LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14492 14.03.2017 Datum des Originals: 14.03.2017/Ausgegeben: 17.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5584 vom 9. Februar 2017 des Abgeordneten Christian Möbius CDU Drucksache 16/14217 Wann schafft die Landesregierung eine sozialtherapeutische Einrichtung für weibliche Jugendliche im Strafvollzug? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Den Rechtsvorschriften des Jugendstrafvollzugsgesetzes NRW folgend, sind im nordrheinwestfälischen Jugendstrafvollzug sozialtherapeutische Einrichtungen vorgesehen. Diese Regelung umfasst auch die sich im Justizvollzug befindlichen weiblichen Jugendlichen. Darüber hinaus legt auch der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze in Nordrhein-Westfalen (Drucksache 16/13470) nahe, dass der Sozialtherapie im Strafvollzug eine wichtige Bedeutung zukommt. Zudem wird im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 2012 auf Seite 108 erklärt: „Den besonderen Bedürfnissen von Frauen im Strafvollzug wird ebenso besondere Beachtung zuteil …“. Allerdings ist festzustellen, dass es in Nordrhein-Westfalen für die Gruppe der weiblichen Jugendlichen im Strafvollzug keine sozialtherapeutische Einrichtung gibt. Justizvollzugsbedienstete im Lande berichten, dass es durchaus einen Bedarf hierfür gibt. Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 5584 mit Schreiben vom 14. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Inwiefern hält die Landesregierung eine sozialtherapeutische Einrichtung im Jugendstrafvollzug für notwendig? Die Landesregierung erachtet die Behandlung von jugendlichen Inhaftierten in einer Sozialtherapeutischen Abteilung bei Vorliegen der Voraussetzungen für notwendig und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14492 2 sinnvoll, um diese Klientel zu befähigen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Mit dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze in Nordrhein-Westfalen" sollen die durch das Strafvollzugsgesetz Nordrhein- Westfalen eingetretenen Verbesserungen im Bereich der Sozialtherapeutischen Einrichtungen auf den Jugendstrafvollzug übertragen werden. Ebenfalls soll durch dieses Gesetz die Einrichtung von sozialtherapeutischen Nachsorgeambulanzen für die nachgehende Betreuung ehemaliger Gefangener sichergestellt werden. 2. Wie umfangreich ist das sozialtherapeutische Angebot für männliche Jugendliche im Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Einrichtungen, Art des Angebots sowie Anzahl der Betreuten auflisten.) Der nordrhein-westfälische Jugendstrafvollzug hält an den Standorten Herford und Wuppertal- Ronsdorf Plätze in einer Sozialtherapie für männliche Jugendliche vor. Die Anzahl der Plätze, der Belegung und die dort stattfindenden Maßnahmen können der nachstehenden Tabelle entnommen werden: Plätze Belegung zum 31.01.2017 Behandlungsmaßnahmen JVA Herford 26 aufgeteilt in 2 Wohngruppen 14 allgemein: Wohngruppenvollzug, Soziales Training, Drogen- und Alkoholgruppe, deliktorientierte Gruppen für Sexualstraftäter (BPS), deliktorientierte Gruppen für Gewaltstraftäter (BiG), Basistraining sozialer Kompetenzen, offene Gesprächsgruppen, wöchentlich und monatlich stattfindende Wohngruppensitzungen (wohngruppenintern und abteilungsintern), psychotherapeutische Einzelgespräche, Angehörigenarbeit / Nachsorge, unterschiedliche Freizeitmaßnahmen, z.B. Fahrradgruppe, Kochgruppe, Gartengestaltung, Musikprojekte, Theaterworkshops, Rollenspielgruppe, Sportangebote, Gruppen zu speziellen Themen durch externe Fachkräfte JVA Wuppertal- Ronsdorf 29 aufgeteilt in 2 Wohngruppen 28 allgemein: Wohngruppenvollzug, deliktunspezifische Behandlungsgruppen (DUG) zum Erlernen von allgemeinen sozialpädagogischen Wissensinhalten und psychoedukativen Elementen, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14492 3 deliktorientierte Gruppen für Sexualstraftäter (BPS), deliktorientierte Gruppen für Gewaltstraftäter (BiG), soziales Kompetenztraining, Rückfallprophylaxegruppe (nicht suchtspezifisch), Zugangsgruppe Vätergruppe psychologische Einzelgesprächsreihen zur Tataufarbeitung. psychologische Kurzinterventionen bei akuten Problemlagen oder Krisen Psychotherapie sozialpädagogische Einzelgesprächsreihen zu bestimmten Themen (z.B. Sucht, Umgang mit Aggressionen u.a.), wöchentlich stattfindende Wohngruppensitzungen, unterschiedliche Freizeitmaßnahmen, z.B. Sport, Kochgruppe, Gartengruppe, Musik- oder Radiogruppe in Kooperation mit der SothA Herford und Detmold 3. Wie erklärt die Landesregierung, dass es in Nordrhein-Westfalen trotz des bestehenden Bedarfs keine sozialtherapeutische Einrichtung für weibliche Jugendliche im Strafvollzug gibt? 4. In welchem zeitlichen Rahmen wird die Landesregierung die Errichtung einer sozialtherapeutischen Einrichtung für weibliche Jugendliche im Strafvollzug umsetzen? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet: Weibliche junge Gefangene werden derzeit ausschließlich in einer getrennten Abteilung in der Justizvollzugsanstalt Köln untergebracht. Dort stehen 79 Plätze zur Verfügung. Am 31.01.2017 waren von diesen 71 belegt. Es liegt das Ergebnis einer aktuellen Bedarfsabfrage vor. Lediglich eine der weiblichen jungen Gefangenen erfüllt aktuell alle Indikationen (§ 14 Absätze 1 und 2 JStVollzG NRW) für eine Behandlung in einer Sozialtherapeutischen Einrichtung. Die Landesregierung sieht daher grundsätzlich lediglich einen eingeschränkten Bedarf für die Einrichtung einer Sozialtherapeutischen Abteilung für weibliche junge Gefangene. Gleichwohl sind diese Überlegungen in die Planungen für den Neubau der Justizvollzugsanstalt Iserlohn miteingeflossen, mit deren Fertigstellung eine Übernahme aller jungen weiblichen Gefangenen aus der Justizvollzugsanstalt Köln einhergehen wird. Nach dem Entwurf eines vorläufigen Raumprogrammes sind für den Bereich der weiblichen jungen Gefangenen 6 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14492 4 Unterbringungseinheiten mit jeweils 15 Haftplätzen geplant, die auch die Einrichtung einer Sozialtherapeutischen Abteilung zulassen werden. Nach dem aktuellen Projektplan ist mit einem Beginn der Baumaßnahme Ende 2019 und mit deren Fertigstellung Ende 2022 zu rechnen.