LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14128 02.02.2017 Datum des Originals: 02.02.2017/Ausgegeben: 07.02.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5418 vom 5. Dezember 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/13670 Kosten und Nutzen der Beauftragung einer externen Kanzlei für die Durchführung von Widerspruchsverfahren beim LANUV Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Antwort auf die Kleine Anfrage 4703 (Drucksache 16/12611) erklärte die Landesregierung , dass das LANUV bei der Widerspruchssachbearbeitung für die Bereiche der Lebensmittelüberwachung , des Verbraucherschutzes, des Veterinärwesens und des Tierschutzes durch Vor- und Zusatzarbeiten einer Anwaltskanzlei unterstützt werden soll. Die maßgeblichen Vorbereitungen für das Vergabeverfahren wären bereits abgeschlossen, die Finanzierung sichergestellt und eine umfassende Leistungsbeschreibung erstellt worden. Anlass für die Entscheidung , eine externe Anwaltskanzlei hinzuzuziehen ist der Bearbeitungsrückstau bei der Widerspruchsbearbeitung . Die öffentliche Auftragsvergabe erweist sich für die öffentliche Hand häufig als vorteilhaft. Insbesondere dann, wenn die private Erbringung der fremdvergebenen Leistung bei mindestens gleicher Qualität und zudem kostengünstiger als die Selbstvornahme durch die öffentlich Hand erfolgt. Der Dienstleister tritt hier als sogenannter Verwaltungshelfer auf. Häufig sind dies etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann oder Arbeitsprozesse , die mechanisch oder automatisiert ablaufen. Der Grundsatz der Selbstorganschaft gebietet es, dass die Aufgabenwahrnehmung durch das LANUV grundsätzlich eigenverantwortlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und in eigener Organisation zu erfolgen hat. Externen Stellen darf die Befugnis zum Erlass von Bescheiden nicht übertragen werden, es sei denn hierfür besteht eine gesetzliche Grundlage. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14128 2 Der Einsatz von Verwaltungshelfern ist somit nur dann zulässig ist, wenn diese während ihrer Tätigkeit bindenden Weisungen und einer ständigen Kontrolle der Behörde unterliegen, sodass ihr Handeln der Behörde letztlich so zugerechnet werden kann, als sei es das eigene Handeln. Zwar ist der Antwort der Landesregierung zu entnehmen, dass mit der Fremdvergabe nicht beabsichtigt ist, die formale Befugnis zum Erlass von Widerspruchsbescheiden zu übertragen, sondern lediglich mit unterstützenden Tätigkeiten zu betrauen. Bei der Auslagerung hoheitlicher Tätigkeiten von Behörden bzw. der Unterstützung hierbei durch externe Dienstleister ist jedoch stets darauf zu achten, dass die Entscheidung intern vollständig durch den Dienstleister vorbereitet und bestimmt werden kann, selbst wenn der jeweilige Bescheid die Behörde selbst als Entscheidungsträger ausweist. Ein solches Vorgehen würde aber das Maß der Verwaltungshilfe überschreiten. Denn auch in diesem Fall ist die Behörde nicht selbst tätig geworden, dass gleichwohl eine inhaltliche Zuständigkeitsverschiebung vorliegt. Die Zuhilfenahme einer externen Anwaltskanzlei bei der Bearbeitung von Widerspruchsverfahren ohne die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen könnte daher der Verpflichtung des LANUV zur Aufgabenbewältigung durch behördeneigenes Personal widersprechen. Sind allerdings Kontrollmechanismen seitens des LANUV vorhanden, fragt man sich, inwiefern die Beauftragung eines Dritten zu einer tatsächlichen Entlastung des LANUV bei der Widerspruchsbearbeitung führt. Letztlich stellt sich auch unter Kostengesichtspunkten die Frage, weshalb es notwendig sein sollte, für die „Unterstützung“ bei der Widerspruchssachbearbeitung Rechtsanwälte hinzuzuziehen , während diese Aufgaben normalerweise überwiegend durch Mitarbeiter des gehobenen Dienstes (Sachbearbeiter) und nur in geringen Umfang durch Mitarbeiter des höheren Dienstes (z.B. Volljuristen) wahrgenommen werden. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5418 mit Schreiben vom 2. Februar 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Anwaltskanzlei unterstützt das LANUV bei der Widerspruchssachbearbeitung ? Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz wird bei der Widerspruchssachbearbeitung von den Kanzleien Bird & Bird LLP und der BGM Anwaltssozietät unterstützt. 2. Welche Kosten sind hierfür bzw. werden hierfür voraussichtlich entstehen (Darstellung bitte unter Angabe der einschlägigen Haushaltstitel)? Für die Tätigkeiten der Kanzleien werden Kosten in Höhe von insgesamt 74.000 EUR entstehen . (Titel: 53710) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14128 3 3. Welche konkreten „Unterstützungsleistungen“ wurden durch die Anwaltskanzlei bisher erbracht? Bisher wurden Unterstützungsleistungen in Form der Darstellung des relevanten Sachverhaltes und der Erstellung eines Entwurfs für eine Widerspruchsentscheidung erbracht. Es wird klarstellend darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit der beauftragten Kanzleien als nicht hoheitliche Verwaltungshilfe einzustufen ist. Die Kanzleien unterliegen dabei bindenden Weisungen und einer ständigen Kontrolle durch das LANUV. Die Prüfung des Widerspruchs und der von den Verwaltungshelfern erstellten Entwürfe für eine Widerspruchsentscheidung obliegt allein dem LANUV. Dieses übernimmt auch in alleiniger behördlicher Verantwortung die Erstellung der abschließenden Fassung sowie die Zustellung des Widerspruchsbescheids, oder – im Fall, dass der Entscheidung der Ausgangsbehörde nicht gefolgt werden sollte – die weitere Korrespondenz mit der Ausgangsbehörde. Die Inanspruchnahme von Verwaltungshelfern führt zu einer erheblichen Entlastung des LANUV, da der Aufwand im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung in erster Linie in der Aufarbeitung der Sachverhaltsdarstellung und der rechtlichen Begründung für eine Entscheidung liegt. 4. Welche konkrete Ausgestaltung der „Unterstützungstätigkeit“ (z.B. auch zu Laufzeiten ; Zielvereinbarungen; Honorar pro Fall oder Stunde) wurde zwischen LANUV und Kanzlei vereinbart? Es wurde vereinbart, dass bis zum Ende des Jahres 2016 Unterstützungstätigkeiten für 51 Verfahren erbracht werden. Die Honorarvereinbarungen werden nach Durchführung eines Vergabeverfahrens geschlossen und unterliegen als Geschäftsgeheimnis der Rechtsanwaltskanzleien der Geheimhaltung. 5. In ggf. welchen anderen Fällen wurde die Anwaltskanzlei seit dem Jahr 2012 bereits vom LANUV beauftragt (bitte kurze Darstellung des Auftrags sowie des jeweiligen Honorars)? a) Die Anwaltssozietät BGM erhielt vom LANUV (Fachbereich 15 –Justiziariat, Vergabestelle) seit 2012 für die Vertretung in Gerichtsverfahren (ein arbeitsgerichtliches Verfahren, ein insolvenzrechtliches Verfahren, drei verwaltungsgerichtliche Verfahren) Honorare in Höhe von insgesamt 18.153,45 EUR. Vom Fachbereich 17 (Förderung) wurde die Anwaltssozietät BGM im Fall der Insolvenz „Fuß Fleischgroßhandel GmbH“ aus Wuppertal beauftragt. Dabei werden die insolvenzrechtlichen Interessen des LANUV in Bezug auf eine Rückforderung von Zuwendungsgeldern in Höhe von rd. 600.000 EUR vertreten. b) Die Kanzlei Bird & Bird LLP erhielt für die Beauftragung von Vergabeverfahren – jeweils in Form eines Rahmenvertrages – im Zeitraum 2014/2015 ein Honorar von insgesamt 250.614,00 EUR, im Zeitraum 2015/2016 ein Honorar von insgesamt 318.132,49 EUR und im Zeitraum 2016/2017 bislang ein Honorar von 6.340,20 EUR wobei insoweit noch Rechnungsbeträge im hohen fünfstelligen Bereich ausstehen. Damit wurden im Gesamtzeitraum Vergaben im Umfang von rund 5.900.000 EUR realisiert. Darüber hinaus erhielt die Kanzlei Bird & Bird LLP für vergaberechtliche Schulungen der Bedarfsträger sowie ein verwaltungsgerichtliches Verfahren im Zusammenhang mit den Vergabeverfahren Honorare von weniger als 50.000,00 EUR. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14128 4 Zwischenzeitlich wurde im LANUV ein neues Konzept erarbeitet und verabschiedet, welches Änderungen in den internen Abläufen, aber auch eine neue Verteilung der Aufgaben innerhalb des Beschaffungsprozesses, sowie veränderte Naht-Schnittstellen in der Zusammenarbeit zwischen Haushalt, Vergabe- und Bedarfsstelle vorsieht. Ebenso wurden in der zentralen Vergabestelle zusätzliche Personalkapazitäten geschaffen, um weitere Beauftragungen einer Kanzlei zukünftig entbehrlich zu machen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/14128