LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14530 17.03.2017 Datum des Originals: 16.03.2017/Ausgegeben: 22.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5558 vom 5. Februar 2017 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/14149 Andauernde Steuergeldverschwendung durch Leerstand des Essener Opti-Parks – Welche Nutzungskonzepte hat die Landesregierung nach halbjähriger Überlegung zur Vermeidung einer dauerhaft nutzlosen 28-Millionen-Euro Anmietung entwickelt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Land Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2015 in Essen den früheren Bürokomplex Opti- Park mit einer Fläche von rund 15.000 qm als Asylbewerberunterkunft angemietet. Dieser würde Platz für die Unterbringung von rund 1.000 Flüchtlingen bieten. Dieses Gebäude ist allerdings seit Mai 2016 unbewohnt und auch anderweitig vollständig ungenutzt. Trotz des Leerstandes entstehen dem Land enorme Kosten: Monatlich müssen aus Steuergeldern 235.754 Euro für Miete und Nebenkosten gezahlt werden, allein 47.130 Euro kostet der Wachschutz in jedem Monat. Besonders unsinnig erscheint vielen Ortskundigen die völlig überdimensionierte Leerstandsbewachung, die drastisch zurückgefahren werden kann. Der Opti-Park ist eine gebrauchte, aber stabile und solide Immobilie, die keine sichtbaren Verfallserscheinungen zeigt, und kein denkmalgeschützter Museumsbau. Viele Essener Bürger fragen sich, welche Schätze dort lagern, die es zu bewachen gilt. Die monatlichen Kosten von 47.000 Euro entsprechen selbst im Falle einer durchgängigen Bewachung an sieben Tagen rund um die Uhr einem Aufwand pro Stunde von 65,00 Euro. Bei den bekanntermaßen niedrigen Löhnen im Wachgewerbe können für diesen Betrag parallel gleich mehrere Wachkräfte im Dauereinsatz patrouillieren. Von 2014 bis Mai 2016 sind im Opti-Park tatsächlich Flüchtlinge untergebracht gewesen, doch angeblich aufgrund einer Erneuerung der Brandschutzanlage mussten die damals dort lebenden Asylbewerber umziehen. Auch nachdem die Reparaturen abgeschlossen worden sind, werden die Räumlichkeiten nicht mehr genutzt. Da der Mietvertrag mit dem privaten Investor jedoch über elf Jahre abgeschlossen wurde und es rechtlich offenbar keinerlei Kündigungsmöglichkeit gibt, müssen diese Kosten noch bis zum LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14530 2 Jahr 2026 aufgebracht werden, was in Summe nach Angaben der Landesregierung zu Ausgaben von über 28 Mio. Euro für den ungenutzten Gebäudekomplex führen wird. In diesem Betrag sind die ebenfalls verpflichtenden Rückbaukosten noch nicht enthalten. Der Fragesteller hat bereits im Herbst 2016 verschiedentlich die bestehende Problematik aufgegriffen und versucht, unnötigen Schaden für den nordrhein-westfälischen Steuerzahler zu verhindern. Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat seinerzeit in Landtags-Drucksache 16/13279 erläutert, dass das Land den Gebäudekomplex zu einem Zeitpunkt angemietet hat, als sich der Flüchtlingszustrom auf seinem Höhepunkt befunden hat. Auch in diesen Zeiten hat verantwortungsvolle Politik einen kühlen Verstand zu bewahren. Unverändert ist völlig unverständlich, warum sich das Land auf einen Vertrag mit der dargestellt immens langen Laufzeit eingelassen hat. Innenminister Jäger führt dazu wörtlich aus: „In einer extremen Situation, die dem außerordentlichen Flüchtlingszustrom geschuldet war, mussten teilweise innerhalb von wenigen Tagen oder sogar Stunden neue Unterbringungskapazitäten geschaffen werden. Die längerfristige Anmietung der Landeseinrichtung „Opti-Park“ im Herbst 2015 erfolgte vor dem Hintergrund dieser immensen Herausforderung. Aufgrund der nunmehr veränderteren politischen Rahmenbedingungen, die zu deutlich niedrigeren Zugangszahlen geführt haben, sowie aufgrund systemischer Veränderungen in den Prozessabläufen der zuständigen Behörden, befindet sich das Aufnahmesystem aktuell in einer Phase der Überplanung.