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kleineAnfragen
LANDTAG NORDRHEIN
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WESTFALEN
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. Wahlperiode
Drucksache
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14209
09.02.2017
Datum des Originals:
09.02.2017
/Ausgegeben:
14.02.2017
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein
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Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
Landtags Nordrhein
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Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884
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2439, zu beziehen. Der
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Angebot des Landtags Nordrhein
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Westfalen unter
www.landtag.nrw.de
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
5493 vom
9. Januar 2017
des Abgeordneten André Kuper CDU
Drucksache
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SoKo
zum Verdacht auf Sozialbetrug durch Asylbewerber auch in Nordrhein
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Westfalen
notwendig?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Flüchtlinge, die sich mit wechselnden Identitäten Sozialleistungen erschleichen, sorgen für
Gesprächsstoff und Handlungsbedarf. Al
lein 304 Fälle in Niedersachsen hat das
Landeskriminalamt für 2016 bestätigt. Auf bis zu fünf Millionen Euro schätzen die Ermittler den
Schaden.
Derzeit verfolgt eine Sonderkommission in Braunschweig mehr als 300 Fälle in
Niedersachsen, in denen sich
Asylbewerber offenbar mehrfach registrieren ließen, um sich
Sozialleistungen zu erschleichen. Die Täter seien bundesweit aktiv gewesen und hätten eine
Lücke im System ausgenutzt. Den Berichten zufolge ließen sich die Asylbewerber in der
Landesaufnahmestell
e Braunschweig mehrfach registrieren, um in mehreren Gemeinden
parallel Leistungen zu beziehen. Die Lücke im System war die bis Anfang 2016 fehlende
Registrierung von Asylbewerbern bzw. deren erkennungsdienstliche Erfassung.
Nicht nur in
Braunschweig wurde
n bei der Registrierung lediglich Porträtfotos aufgenommen, nicht jedoch
Fingerabdrücke genommen. So war es möglich, dass sich Täter mehrfach registrieren ließen,
sich dazu fiktive Vor
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und Zunamen ausdachten, andere Geburtstage angaben, ihr Äußeres
veränd
erten und so Scheinidentitäten schafften. Dann wurden diese Personen
unterschiedlichen Gemeinden zugeteilt, und die Täter erhielten so mehrfach Sozialleistungen.
Nicht nur im Raum Braunschweig haben sich Asylbewerber mit Scheinidentitäten
Sozialleistungen
erschlichen: Auch im Bereich Osnabrück sind 2016 rund 100 ähnliche Fälle
angezeigt worden, berichtete die „Neue Osnabrücker Zeitung“. In Nordrhein
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Westfalen waren
bis zum Sommer nur die Hälfte der 2015 zu uns gekommenen Flüchtlinge
erkennungsdienstlich er
fasst. Anis Amri benutzte nach aktuellen Erkenntnissen sogar 14
Identitäten und laut Aussage des Innenministers erhielt auch er Sozialleistungen gleich
mehrfach.
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Das Bundessozialministerium hat keine Kenntnis über vermehrten Sozialleistungsbetrug
durch Fl
üchtlinge. Die Aufsicht hätten die Bundesländer, man beobachte das Geschehen
aufmerksam und lasse sich informieren, sagte ein Sprecher. „Selbstverständlich haben wir wie
alle Beteiligten ein großes Interesse daran, dass möglicher Missbrauch aufgedeckt und
sanktioniert wird
auch im Interesse aller ehrlichen Bezieher von Leistungen“, sagte er.
Der Minister für Inneres und Kommunales
hat die Kleine Anfrage 5493 mit Schreiben vom
9. Februar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister fü
r Arbeit,
Integration und Soziales und dem Justizminister beantwortet.
1.
Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über mögliche Fälle von
Sozialbetrug durch Mehrfachregistrierungen von Asylbewerbern in Nordrhein
Westfalen vor?
2.
Wie viele Fäll
e von Missbrauch durch Mehrfachregistrierungen sind bislang in
Nordrhein
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Westfalen aufgedeckt bzw. sanktioniert worden?
Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.
Straftaten und von der Polizei dazu ermittelte Tatverdächtige werden in der Polizeili
chen
Kriminalstatistik (PKS) länderübergreifend nach einheitlichen Grundsätzen erfasst.
