LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14611 22.03.2017 Datum des Originals: 21.03.2017/Ausgegeben: 27.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5621 vom 20. Februar 2017 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder FDP Drucksache 16/14293 Quantitative Ursachen landwirtschaftlich induzierter Stickstoffbelastungen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vorbemerkung: Bestandsaufnahme, Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm nach WRRL 2015, der Nitratbericht des Landes (2015) und der Nitratbericht des Bundes (2016) belegen, dass weiterhin große Anteile des Grundwassers in Deutschland, insbesondere in Niedersachsen und in NRW Gehalte weit über 50 mg/l Nitrat aufweisen. Es ist keine durchgreifende Besserung seit 2009 (erste Bestandsaufnahme WRRL) festzustellen, darüber hinaus hat die EU Kommission Klage gegen Deutschland wegen Verletzung der Nitrat–RL eingereicht . Zahlreiche Wasserversorger im Lande klagen über Bedrohung durch Nitratanreicherung im Grundwasser. In NRW sind neben einigen Intensiv – Gemüseanbauregionen u.a. die Regionen mit hohen Tierhaltungszahlen und Biogasanlagen nahezu deckungsgleich mit den Gebieten mit überhöhten Nitratwerten, also einem Grundwasserkörper in schlechtem chemischen Zustand, da die hier anfallende Gülle im Übermaß auf die Böden aufgebracht wurde, und gemessen an den Erfordernissen, immer noch im Übermaß aufgebracht wird. Die bisher ergriffenen Gegenmaßnahmen erstrecken sich im Wesentlichen auf die Einführung einer Gülle- und Nährstoffbörse (Verschiebebahnhof), den Einsatz von Beratern, Kooperationen zwischen Wasserversorgern und den Landwirten im Einzugsgebiet sowie der punktuellen Kontrolle der Einhaltung von Auflagen. Ausweislich der letzten Agrarstatistik für NRW (2013) haben wir es mit einem gravierenden Strukturwandel zu tun, der sich darin zeigt, dass die Tierzahlen (Schweine) rapide in die Höhe gingen während die Zahl der Schweinehalter noch extremer abnahm. (Siehe eingefügte Grafik aus dem Bericht Viehhaltungen und Viehbestände in NRW am 1. März 2013) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14611 2 Dies bedeutet im Ergebnis, dass es in den letzten Jahren zwar immer weniger (Klein-)Betriebe gab, aber immer größere Stalleinheiten gebaut wurden, mit einem entsprechenden Gülle–Ausstoß . Es ergibt sich daher die Fragestellung, welche Konsequenzen dies für das Gülle/Stickstoff – Management mit Blick auf die Sanierung belasteter Grundwasserkörper hat. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5621 mit Schreiben vom 21. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Stallanlagen wurden in den letzten 6 Jahren (2011 bis 2016) in den Wasserschutzgebieten im Lande NRW erweitert oder neu gebaut? 2. Wie viele Schweine wurden demnach in den letzten 6 Jahren von 2011 bis 2016 in diesen Ställen gehalten und wieviel Gülle fiel hierbei an? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet: Da die Anzahl der Genehmigungen für Stallanlagen und gehaltenen Tiere in Wasserschutzgebieten nicht über die offizielle Statistik erhoben wird, liegen der Landesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. Entsprechende Zahlen könnten nur über eine besondere Abfrage bei den Bauämtern der Gemeinden und Kreise sowie den zuständigen unteren Umweltbehörden ermittelt werden. Der Aufwand hierfür würde zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Die von der Landesregierung eingeleiteten Initiativen und Maßnahmen stützen sich auf die aus der offiziellen Agrarstatistik abgeleiteten Erkenntnisse, dass sich die Tierhaltung betrieblich und regional immer stärker konzentriert und zu Problemen mit Nährstoffüberschüssen führt. Diese sind durch Messungen und Auswertungen der Umweltüberwachung belegt und u.a. im Nitratbericht des Landes dokumentiert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14611 3 3. Wie wurde sichergestellt und