LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14229 14.02.2017 Datum des Originals: 14.02.2017/Ausgegeben: 17.02.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5531 vom 18. Januar 2017 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/14088 Recycling von Windkraftanlagen – Was passiert mit dem durch die Energiewende entstehenden Müll von Windkraftanlagen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beim Ausbau der Windenergie gehört Nordrhein-Westfalen zu den Spitzenreitern im bundesweiten Vergleich. In NRW befinden sich derzeit 3.000 Windkraftanlagen, die 4 Prozent des Stromverbrauchs decken. Bis 2020 soll der Anteil der Windenergie auf 15 Prozent steigen. Beim Ausbau der Windenergie muss aber auch bedacht werden, dass die Anlagen die jetzt gebaut werden, wieder abgebaut und verwertet werden müssen. Noch ist dieses Problem nicht akut, aber schon in naher Zukunft wird es immer mehr Anlagen geben, die demontiert und in den Wertstoffkreis zurückgeführt werden müssen. Dies geschieht entweder dann, wenn die Anlagen kaputt gehen oder üblicherweise nach 20 Jahren Betrieb, nachdem die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) endet oder wenn die Anlagen durch leistungsfähigere Nachfolger ersetzt werden. Wie das Wirtschaftsmagazin Capital berichtet hat, würden Windräder deshalb in Zukunft zu einem großen Problem für die Recyclingindustrie werden. Neben der Entsorgung von Fotovoltaik-Anlagen, Lithium-Batterien sowie Karosserien von Elektrofahrzeugen, sei auch die Entsorgung von Windrädern problematisch. Denn abgesehen von Beton, Stahl und anderen recycelbaren Materialien würden diese aus Verbundstoffen hergestellt, die für die Rotor-blätter und Gondelverkleidung verwendet werden. Diese Stoffe könnten nicht einfach wieder voneinander getrennt werden und daher auch nicht recycelt werden. Zurzeit würden diese nichtverwertbaren Teile zwischengelagert oder verbrannt. Doch die restlose Verbrennung aller Teile sei nicht möglich, da Einzelteile die Filter der Verbrennungsanlagen verstopften. Der deutsche Recyclingkonzern Remondis warnte im Gespräch mit dem Magazin bereits vor den großen Mengen an Müll, die nicht entsorgt werden können. Und auch das Frauenhofer- Institut für Chemische Technologie (ICT) kommt in einer gemeinsamen Untersuchung mit Forschern der Technischen Universität Dresden zu einer ähnlichen Schlussfolgerung. Wie das ICT zusammenfassend über die Befragung von Unternehmen aus den Bereichen der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14229 2 Windenergietechnik und Faserverbundwerkstoffentsorgung schreibt, sei die zurzeit angewandte Zwischenlagerung und thermische Verwertung der Rotorblätter bei einer geringen Anzahl noch ausreichend, jedoch bei größeren Mengen, die in Zukunft zu erwarten seien, nicht mehr. So würden im Jahr 2027 in Deutschland schätzungsweise bereits mehr als 30.000 Tonnen Rotorblattmaterial für die Verwertung fällig werden. Für dieses Problem hätten die Recyclingkonzerne, die den Müll der Windradbetreiber entsorgen, noch keine Lösung gefunden, wie Capital berichtet. Es bestehe weiterer Forschungsbedarf, um ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Verwertungsverfahren zu entwickeln. Unternehmen wie Remondis fordern daher eine Öko-Richtlinie, die in Zukunft vorschreibe, dass nur recycelbare und wiederverwertbare Rohstoffe beim Bau neuer Windkraftanlagen verwendet werden dürfen. Die Hersteller von Windkraftanlagen müssen daher enger mit Recyclingexperten zusammenarbeiten, um das Problem der nicht verwertbaren Rohstoffe zu umgehen. Der Umbau des Energieversorgungssystems muss nicht nur den Klimaschutz im Blick haben, sondern auch Wirtschaftlichkeit gewährleisten. Auch eine jüngst im Auftrag des Bundesumweltamts durchgeführte Studie empfiehlt, staatliche Siegel wie den Blauen Engel und das EU-Energielabel durch Ressourcenaspekte zu ergänzen und zu einem sogenannten „Recycling-Label“ zu machen. So könne zumindest mittelfristig, der Recycling-Anteil in Produkten ausgewiesen und Verbraucher für besonders für ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen sensibilisiert werden. Im Februar 2015 hat die FDP-Faktion bereits eine Anfrage zu dieser Problematik gestellt. Seitdem ist bezüglich dieser immer dringender werdenden Frage offenbar wenig passiert. Wie die aktuelle Berichterstattung deutlich macht, ist es höchste Zeit, dass die Landesregierung entsprechende Maßnahmen ergreift. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5531 mit Schreiben vom 14. Februar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. 1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Problemen bei der Wiederverwertung von Verbundstoffen zu begegnen? Bisher fallen nur geringe Mengen dieser Abfälle an. Die in der Anfrage genannte Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT und der TU Dresden gibt aufgrund einer Befragung bei Windenergieanlagen-Betreibern für 2017 eine geschätzte Menge von rund 1.000 t an. Nach Informationen der Landesregierung ist die ordnungsgemäße Entsorgung dieser Abfälle bisher gesichert. Auch der Bundesverband Windenergie bestätigt in einer Pressemitteilung vom 19.01.2017 diese Auffassung. Die Landesregierung hält derzeit spezifische Maßnahmen hinsichtlich der Verwertung von Verbundwerkstoffen aus Windenergieanlagen nicht für erforderlich. Um die Potenziale und Herausforderungen im Hinblick auf die Wiederverwendung von Verbundwerkstoffen bzw. die Rückgewinnung der darin enthaltenen Rohstoffe besser bewerten zu können, soll im Rahmen der Umsetzung des Masterplans Umweltwirtschaft ein Thementisch mit Experten durchgeführt werden. Ziel muss eine stärkere Vernetzung zwischen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14229 3 Herstellern und Entsorgern sein, um bereits bei der Konzeption neuer Stoffe und Produkte deren Recyclingpotenzial mitzudenken. Daneben arbeitet das Umweltministerium NRW in dem vor Kurzem eingerichteten LAGA-adhoc -Ausschuss „Entsorgungsmöglichkeiten faserhaltiger Abfälle“ mit. In diesem Ausschuss der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall werden Informationen zur Verwendung faserhaltiger Verbundwerkstoffe und zur Entsorgung der entstehenden Abfälle zusammengetragen und es werden Empfehlungen erarbeitet. 2. Wie hoch sind die Kosten für das vollständige Recyceln von Windkraftanlagen und insbesondere der eingesetzten Verbundstoffe? Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 3. Wer trägt die Kosten für das Recycling? Die Kosten sind durch den Betreiber zu tragen. 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um dafür zu sensibilisieren, dass die Recyclingfähigkeit bei der Entwicklung und Herstellung von Produkten stärker berücksichtigt wird? Die Produktgestaltung und das Design sind der Schlüssel zum effizienten Material- und Energieeinsatz über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes hinweg. Um die darin liegenden großen Potenziale besser zu nutzen, müssen Industrie- und Produktdesigner und Unternehmer einen gemeinsamen Weg finden, die Kommunikation zu verbessern. Klassische Beratung, wie die zur umweltgerechten Produktgestaltung, die von der Effizienz-Agentur NRW durchgeführt wird, kann hier ebenso helfen wie das Herausheben von „Leuchtturmprodukten“, wie es bspw. durch den Effizienz-Preis NRW der Effizienz-Agentur NRW alle zwei Jahre (nächste Vergabe im Jahr 2017) geschieht. Die Landesregierung unterstützt außerdem die Aktivitäten der Europäischen Kommission, im Rahmen des im Dezember 2015 vorgelegten Kreislaufwirtschafts-Pakets die Anforderungen an das Ökodesign von Produkten weiter zu entwickeln, um Aspekte wie die Ressourceneffizienz, die Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit oder Recyclingfähigkeit stärker zu berücksichtigen. 5. Inwiefern unterstützt die Landesregierung die Einführung eines „Recycling- Labels“? Die in der Anfrage angesprochene Publikation des Umweltbundesamtes „Konzeption für eine Ressourcenverbrauchs-Pflichtkennzeichnung für Produkte“ (UBA-Text 81/2016) liefert Informationen, mit welchen geeigneten Maßnahmen man mit einer Produktkennzeichnung die Konsumenten über den Ressourcenverbrauch des Produktes informieren kann. Fertige Lösungen gibt es zu diesem wichtigen Bereich der Kreislaufwirtschaft noch nicht. Die Landesregierung wird sich jedoch zu gegebener Zeit bei Diskussionen über bundesweite Maßnahmen einbringen.