“ Ferner hat der Minister in selbiger Landtags-Drucksache angekündigt, dass das Land „eine zügige Klärung der Frage einer Nach- bzw. Weiternutzung des Opti-Parks“ anstrebe, um die vertraglich längst vereinbarten Millionenaufwendungen an Steuergeld wohl nicht ungenutzt verfallen zu lassen. Zwischenzeitlich entwickelte Pläne, dass die Stadt Essen das Gebäude übernehmen könne, ließen sich dann auch nicht realisieren, da das Land die hohen Mietkosten dem Vernehmen nach vollständig auf die Stadt übertragen wollte. Ein identischer Vertragseintritt kam aus nachvollziehbaren Gründen für die hochverschuldete Stadt Essen nicht in Betracht. Eine gegebenenfalls auch nur befristete Weitervermietung zu günstigeren Konditionen wäre aber immerhin eine Möglichkeit gewesen, den finanziellen Schaden für das Land zu begrenzen, bevor gar keine Einnahmen vorliegen. Eine Sprecherin der Stadt Essen erklärt den Vorgang ausweislich BILD-Berichterstattung vom 2. Februar 2017 folgendermaßen: „Wir wurden zu spät informiert, hatten bereits Neubauprojekte beauftragt. Außerdem wollte das Land, dass wir den teuren Mietvertrag übernehmen, dagegen hat sich der Stadtrat entschieden." Nachdem nun ein weiteres halbes Jahr seitens des Landes Nordrhein-Westfalen noch immer kein tragfähiges Konzept für eine Folgenutzung für die leerstehende Essener Einrichtung bekannt ist, haben Parlament und Öffentlichkeit ein Anrecht darauf, den aktuellen Status der Entscheidungsfindung und den damit verbunden Konsequenzen zu erfahren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14530 3 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5558 mit Schreiben vom 16. März 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. 1. Welche konkreten einzelnen Dienstleistungen werden für die Leerstandsbewachung im monatlichen Kostenumfang von über 47.000 Euro tatsächlich erbracht? (detaillierte Darlegung des Leistungsumfangs erbeten wie Bewachungszeit mit Anzahl eingesetzter Personalkräfte etc.) Im Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 30. September 2016 erfolgte eine durchgehende Bewachung durch drei Wachdienstleute. Die monatlichen Kosten hierfür beliefen sich auf 47.127 €. Darauffolgend wurde die durchgehende Bewachung ab dem 1. Oktober 2016 bis zum 31. Januar 2017 auf zwei Wachdienstleute reduziert. Die monatlichen Kosten hierfür betrugen 31.417 €. Die Bewachung war aus zivil- und haftungsrechtlichen Gründen (Mängel in der Gebäudesicherheit) notwendig. Nach Behebung der Mängel erfolgt ab 1. Februar 2017 in Abstimmung mit dem Vermieter und der Polizei eine Gebäudesicherung, die die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes obsolet macht. 