eigene, ressortspezifische Programme und Projekte zur betrieblichen Gesundheitsförderung, zum Teil mit wissenschaftlicher Begleitung und Evaluation. Darüber hinaus ist seit 2011 ein verstärkter ressortübergreifender Erfahrungsaustausch über Themen der Gesundheitsförderung installiert. Auf Bund-Länder-Ebene nimmt NordrheinWestfalen an dem von der Innenministerkonferenz beschlossenen Leistungsvergleich der Länder und des Bundes zum Gesundheitsmanagement teil. Damit ist das Thema schon heute in ein bundesweites Netzwerk integriert, das die immer stärker werdenden Aktivitäten im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) steuert. 1. Wie hat sich der Krankenstand in puncto Anzahl der Krankmeldungen sowie Summe der Abwesenheitstage pro Jahr, aufgeschlüsselt nach den Beschäftigtengruppen Beamte und Angestellte des Landes Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren jeweils jährlich und differenziert nach Alter, Geschlecht, Ressort und Laufbahn entwickelt? (Daten bitte in absoluten Zahlen sowie im prozentualen Verhältnis zum Arbeitsvolumen) Zum Krankenstand der Beschäftigten der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen vor 2010 können keine Angaben gemacht werden. Eine jährliche, nach Ressorts und vorher festgesetzten einheitlichen Parametern differenzierte Auswertung des Krankenstandes in der Landesverwaltung wurde aufgrund einer Bitte des "Unterausschusses Personal" des Haushaltsund Finanzausschusses erstmals für den Zeitraum 01.01.2010 bis 30.09.2010 durchgeführt. Der Bericht wurde dem Landtag am 30.11.2011 übersandt. Danach betrug die Krankenstandsquote im genannten Zeitraum für die gesamte Landesverwaltung ohne die damals nicht erfassten Geschäftsbereiche des Justizministeriums und des Ministeriums für Schule und Weiterbildung 7,06 %. Zu den Einzelheiten des Berichts wird auf die Vorlage 15/1031 verwiesen. Der "Unterausschuss Personal" des Haushalts- und Finanzausschusses hat den Bericht am 24.01.2012 beraten und sich dafür ausgesprochen, die Erhebung des Krankenstandes zukünftig jährlich durchzuführen. Der Bericht zur Auswertung des Krankenstandes der Beschäftigten der Landesverwaltung bezogen auf das Jahr 2011 wird zurzeit vorbereitet und nach Fertigstellung dem Landtag vorgelegt. 2. Wie viele Vollzeitstellen könnten rein rechnerisch differenziert nach jedem ein- zelnen Ressort eingespart werden, wenn es keinerlei Krankenstand geben würde und damit immer die volle vertragliche und vergütete Arbeitszeit auch dienstlich zum Einsatz käme? Eine valide Berechnung der theoretisch einzusparenden Vollzeitstellen anhand der in den bisherigen Krankenstandserhebungen ermittelten Krankenstandsquoten und des dazu vorliegenden Zahlenmaterials ist weder für die gesamte Landesverwaltung noch für einzelne Ressorts möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 5 Rein abstrakt müssten für eine solche Berechnung 1. die Krankentage der Teilzeitbeschäftigten mit dem jeweiligen Arbeitszeitanteil des oder der einzelnen Teilzeitbeschäftigten multipliziert werden (Beispiel: Krankentage x 0,5 bei einer halben Stelle) und danach 2. die Summe der so bereinigten Krankentage aller von der Krankenstatistik erfassten Beschäftigten durch die Zahl der Arbeitstage (Kalendertage abzüglich Wochenenden und Feiertage) einer Vollzeitkraft in dem jeweiligen Erhebungszeitraum dividiert werden. In der Krankenstandserhebung für die Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen werden die Krankentage allerdings nur je Beschäftigten erfasst. Eine Unterscheidung nach Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung der Beschäftigten ist in der Erhebung nicht enthalten. Im Interesse der Anonymisierung wird bei der Auswertung der verfügbaren Daten ausdrücklich auf