LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14263 16.02.2017 Datum des Originals: 16.02.2017/Ausgegeben: 21.02.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5504 vom 12. Januar 2017 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/13960 Straftaten durch Nordafrikanische Intensivtäter (Nafris) in Köln und Düsseldorf im Jahr 2016 Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Rahmen der Aufarbeitung der massierten Silvesterübergriffe in Köln, Düsseldorf und andernorts in NRW wurden die Analyse- und Auswerteprojekte NAFRI und Casablanca bekannt, wonach in beiden Städten jeweils rund 2.000 Tatverdächtige aus den sog. Maghreb- Staaten polizeibekannt waren. Für die Sitzung des Innenausschusses am 30.06.2016 hatte ich die Landesregierung um einen schriftlichen Bericht zu den aktuellen Erkenntnissen durch diese Tätergruppe begangene Straftaten im Zeitraum 02.01.2016 bis 30.06.2016 gebeten, in dem auch dargelegt werden sollte jeweils ausgewiesen für Köln, Düsseldorf und Gesamt-NRW, 1. wie viele Delikte davon Raub/räuberischer Diebstahl, BTM-Handel, Diebstahl/schwerer Diebstahl, Körperverletzung/gefährliche Körperverletzung; Sexualdelikte oder sonstige schwere Delikte bzw. Delikte der Straßen- und Gewaltkriminalität waren; 2. wie viele Gerichtsverfahren, Anklagen, besonders beschleunigte Verfahren und/oder Haftbefehle es gegen diese Tätergruppe in dem Zeitraum gab; 3. wie viele von Ihnen sich illegal oder ohne Aufenthaltsrecht in NRW aufhalten bzw. einer Abschiebung zugänglich sind bzw. welche Abschiebungshindernisse bestehen; 4. bei wie vielen der derzeitige Aufenthaltsort unbekannt ist; 5. wie viele von ihnen Restriktionen hinsichtlich der Bewegungsfreiheit/Residenzpflicht erfahren haben bzw. Meldepflichten in Einrichtungen erfahren haben; 6. welche Maßnahmen mit welchem Erfolg die Landesregierung gegen diese Tätergruppe ergriffen hat; 7. wie viele der in den beide Auswerte- und Analyseprojekten erfassten Personen Mehrfachtäter/Intensivtäter sind; 8. wie viele Personen dieser Tätergruppe sich im Projekt „Klarkommen“ befinden und wie LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14263 2 viele Straftaten und welcher Art von den Projektteilnehmern im genannten Zeitraum begangen wurden. Mit Vorlage 16/4076 wurde dazu berichtet. Nunmehr gilt es, die Zahlen für das zweite Halbjahr 2016 sowie das Gesamtjahr 2016 (02.01.2016 unter Ausklammerung der Silvesternachtzahlen bis 31.12.2016) abzufragen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5504 mit Schreiben vom 16. Februar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung Die nachgefragten personenbezogenen Daten zu Straftaten des in den Auswerte- und Analyseprojekten „Casablanca“ und „NAFRI“ der Polizeipräsidien Düsseldorf und Köln erfassten Personenkreises liegen in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht und im Datenbestand des polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystems IGVP nicht standardisiert recherchierbar vor. Zur Erhebung dieser Daten wurden durch die Polizeipräsidien Düsseldorf und Köln - soweit möglich - jeweils Auswertungen im Datenbestand des polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystems IGVP durchgeführt. Das Vorgangsbearbeitungssystem IGVP der Polizei NRW ist kein statistisches Recherchesystem. Die mit der Anzeigenerstattung zunächst verbundene rechtliche Einordnung des mitgeteilten Tatbestandes sowie die