2. Anhand welcher konkreten Erkenntnisse zur Bedarfslage bis zum Jahr 2026 hat die Landesregierung einen 11-Jahres-Zeitraum für den Mietvertrag bei Vertragsabschluss für erforderlich gehalten? Im Jahr 2015 hat Nordrhein-Westfalen rund 330.000 Flüchtlinge zumindest kurzfristig unterbringen müssen. Um die Aufnahme und Unterbringung sicherzustellen, wurden die Kapazitäten durch das Land mit Unterstützung der Kommunen innerhalb weniger Monate von rund 14.000 Plätzen um Juli 2015 auf rund 85.000 Plätze im Dezember 2015 aufgestockt. In einer extremen Situation, die dem außerordentlichen Flüchtlingszustrom geschuldet war, mussten teilweise innerhalb von wenigen Tagen oder sogar Stunden neue Unterbringungskapazitäten geschaffen werden. Die außergewöhnlich hohe Zahl an Flüchtlingen, die in 2015 nach Nordrhein-Westfalen kam, erforderte die Schaffung zahlreicher Unterbringungsplätze in kurzer Zeit. In dieser Phase der Notsituation galt es Einrichtungen kurzfristig anzumieten, um die Menschen schnell und menschenwürdig unterzubringen. Die Anmietung der Einrichtung „Opti-Park“ im Jahr 2015 erfolgte vor dem Hintergrund eines außergewöhnlich hohen Flüchtlingszugangs. Angesichts des außerordentlichen Flüchtlingszugangs, der Unsicherheit bzgl. der weiteren Zugangsentwicklung, der angespannten Lage im Bereich der Unterbringung sowie einer extrem hohen Nachfrage an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende war es im vorliegenden Fall nicht möglich, günstigere Konditionen oder kürzere Verträge auszuhandeln. 3. Welche konkreten Überlegungen und Initiativen hat die Landesregierung bislang im Einzelnen angestellt bzw. ergriffen, um ein sinnvolles Nachnutzungskonzept für die Immobilie Opti-Park zur zeitnahen Umsetzung zu entwickeln? Die Nutzung der Einrichtung „Opti-Park“ wurde mit Schreiben der Stadt Essen vom 20. Mai 2016 aufgrund von brandschutzrechtlichen Mängeln untersagt (vgl. auch Antwort auf die Kleinen Anfragen 4899 (LT-Drs. 16/12668) und 5047 (LT-Drs. 16/12981). Seitdem strebt das Land eine zügige und wirtschaftliche Klärung der Frage nach einer Nach- und Weiternutzung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14530 4 der Einrichtung an. Aktuell werden verschiedene Optionen geprüft und gegeneinander abgewogen. 4. Aus welchen genauen Gründen hat sich die Landesregierung nicht darauf eingelassen, das Gebäude zumindest vorübergehend während des bestehenden Leerstandes zu günstigeren Konditionen an die Stadt Essen zu vermieten, um wenigstens einen Teil der Mietkosten einzusparen? Hinsichtlich der Nachnutzung der Einrichtung durch die Stadt Essen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen 5047 (LT-Drs. 16/12981) und 5167 (LT-Drs. 16/13279) verwiesen. Danach wurde die Stadt Essen gebeten, ein prüffähiges Angebot abzugeben. Ehe es jedoch zu weiteren Verhandlungen gekommen ist, wurde durch die Stadt Essen im September 2016 entschieden, eine Anmietung der Einrichtung „Opti-Park“ nicht weiter zu verfolgen. 5. Welche Kosten entstehen dem Land insgesamt für den Leerstand / die Nichtnutzung extern angemieteter Liegenschaften (also ohne BLB) jeweils jährlich von 2015 bis 2020, differenziert nach den beiden Anmietungszwecken Flüchtlingsunterbringung und sämtlicher sonstiger Veranlassungen? (landesweite Angaben aller Ressorts erbeten) Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales sind im Jahr 2016 für leer stehende bzw. nicht genutzte Liegenschaften zum Zweck der Flüchtlingsunterbringung Kosten in Höhe von ca. 5,4 Mio. Euro angefallen Ob und in welchem Umfang dem Land für den Leerstand bzw. die Nichtnutzung extern angemieteter Liegenschaften im laufenden bzw. in den kommenden Jahren Kosten entstehen werden, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden. Eine Antwort zu der Frage zu den Kosten für Anmietungen aus sonstigen Veranlassungen ist im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht möglich, da hierzu eine flächendeckende Abfrage aller Behörden der Landesverwaltung erfolgen müsste.