eine Kreuzverknüpfung von mehreren Parametern verzichtet, um eine Reanonymisierungsmöglichkeit zu vermeiden. Ein Krankheitstag einer Teilzeitkraft würde daher bei einer Berechnung der einzusparenden Vollzeitstellen auf der Grundlage der vorliegenden Daten ebenso als ganzer Arbeitstag berücksichtigt wie ein Krankheitstag einer Vollzeitkraft. Tatsächlich entsprechen aber erst zwei Krankentage einer/ eines Teilzeitbeschäftigten mit halber Stelle einem Vollzeit-Arbeitstag. Daher würde auf der Grundlage der vorhandenen Daten eine Berechnung dazu führen, dass die Zahl der Vollzeitäquivalente deutlich höher angegeben würde, als sie tatsächlich ist. Nach der Personalstatistik des Landesbetriebs Information und Technik (IT.NRW) sind ca. 27 % der Beschäftigten der Landesverwaltung teilzeitbeschäftigt. Somit ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigten nicht unerheblich und würde zu Verfälschungen der Berechnung führen. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements nicht darauf zielen, den Personalbestand zu verringern, sondern die Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten durch präventive Maßnahmen zu fördern und Faktoren, die die Gesundheit beeinträchtigen können, soweit es im Einflussbereich der Dienststellen liegt, abzubauen. Ein Krankenstand mit einer Quote von 0,0 % ist im Übrigen nicht realistisch . 3. Welche einzelnen Erkenntnisse, Trends und Studien liegen der Landesregierung zur Entwicklung der Hauptursachen von Fehlzeiten bei nordrhein-westfälischen Beamten und Angestellten, jeweils differenziert nach Ressort und Tätigkeiten, für den Zeitraum der letzten zehn Jahre vor? (beispielsweise Zunahme des Anteils psychischer Erkrankungen bei Lehrern, steigende Anzahl von Dauererkrankungen im Polizeidienst etc.) Aus den erhobenen Daten zum Krankenstand können keine Rückschlüsse auf allgemein gültige konkrete Ursachen der Fehlzeiten bei Beamten und Beschäftigten gezogen werden. Soweit in Bereichen einzelner Ressorts mögliche Ursachen erforscht worden sind, handelt es sich dabei überwiegend um spezifische Faktoren, die eher den besonderen beruflichen Anforderungen an die dort tätigen Bediensteten Rechnung tragen, grundsätzlich aber nicht verallgemeinert werden können. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 4 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 6 4. Welche genauen einzelnen Programme werden von Seiten des Landes bislang, gegenwärtig und zukünftig durchgeführt, um die Gesundheit der nordrheinwestfälischen Beamten und Angestellten nachhaltig zu fördern und die Anzahl von Krankheitstagen sowie Frühpensionierungen damit zu reduzieren? (bitte vollständige Enumeration) Aus dem Anhang "Thematische Übersicht über BGM-Projekte etc. in der Landesverwaltung NRW" (Stand Februar 2012) ist ersichtlich, dass in allen Ressorts die Anforderungen an ein Betriebliches Gesundheitsmanagement erkannt sind und bis heute bereits eine Vielzahl von konkreten Maßnahmen und Projekten umgesetzt werden. Als ressortübergreifendes Beispiel für Maßnahmen zur Reduzierung von Frühpensionierungen sei hier das Programm „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ (VfW) genannt. Es handelt sich hierbei um ein Programm, das vom ehemaligen Landesamt für Personaleinsatzmanagement (LPEM) initiiert wurde. Dieses den Beamtenbereich betreffende Projekt wird nach Auflösung des LPEM zum 30.06.2012 im Finanzministerium NRW fortgeführt. Das Projekt setzt auf den Vorgaben des Beamtenrechts und der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf, nach denen eine Zurruhesetzung von Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit wegen Dienstunfähigkeit nur zulässig ist, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist. Das Projektteam