ggf. dazu angezeigten Rollen der Tatbeteiligten verändern sich nicht selten dynamisch nach Maßgabe der fortschreitenden Ermittlungsergebnisse zu objektiven und subjektiven Tatbefunden. Justizielle Entscheidungen sowie Angaben zu aufenthaltsrechtlichem Status, Auflagen und Beschränkungen sowie zur Rückführbarkeit des in Rede stehenden Personenkreises werden im IGVP nicht bzw. nur sehr eingeschränkt vermerkt. Zur Beantwortung der Fragen wäre insoweit eine manuelle Auswertung aller einschlägigen Verfahrensakten bei Justiz- und Ausländerbehörden erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. 1. Wie viele Angehörige der Maghreb-Staaten waren in den Analyse- und Auswerteprojekten Casablanca Düsseldorf und NAFRI in Köln als Tatverdächtige mit wie vielen begangenen Straftaten im Zeitraum 01.07.2016 bis 31.12.2016 registriert (bitte Ausweisung Zahl Mehrfachtäter/Intensivtäter und Anzahl der Delikte Raub/räuberischer Diebstahl, BTM-Handel, Diebstahl/schwerer Diebstahl, Körperverletzung/gefährliche Körperverletzung; Sexualdelikte oder sonstige schwere Delikte bzw. Delikte der Straßen- und Gewaltkriminalität mit Gegenüberstellung im Vergleich zum ersten Halbjahr sowie Ausweisung Gerichtsverfahren, Anklagen, besonders beschleunigte Verfahren und/oder Haftbefehle gegen diese Tätergruppe in dem Zeitraum)? Im Zeitraum 01.07.2016 bis 31.12.2016 waren im Analyse- und Auswerteprojekt „Casablanca“ des Polizeipräsidiums Düsseldorf insgesamt 849 (1.659)1 Angehörige der Maghreb-Staaten 1 Die in Klammern ausgewiesenen Daten beziehen sich auf den Zeitraum 02.01.2016 bis 31.12.2016. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14263 3 als Tatverdächtige erfasst. Zu diesen Personen wurden im genannten Zeitraum insgesamt 1.194 (2.671) Straftaten im IGVP registriert. Die nachgefragten Straftaten gliedern sich wie folgt: Delikt Anzahl 01.07.2016 - 31.12.2016 02.01.2016 - 31.12.2016 Raub/Räuberischer Diebstahl 26 54 Illegaler Handel mit BtM inkl. Schmuggel 20 49 Diebstahl/schwerer Diebstahl 302 679 Körperverletzung/schwere Körperverletzung 222 443 Sexualdelikte 11 17 Straßenkriminalität 140 327 Gewaltkriminalität 291 577 Als sogenannte Mehrfachtatverdächtige (mehr als fünf Straftaten in einem Kalenderjahr) sind im Projekt „Casablanca“ 39 (76) Personen erfasst. Eine personenorientierte Befassung im Rahmen von Intensivtäterkonzepten erfahren zehn (25) im Projekt „Casablanca“ geführte Personen. In einem beim Polizeipräsidium Düsseldorf geführten Projekt zur Durchführung des besonders beschleunigten Verfahrens gemäß §127b StPO werden u. a. Controllingdaten zur Anzahl der Verfahren erhoben. Zu dem Projekt hat die Landesregierung dem Innenausschuss am 24.09.2015 berichtet (Vorlage 16/3240). Für den nachgefragten Zeitraum wurden 29 (66) besonders beschleunigte Verfahren gegen im Projekt „Casablanca“ erfasste Tatverdächtige geführt. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkung. Im Zeitraum 01.07.2016 bis 31.12.2016 waren im Analyse- und Auswerteprojekt „NAFRI“ des Polizeipräsidiums Köln insgesamt 1.107 (2.425) Personen als Tatverdächtige erfasst. Zu diesen Personen wurden im genannten Zeitraum insgesamt 1.398 (3.547) Straftaten im IGVP registriert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14263 4 Die nachgefragten Straftaten gliedern sich wie folgt: Delikt Anzahl 01.07.2016 - 31.12.2016 02.01.2016 - 31.12.2016 Raub/Räuberischer Diebstahl 28 63 Illegaler