LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14408 08.03.2017 Datum des Originals: 08.03.2017/Ausgegeben: 13.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5543 vom 26. Januar 2017 der Abgeordneten André Kuper, Matthias Kerkhoff und Daniel Sieveke CDU Drucksache 16/14113 Abschiebehaftanstalt Büren überlastet? Wie will die Landesregierung zeitnah sicherstellen, dass in Nordrhein-Westfalen ausreichend Haftplätze in der UfA Büren bereitstehen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte im Rahmen seines neuen Sicherheitspaketes, u.a. zur Ausweitung der Abschiebehaft in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Die Länder müssen auch ausreichend Plätze für die Abschiebehaft und den Ausreisegewahrsam zur Verfügung stellen, wenn für Einzelne eine geschlossene Unterbringung notwendig wird." Das Aufenthaltsgesetz sieht in § 62 verschiedene Möglichkeiten für eine Abschiebehaft als ultima ratio vor. Wenn mildere Mittel ebenfalls ausreichend sind, scheidet eine Inhaftierung aus (§ 62 Absatz 1 AufenthG).Abschiebehaft kommt dann in Frage, wenn sich ein Ausreisepflichtiger seiner Aufenthaltsbeendigung widersetzen möchte. Dann ist auch eine vorübergehende Ingewahrsamnahme notwendig, damit der Aufenthalt auch wirklich beendet werden kann. Auf richterliche Anordnung kann ein Ausländer für maximal sechs Wochen inhaftiert werden, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung andernfalls erschwert oder verhindert würde (Vorbereitungshaft). Im Rahmen der Sicherungshaft kann ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer auf richterliche Anordnung für bis zu sechs Monate inhaftiert werden, wenn sich der Ausreisepflichtige der Abschiebung bereits entzogen hat oder sich ihr durch Flucht entziehen will. Die Sicherungshaft kann in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, indem er etwa seine Identität verschleiert, um weitere zwölf Monate verlängert werden, so dass insgesamt 18 Monate Abschiebehaft möglich sind. Nordrhein-Westfalen betreibt derzeit ausschließlich eine einzige so genannte Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (Ufa) in Büren. Die derzeitige Unterbringungskapazität in der UfA Büren beträgt – laut Antwort der Landesregierung vom 22.08.2016; Drucksache 16/12728 - 100 Plätze, von denen zum damaligen Zeitpunkt LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14408 2 monatlich im Durchschnitt 50 bis 60 Plätze in Anspruch genommen wurden. Für Frauen stehen im Zuge einer Verwaltungsvereinbarung weitere fünf Plätze in Rheinland-Pfalz zur Verfügung. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte gegenüber der Rheinischen Post Anfang Januar, dass diese Kapazitäten auskömmlich seien. Die Belegungsquote liege derzeit bei 60 Prozent, werde sich aber wohl in diesem Jahr erhöhen. Auch in der o.g. Antwort der Landesregierung wurde erklärt, ein Bedarf für einen Ausbaus des bestehenden oder für den Ausbau weiterer Standorte für Ausreisegewahrsam wurde damals von der Landesregierung nicht gesehen. Laut dem nordrhein-westfälischen Innenministerium seien die Kapazitäten in Büren erweiterbar. Das früher als ganz normales Gefängnis genutzte Gebäude hatte in der Spitze rund 500 Haftplätze. Entgegen der Aussage des Sprechers des Innenministeriums wird aktuell berichtet, dass Anfang Januar 2017 in mehreren Fällen die Unterbringung von Ausreisepflichtigen in Büren nicht erfolgen konnte. Mangels Haftplätzen in Büren musste in den Fällen von abgelehnten und ausreisepflichtigen Ausländern nach beantragter und verkündeter Abschiebehaft auf die Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim Rheinland-Pfalz ausgewichen werden. Für die Ausländerbehörden hatte dies einen erheblichen personellen und logistischen Aufwand zur Folge. Darüber hinaus erschwere die Forderung der GfA Ingelheim, dass auch ohne konkreten Anlass eine Bescheinigung über die Haftfähigkeit des Betroffenen, selbst in den Fällen, in denen keine gesundheitlichen Beschwerden vorgetragen werden, vorgelegt werden muss, die Arbeit der kommunalen Ausländerbehörden. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5543 mit Schreiben vom 8. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Aufgrund verschiedener Faktoren ist in der letzten Zeit der Bedarf an Abschiebungshaftplätzen deutlich gestiegen. Die Landesregierung hat angesichts der steigenden Zahlen eine schnelle Erweiterung der Kapazitäten in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (UfA Büren) bereits veranlasst. Seit dem 20.02.2017 stehen weitere 20 Haftplätze in der UfA Büren zur Verfügung. Somit konnte vorerst die Gesamtkapazität auf insgesamt 120 Haftplätze erweitert werden. Darüber hinaus laufen bereits Vorbereitungen für eine zusätzliche Erweiterung der Kapazitäten. 1. In wie vielen Fällen musste bislang aufgrund fehlender Haftplätze in der UfA Büren auf die GfA Ingelheim ausgewichen werden (bitte unter Angabe der betroffenen Ausländerbehörde)? Im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 08.02.2017 wurden insgesamt in 20 Fällen Haftplätze im Wege der Amtshilfe zur Verfügung gestellt. Aufnahmeersuchende Stellen waren dabei die Ausländerbehörden: - des Landkreises Borken (in 2 Fällen) - des Landkreises Euskirchen - des Landkreises Gütersloh LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14408 3 - des Landkreises Hochsauerlandkreis (in 5 Fällen) - des Landkreises Lippe - des Landkreises Soest - des Landkreises Steinfurt - der Stadt Aachen - der Stadt Dormagen - der Stadt Duisburg - der Stadt Düsseldorf - der Stadt Lünen - der Stadt Mühlheim - der Stadt Paderborn - der Stadt Viersen Im vergleichbaren Zeitraum sind insgesamt 16 Fälle anderer Bundesländer im Rahmen der Amtshilfe in der UfA Büren durch NRW untergebracht worden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 2. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Belegungssituation der UfA Büren sowie die Notwendigkeit einer erheblichen Ausweitung der Haftkapazitäten? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3. Welche Belegungsquote hatte die UfA Büren jeweils in den vergangenen Wochen/Monaten seit Januar 2016? Nachfolgend aufgeführt wird die durchschnittliche Belegungsquote der UfA Büren seit Januar 2016. Die Quote bezieht sich auf die Gesamtbelegungskapazität. Durchschnittliche Belegung 2016 58,1 Januar 2016 60,8 Februar 2016 60,1 März 2016 54,1 April 2016 51,0 Mai 2016 45,5 Juni 2016 54,1 Juli 2016 64,8 August 2016 55,9 September 2016 61,0 Oktober 2016 56,8 November 2016 63,9 Dezember 2016 69,4 Durchschnittl. Belegung 2017 Januar 2017 88,2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14408 4 4. Wie will die Landesregierung die kommunalen Ausländerbehörden in Bezug auf die von der GfA Ingelheim geforderte Bescheinigung der Gewahrsamsfähigkeit unterstützen, wenn aufgrund der Auslastung der UfA Büren ein Ausweichen auf die GfA Ingelheim notwendig ist? Grundvoraussetzung für eine Abschiebungshaft ist stets die Haftfähigkeit. Bei Zweifeln an der Haftfähigkeit aufgrund einer körperlichen oder psychischen Erkrankung der ausländischen Person ist gemäß Abschiebungshaftrichtlinie NRW die Haftfähigkeit durch eine Ärztin oder einen Arzt mit entsprechender Qualifizierung von der zuständigen Ausländerbehörde feststellen zu lassen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. In Bezug auf die Kapazitäten der Abschiebehaftanstalten in den Ländern wurde seitens einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums erklärt, dass die Behörden der Länder keine Haftbefehle auf Abschiebehaft beantragen, wenn sie wissen, dass keine ausreichenden Haftplätze vorhanden sind. Wie viele Anträge auf Abschiebehaft wurden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 nach erfolgter Beantragung tatsächlich vollzogen bzw. abgelehnt? In der UfA Büren wurden im Jahr 2016 insgesamt 958 Personen untergebracht, d.h. tatsächlich auf Antrag erteilte richterliche Anordnungen auf Abschiebungshaft vollzogen. Zu der Frage, wie viele Anträge auf Abschiebungshaft abgelehnt wurden, liegen keine verlässlichen statistischen Angaben vor.