LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14491 14.03.2017 Datum des Originals: 14.03.2017/Ausgegeben: 17.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5574 vom 7. Februar 2017 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/14204 Digitalisierung der Kommunikation des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge mit den nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichten Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Innerhalb von einem Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Kommunikation mit den Verwaltungsgerichten beidseitig digitalisiert. Mit der Einführung des digitalen Posteingangs beim Bundesamt für alle Verwaltungsgerichte ist die digitale Kommunikation nun bundesweit umgesetzt. Bereits seit Juli 2016 kann das Bundesamt Schriftstücke und Akten elektronisch an alle Verwaltungsgerichte versenden. Mit der großen Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte kommuniziert das Bundesamt bereits seit Monaten auf digitalem Wege. Seit Juli 2016 kann das Bundesamt Akten und Schriftstücke, die für Klagen mit Bezug auf das Asylverfahren relevant sind, elektronisch versenden. Jeden Monat werden durch das Bundesamt derzeit im Schnitt rund 30.000 solcher Dokumente elektronisch und rechtssicher an die Gerichte versandt. Mit 42 von 48 Verwaltungsgerichten nehmen fast 90% der relevanten Gerichte deutschlandweit an diesem Verfahren teil. Nun ist auch der umgekehrte Weg von den Gerichten zum Bundesamt nahezu flächendeckend digitalisiert. Seit Eröffnung des elektronischen BAMF-Posteingangs für Verwaltungsgerichte empfängt das Bundesamt monatlich derzeit im Schnitt rund 60.000 Dokumente elektronisch. 30 Gerichte aus neun Bundesländern nehmen derzeit daran teil. Für Antragstellende, die gegen ihren Asylbescheid klagen, werden durch die elektronische Kommunikation die Verfahren beschleunigt. Vorteile liegen sowohl für das Bundesamt als auch für die Gerichte vor allem im geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwand durch den Entfall der Papierkommunikation. So entfällt auf beiden Seiten das Drucken und Scannen, was im Bundesamt etwa ein Drittel weniger Aufwand je Dokument in der Eingangsbearbeitung bedeutet. Das Projekt hat auch behördenübergreifend positive Auswirkungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14491 2 Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Asylverfahren vor Gericht mehr als verdreifacht. An den sieben Verwaltungsgerichten gingen fast 40.000 Klagen ein, 2015 waren es knapp 12.000. Gesunken ist allerdings die Verfahrensdauer. Im Landesdurchschnitt entschieden die Richter nach 5,8 Monaten, 2015 dauerte es noch 7,6 Monate bis zu einem Urteil. Insgesamt entschieden die Verwaltungsrichter 2016 fast 21 000 Fälle. Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 5574 mit Schreiben vom 14. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Digitalisierung der Kommunikation zwischen dem BAMF und den Verwaltungsgerichten in Nordrhein-Westfalen? Die Digitalisierung der Kommunikation zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Verwaltungsgerichten ist sehr zu begrüßen. Sie beruht nicht zuletzt auf langjährigen Bemühungen der nordrhein-westfälischen Justiz, da bereits im Jahr 2006 in den ersten Verwaltungsgerichten die Möglichkeit zur elektronischen Einreichung geschaffen wurde, das BAMF sich hierzu jedoch lange Zeit technisch nicht in der Lage sah. Erst auf massives Drängen der Länder und der Verwaltungsgerichte hin wurden seit Ende 2015 dann zum ersten Mal eine flächendeckende elektronische Kommunikation und ein elektronischer Aktenversand zwischen den Gerichten der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und einem Verfahrensbeteiligten implementiert. Die elektronische Kommunikation erleichtert und beschleunigt die Verfahrensabläufe. Wie bei jeder Einführung von technischen Neuerungen treten vereinzelt auch Schwierigkeiten und Fragestellungen auf, die jedoch durchweg gelöst werden können. So kann die den Verfahrensbeteiligten, insbesondere Rechtsanwälten, zu gewährende Akteneinsicht in die vom BAMF überreichten Beiakten in der Mehrzahl der Fälle noch nicht elektronisch erfolgen, weil diese nicht über ein elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) verfügen und das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) noch nicht flächendeckend eingerichtet ist. Mit der Ausweitung der elektronischen Kommunikation auch mit den „professionellen Einreichern“ ist zu erwarten, dass in Zukunft Medienbrüche vermieden werden und ein weiterer Effizienzgewinn z.B. bei der Akteneinsicht eintritt. 