Handel mit BtM inkl. Schmuggel 35 73 Diebstahl/schwerer Diebstahl 490 1.148 Körperverletzung/schwere Körperverletzung 294 619 Sexualdelikte 32 64 Straßenkriminalität 158 312 Gewaltkriminalität 361 760 Als sogenannte Mehrfachtatverdächtige sind im Projekt „NAFRI“ 45 (112) Personen erfasst. Eine personenorientierte Befassung im Rahmen von Intensivtäterkonzepten erfahren 21 (25) im Projekt „NAFRI“ geführte Personen. Zu besonders beschleunigten Verfahren hat der Präsident des Amtsgerichts Köln anhand des datenbankgestützten Fachsystems JUDICA eine Auswertung vorgenommen und dem Justizministerium mitgeteilt, dass im nachgefragten Zeitraum 66 (129) Verfahren gegen marokkanische, algerische bzw. tunesische Staatsangehörige im besonders beschleunigten Verfahren geführt wurden. Eine nähere Ermittlung vollständiger Personendaten der an den Verfahren beteiligten Angeklagten erfordert eine Auswertung aller einschlägigen Verfahrensakten von Hand. Dies ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkung. 2. Zu wie vielen in den Analyse- und Auswerteprojekten Casablanca Düsseldorf und NAFRI in Köln als Tatverdächtige erfassten Personen haben die Behörden Erkenntnisse zu Mehrfachidentitäten bzw. Falschangaben zu Name, Alter, Herkunft (bitte unter Angabe, bei wie vielen bisher nicht sicher die wahre Identität ermittelt ist, bei wie vielen der Verdacht auf einen mehrfachen Leistungsbezug unter verschiedenen Identitäten vorliegt, bei wie vielen bisher keine Pass- oder Passersatzpapiere der Herkunftsländer vorliegen)? Zur Beantwortung der Frage wäre eine manuelle Auswertung aller zu den insgesamt 4.084 Tatverdächtigen erfassten 6.218 polizeilichen Ermittlungsvorgänge sowie entsprechender Verfahrensakten der Ausländerbehörden erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14263 5 3. Wie viele in den Analyse- und Auswerteprojekten Casablanca Düsseldorf und NAFRI in Köln erfasste Angehörige der Maghreb-Staaten sind seit wann vollstreckbar ausreisepflichtig bzw. bei wie vielen wurde Asyl abgelehnt (bitte unter Angabe für jeden Fall, welche Abschiebehindernisse bestehen, woran konkret die Rückführung bisher gescheitert ist und wann Passpapiere etc. beantragt wurden)? Ich verweise auf die Vorbemerkung. 4. Welche Erkenntnisse liegen zu Asylstatus und entsprechendem Wohn- oder Aufenthaltsort bzw. entsprechender Maßnahmen/Auflagen der Tatverdächtigen vor (bitte Angabe Wohnort laut Ausländerecht; tatsächlicher Wohn- oder Aufenthaltsort; oft wechselnder Aufenthaltsort; unbekannter Aufenthaltsort, zur Aufenthaltsermittlung oder Fahndung ausgeschrieben, Strafverfahren wegen unbekannten Aufenthalts eingestellt; Restriktionen hinsichtlich der Bewegungsfreiheit/Residenzpflicht bzw. Meldeauflagen verfügt)? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Wie viele Personen aus dem Analyse- und Auswerteprojekte sind als Gefährder bekannt und/oder haben Kontakte zu solchen oder zu salafistischen oder vom Verfassungsschutz beobachteten Personen/Einrichtungen? Keine in den Auswerteprojekten der Polizeipräsidien Düsseldorf und Köln erfasste tatverdächtige Person ist in Nordrhein-Westfalen als „Gefährder“ eingestuft. Für eine Bereitstellung darüber hinausgehender Informationen wäre eine manuelle Auswertung aller einschlägigen polizeilichen Ermittlungsvorgänge sowie relevanter Vorgangs- und Verfahrensakten des Verfassungsschutzes erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.