VfW prüft daher ressortübergreifend und landesweit Verwendungsmöglichkeiten von Beamtinnen und Beamten, die in ihrer ursprünglichen Tätigkeit gesundheitsbedingt dienstunfähig sind, und bietet, wenn möglich, den Betroffenen neue, der Gesundheitsminderung entsprechende Perspektiven an. Durch das Verfahren können zudem Rechtsstreitigkeiten im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens vermieden und die Dauer des Zurruhesetzungsverfahrens insgesamt verkürzt werden. Das Angebot ist für die Dienststellen freiwillig und wird zunehmend gut angenommen . Im Jahr 2012 wurden bisher 75 Beamtinnen und Beamte betreut. Über verschiedene Maßnahmen des BGM hinaus, die in allen Ressorts eingesetzt werden, wird beispielhaft auf folgende Maßnahmen in einigen Geschäftsbereichen hingewiesen: Polizei Im Bereich der Polizei NRW ist ein separates Betriebliches Gesundheitsmanagement der Polizei (BGMPol) installiert, das die speziellen dienstlichen Anforderungen an Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte berücksichtigt und diesen u. a. im Rahmen des Dienstsports oder mit Projekten zu Sport und Ernährung Rechnung trägt. Justiz Für den Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen sind die Gründe für hohe Krankenstände mit einem speziell entwickelten Fragebogen in einer landesweiten Mitarbeiterbefragung 2009/2010 erforscht worden. Dazu gehört nach Auskunft der befragten Bediensteten (über 3.500 Personen) insbesondere die steigende Zahl psychisch kranker und stark verhaltensauffälliger Gefangener, die sehr anstrengender Intensiv-Betreuung bedürfen. Im Justizvollzug wird schon seit 2008 eine aktive Gesundheitsförderung betrieben. Das Justizministerium (JM) geht in enger Kooperation mit den Personalvertretungen landesweit mit Maßnahmen auf die Faktoren ein, die die Bediensteten in der Mitarbeiterbefragung als gesundheitlich besonders belastend beschrieben haben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1410 7 Das JM stimmt mit den Gerichten, Staatsanwaltschaften sowie Aus- und Fortbildungseinrichtungen derzeit ein Rahmenkonzept BGM ab, das ab 2013 pilotiert und dann sukzessive flächendeckend umgesetzt werden soll. Finanzen Beschäftigte der Steuerfahndung und im Vollstreckungsaußendienst erhalten ein Hilfsangebot zur Vermeidung Posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) in Kooperation mit der Polizei NRW. Die Führungskräfte und Interessenvertretungen der entsprechenden Arbeitsbereiche sind über dieses Angebot informiert. Für 2013 ist geplant, Best Practices für den Umgang mit Beschäftigten zu ermitteln, die potenziell von Dienstunfähigkeit bedroht sind (Prävention). 5. Welche konkret messbaren Erfolge sind im Einzelnen bislang differenziert nach den jeweiligen Programmen, Ressorts und Tätigkeitsarten mit den unterschiedlichen Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung bei nordrheinwestfälischen Beamten und Angestellten tatsächlich erreicht worden? (bitte ausführliche Darstellung) Daten zu messbaren Erfolgen liegen nicht vor bzw. wurden nicht erhoben. 1 Anhang: Thematische Übersicht über BGM-Projekte in der LV NRW Thema / Rubrik I. gesetzlich vorgeschrieben (BEM, ArbSch) Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) (Pflicht gem. § 84 (2) SGB IX; des Weiteren Inklusion UN-Behindertenkonvention, ArbStättV BEM; hierzu diverse DV Einrichtung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte, Förderung der Integration Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Wiedereingliederungspläne Rahmenvereinbarung mit den Integrationsfachämtern (LWL, LVR) "klassischer" ArbSch (z. B. § 5 ArbSchG, §§ 2, 4 ASiG) Betriebsärztliche / sicherheitstechnische Betreuung / Beratung (Betriebsärzte, FASi), Sicherheitsbeauftragte, Ersthelfer