2. Welche nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte nutzen aktuell die Möglichkeit die Digitalisierung der Kommunikation, dass Schriftstücke rechtssicher und elektronisch vom BAMF an die Gerichte versandt werden? Alle Gerichte der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit kommunizieren seit Anfang 2016 mit dem BAMF nahezu ausschließlich elektronisch. Sie empfangen sämtliche Verwaltungsvorgänge und nicht zu signierende Schriftstücke des BAMF in elektronischer Form über das EGVP. Lediglich Schriftstücke, die einer qualifizierten elektronischen Signatur bedürfen, übermittelt das BAMF derzeit nicht durchgehend elektronisch. Seit Anfang 2017 wird daneben der Versand qualifiziert elektronisch signierter Empfangsbekenntnisse vom BAMF getestet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14491 3 3. Welche nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte nutzen auch den umgekehrten Weg der Digitalisierung mit der Eröffnung des elektronischen BAMF- Posteingangs? Den elektronischen BAMF-Posteingang nutzen ebenfalls alle Gerichte der nordrheinwestfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Gerichtliche Schriftstücke werden fast ausnahmslos per EGVP an das BAMF übermittelt und dabei auch qualifiziert elektronisch signiert. 4. Wie bewertet die Landesregierung die bisherigen Erfahrungen in Nordrhein- Westfalen mit der digitalen Kommunikation für die Verfahrensbeschleunigung der Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten? Die bisherigen Erfahrungen mit der elektronischen Kommunikation sind grundsätzlich positiv. Dieser Kommunikationsweg gewährleistet u.a. die schnelle Bereitstellung von Verwaltungsvorgängen und beschleunigt den gesamten Informationsaustausch bzw. Schriftverkehr zwischen dem BAMF und den Gerichten. Das hat insbesondere Bedeutung für die Bearbeitung von Eilverfahren, in denen eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht. Ein weiterer entscheidender Vorteil zur zügigen Verfahrensbewältigung besteht darin, dass der elektronische Verwaltungsvorgang dem Gericht auch während einer einem Verfahrensbeteiligten gewährten Akteneinsicht zur Verfügung steht. Die erreichte Beschleunigung der verfahrensbezogenen Kommunikationsvorgänge darf allerdings nicht den Blick darauf verstellen, dass die Dauer eines Asylverfahren in erster Linie davon abhängt, welche Schwierigkeit und welchen Aufwand der richterliche Entscheidungsprozess im Einzelfall mit sich bringt. Die Asylverfahren zeichnen sich zum Teil durch einen komplexen – ggf. durch den Richter noch aufzuklären-den – Sachverhalt und eine rechtlich anspruchsvolle Bearbeitung aus, die in der Regel einer persönlichen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie einer adäquaten Prozessbegleitung durch das BAMF bedarf. In diesem Zusammenhang kann die Digitalisierung nur dann zu einem gewissen Zeitgewinn führen, wenn das BAMF die Verwaltungsvorgänge zeitnah übersendet und so gerichtliche Nachfragen überflüssig macht. 5. Wie hat dieses Projekt zur weiteren oder beschleunigten Digitalisierung der Verwaltungsgerichte beigetragen? Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt stellt die schon seit Jahren aus Nordrhein-Westfalen angeregte und nun endlich realisierte Eröffnung des elektronischen Posteingangs und - ausgangs beim BAMF einen Meilenstein bei der Implementierung von elektronischer Kommunikation zwischen Gerichten und Verfahrensbeteiligten dar. Sie hat Beispielcharakter und stellt angesichts der im Asylbereich zu bewältigenden Verfahrensmengen die Praxistauglichkeit dieser Technik unter Beweis. Mit ca. 51.000 Eingängen im Jahr 2016 allein bei den Gerichten erster Instanz der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit machen die Asylverfahren aktuell den größten Teil der Eingänge in der Verwaltungsgerichtsbarkeit aus. Durch die elektronische Kommunikation und insbesondere den elektronischen Versand von Verwaltungsvorgängen ist bereits jetzt eine papierlose Bearbeitung der Verfahren in den Gerichten weitestgehend möglich. Sie leistet der weiteren flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Vorschub, weil hierdurch die Akzeptanz einer elektronischen Aktenführung und Vorgangsbearbeitung in der Richterschaft gefördert und die notwendige technische Ausstattung mit entsprechender Hardware LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14491 4 vorangetrieben worden ist. Außerdem sind Auswirkungen auf andere Verfahren vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Digitalisierung in den Kommunal- und Landesverwaltungen zu erwarten.