kontrolliert, dass diese Güllemengen zumindest in den Schutzgebietsflächen ordnungsgemäß eingesetzt bzw. anderweitig verbracht wurden? Die Begrenzung der nach Düngeverordnung zulässigen Wirtschaftsdüngerausbringung auf 170 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr im Betriebsdurchschnitt wird durch die systematische Kontrolle der jährlich zu erstellenden Nährstoffvergleiche überprüft. Dazu wurden 2016 etwa 2.300 Nährstoffvergleiche angefordert und auf Plausibilität geprüft, auf knapp 1.000 Betrieben wurden vor Ort Kontrollen durchgeführt. Zusätzlich findet eine Kontrolle im Rahmen von Cross Compliance statt. Intensität und Umfang der Kontrollen von Düngeverordnung, Wirtschaftsdünger- und Wirtschaftsdüngernachweisverordnung wurden seit Beginn 2016 deutlich ausgeweitet und ein neues, risikobasiertes Kontrollkonzept unter Einbeziehung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz implementiert. Es wurden zehn zusätzliche Personalstellen beim Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter und zwei zusätzliche Stellen beim LANUV für die Kontrollen eingerichtet. Sämtliche Gülleabgaben müssen seit 2013 nach der Wirtschaftsdünger-Nachweisverordnung mit Angabe der Empfänger und der abgegebenen Menge jährlich in die landesweite Wirtschaftsdüngerdatenbank gemeldet werden. Angaben von Abgebern und Aufnehmern werden gegeneinander abgeglichen. In allen Wasserschutzgebieten sind bereits in den Schutzgebietsverordnungen Maßnahmen zur Beschränkung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung insbesondere im Zusammenhang mit der Gülleausbringung festgelegt. Die Entwicklung der Qualität des Wassers, das den Entnahmebrunnen zur Trinkwassergewinnung zuströmt wird von den Wasserversorgern engmaschig überwacht. In den Kooperationsgebieten zum Trinkwasserschutz kommt eine breite Palette an Maßnahmen zur Anwendung, die jeweils zielgerichtet auf die örtlichen Problemfelder von den Wasserversorgern mit den Landwirten vereinbart werden. Diese sind beispielsweise auf die Reduzierung des organischen Stickstoffanteils (Obergrenze bis zu 120 kg N/ha/a) und Begrenzungsmaßnahmen mit regelmäßiger Nmin-Beprobung ausgerichtet. In vielen Kooperationen erfolgt mittlerweile eine erfolgsabhängige Prämienzahlung die an die Erreichung bestimmter Nmin- Zielwerte gekoppelt ist. Die von den Wasserversorgern eingesetzten Beratungskräfte unterstützen die Kooperationsbetriebe bei der Erstellung der Düngeplanung und im Düngemanagement und stellen so sicher , dass die Ziele im Hinblick auf den Trinkwasserschutz erreicht werden. 4. Wie stellt sich in den hiervon betroffenen Schutzgebieten die Nitratproblematik im Grundwasser des oberen Stockwerkes dar, hat sich der Zustand hinsichtlich der Nitratgehalte verbessert, verschlechtert oder stagnierten diese auf hohem Niveau ? Die Nitratsituation in den Trinkwasserschutzgebieten und die zeitliche Entwicklung kann dem Nitratbericht 2014 (Fachbericht 55 des LANUV unter www.lanuv.nrw.de - Vorlage 16/2437 vom 18.11.2014) entnommen werden. Da sich Grundwasser-Verhältnisse aufgrund der langen Fließzeiten nicht in kurzen Zeiträumen ändern, sind die zahlenmäßigen detaillierten Aussagen des Nitratberichts 2014, des Bewirtschaftungsplans 2015 zur Umsetzung der WRRL sowie des NRW-Umweltberichts 2016 weiter gültig. Zur Bewertung der Kooperationserfolge wird auf die Antwort des MKULNV zur Frage 118 der Großen Anfrage 11 (Drucksache 16/7576 - 11.12.2014) hingewiesen. Eine neue Evaluation LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14611 4 der Arbeit der Trinkwasserschutzkooperationen ist vom MKULNV gerade beauftragt worden und wird im Jahr 2019 abgeschlossen sein. Bei der Zielerreichung der Wasserrahmenrichtlinie hinsichtlich der Stickstoffbelastung von Grund- und Oberflächengewässern und der EU-Nitratrichtlinie wurde durch die jahrelangen Verhandlungen des Bundes bei der Novellierung des Düngerechts wertvolle Zeit verloren.