zusätzlich gesondert erwähnt, obwohl in ASiG-Umfang enthalten bzw. Pflicht gem. ArbSchG Angebot von Augenuntersuchungen für alle Beschäftigten mit Bildschirmarbeitsplätzen, G 37 G 25 Berufskraftfahrer Hepatitis / Beratungen zum Mutterschutz regelmäßige, individuelle Ergonomieberatungen am Arbeitsplatz Gefährdungsbeurteilung (~analyse), regelmäßige Begehungen des Gebäudes und der Büros zwecks Erkennung und Beseitigung eventueller Mängel, kontinuierliche Optimierung Pandemieplanung (gehört dem Grunde nach zu Gefährdungsbeurteilung) II. zusätzliche "Gesundheitsdienstleistungen" Grippeschutzimpfungen Gesundheitstag(e), Schwerpunkte „Herz/Kreislauf" / Blutdruck- und Blutzuckermessung, Screening Hypertonie, Cholesterinbestimmung, BMI-Berechnung, Schilddrüsen-Check, Schlaganfallprävention, Krebs-Vorsorgeuntersuchungen (Darm, Haut, Brust) III. Verhältnisprävention (auch OE / PE) Vereinbarkeit Familie und Beruf (zahlreiche entsprechende Vereinbarungen mit B.u.K. / Audit Beruf + Familie. Hertie-Stiftung / Pflegezeitgesetz) dazu, dazu gehören z. B. Eltern-Kind-Büro, Kinder-Koffer Angebot des Familienservices (Beratungs- und Vermittlungsagentur zu 2 Kinderbetreuung / Betreuung älterer oder pflegebedürftiger Angehöriger), Beurlaubung nach Pflegezeitgesetz Vortrag zum Thema Work-Life-Balance Einrichtung von Telearbeitsplätzen (inkl. DV'en) flexible Arbeitszeitmodelle (inkl. DV'en) Psychische Fragen / Problemstellungen Unterstützung bei Verhaltensauffälligen / psychisch Erkrankten / BurnOut Präventionsangebot PTBS psychologische Arbeitsanalysen (siehe auch Gefährdungsbeurteilung gem. ArbSchG) MobbingLine NRW/ Beratungshotline Information, Qualifizierung Aus- und kontinuierliche Fortbildung (von Ersthelfern, Dienststellenleitungen, Beschäftigten, Führungskräften), Coaching (Führungskräfte-)Schulung; z. B. Führung, Rückkehrgespräche, Beschäftigungsfähigkeit, SAP, Sucht, Psychische Belastung, Gesundheitszirkel, ASiG, BEM, Alter, Burnout, Stress, Work Life Balance, Mobbing,... Modul Mitarbeitergespräche Informationen zu Gesundheitsthemen via Intra- / Internet IV. Verhaltensprävention (BGF, auch PE) individuelles Coaching „Entspannungsübungen", Stressbewältigung Gesunde Ernährung, Kantine Bewegung: Fahrräder, Nordic Walking, Bezirkssportfeste, Kooperationsprojekt mit LSB, "Rückenschule" (Physiotherapeut), mobile Bürofitness, mobile Massage, Business Yoga, Ausgleichsgymnastik, gesunder Rücken, bewegte Mittagspause, Bildschirmfitnesstrainer Nichtraucherseminare, -entwöhnung, Suchtprävention, z. T. DV'en inhouse-Schulungen zu sonst. Gesundheitsthemen V. BGM-Unterstützungsstrukturen und -instrumente, ZDF DV zu BGM, Grundsatzerlass BGM allgemeine Gremien mit BGM-Bezug grundsätzlich: ASiG-Dienste, Ersthelfer • Personalvertretung, • Schweb-Vertrauensleute, • Gleichstellungs- und Anti-Diskriminierungsbeauftragte (siehe z. B.: BGM als Ziel im Frauenförderplan 2010 - 2012) Soziale Ansprechpartner (SAP) BGM-"Spezial"-Gremien 3 Lenkungsgruppe BGM, Projektgruppe BGM, Arbeitsgruppe BGM, Zentralstelle BGM (für Gesundheitsbefragungen) Projektgruppe BGF im Vollzug (MA-Befragung) Lenkungskreis, Arbeitskreis, Arbeitsgruppe Gesundheit (Dienststellen) zusätzlicher Zentraler Arbeitsschutz-Ausschuss (ASA; dezentraler ist vorgeschrieben) Gesundheitszirkel Statistik, ZDF Krankenstanderhebung Gesundheitsstatistik (Anleitung zur Analyse, Erlass…) Mitarbeiterbefragungen Kooperationen, wissenschaftliche Begleitung Kooperations-Netzwerk BGM Unterstützung durch wissenschaftliche Begleitung, Evaluierung z. B. Dissertation Uni Wuppertal; Thema: "Organisationales Sozialkapital: eine Ressource für Gesundheit…" (Gauggel) Projektdokumentation "gesund leben - gesund arbeiten" (LSB, Team Gesundheit des BKK BV) Kooperation mit TKK