Spezifische Daten zu Fällen von Sozial
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leistungsbetrug durch Mehrfachregistrierung von
Asylbewerbern sowie missbräuchliche Mehrfachregistrierung werden in der PKS nicht
explizit
erfasst. In Justizstatistiken werden Straftaten von Asylbewerbern nicht gesondert erfasst.
Eine manuell durchzuführende Sonderauswertung aller relevanten, bei Polizei und
Staatsanwaltschaften vorliegenden Ermittlungsverfahren ist innerhalb der f
ür die
Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
3.
Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung aktuell, um mögliche Fälle von
Sozialbetrug durch Mehrfachregistrierungen von Asylbewerbern offen zu legen?
5.
Welche H
andlungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung?
Die Fragen 3 und 5 werden gemeinsam beantwortet.
Es kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass es in Nordrhein
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Westfalen zu
Fällen von Sozialleistungsbetrug im Zusammenhang mit dem Bezug von
Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz infolge von Mehrfachregistrierungen durch Flüchtlinge
gekommen ist. Mehrfachregistrierungen waren in der Zeit der sehr hohen Zugänge,
insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 und Anfang 2016, vor fo
lgendem
Hintergrund möglich:
Eine erkennungsdienstliche Behandlung (ED
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Behandlung) mit Abgleich der Fingerabdrücke
erfolgt regelmäßig im Rahmen der Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF). Die im Jahr 2015 überproportional a
nsteigenden Flüchtlingszahlen
führten dazu, dass Asylsuchende immer länger auf einen Termin zur Asylantragstellung beim
BAMF warten mussten, so dass sich die ED
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Behandlung der Flüchtlinge verzögerte.
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Im Frühjahr des Jahres 2016 wurde mit dem Datenaustausc
hverbesserungsgesetz und der
sukzessiven
flächendeckenden
Einführung
der
sogenannten
Personalisierungsinfrastrukturkomponenten die Grundlage dafür geschaffen, dass
ankommende Personen flächendeckend erkennungsdienstlich (inkl. Fingerabdrücke und
biometrisc
hem Passbild) behandelt werden können. Die Daten werden seitdem in einer
Datenbank des Bundes geführt, so dass nunmehr ein bundesweiter Datenabgleich möglich
ist. Auch alle Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Nordrhein
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Westfalen wurden mit diesen
Systemen
ausgestattet. Für die Einführung hatte sich Nordrhein
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Westfalen an einem
Pilotverfahren beteiligt und als erstes Flächenland die Umsetzung organisiert. Alle
Asylsuchenden aus dem Jahr 2015 wurden mittlerweile nachregistriert. Die neuen rechtlichen
und tec
hnischen Grundlagen und die bessere personelle Ausstattung insbesondere auch des
BAMF schließen es nunmehr weitestgehend aus, dass Asylsuchende unter verschiedenen
Identitäten registriert werden und damit auch mehrfach Leistungen in Anspruch nehmen
können.
Im Rahmen der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in den Landeseinrichtungen
erhalten Asylsuchende zwar überwiegend Sachleistungen, die Leistungen für den
notwendigen persönlichen Bedarf werden aber als Taschengeld ausgezahlt. Die Auszahlung
er
folgt wöchentlich an einem festgelegten Tag durch eine persönliche Übergabe an die
anspruchsberechtigte Person. Durch die gleichzeitige Auszahlung des Taschengeldes in
einem vorgegebenen Zeitfenster soll verhindert werden, dass in Landeseinrichtungen
unter
gebrachte
Personen
Taschengeld
mehrfach
erhalten.
Auch
führen
die
Landeseinrichtungen Belegungslisten, anhand derer geprüft wird, ob die betreffende Person
anspruchsberechtigt ist.
Mit Erlass vom 27.06.2016 hat das Ministerium für Inneres und Kommunales z
udem geregelt,
dass eine Taschengeldauszahlung grundsätzlich nur noch gegen Vorlage eines
Ankunftsnachweises oder einer Aufenthaltsgestattung und damit nach einer ED
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Behandlung
erfolgt, die Voraussetzung für den Erhalt eines dieser Dokumente ist.
Aussagen
für den kommunalen Bereich können nicht getroffen werden.
4.
Besteht aktuell ein Informationsaustausch zur Sonderkommission Zentrale
Ermittlungen in Niedersachen?
Erkenntnisse zu einem Informationsaustausch liegen der Landesregierung nicht vor.