LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14613 22.03.2017 Datum des Originals: 21.03.2017/Ausgegeben: 27.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5623 vom 21. Februar 2017 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/14295 Gülleausbringung und Nitratbelastung – Sperrfristen und andere Maßnahmen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vorbemerkung: Aktuell gibt es zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung über Gülleaufbringung während der Sperrfrist nach Gülle-VO (01. bzw. 15.11. bis 31.01.), auch in Wasserschutzgebieten , wie z.B. in Viersen–Dülken. Offensichtlich ist die Möglichkeit der Sperrfristverschiebung nach Gülle-VO in NRW ausgiebig genutzt worden. Unklar ist, inwieweit und ob überhaupt kontrolliert wurde, ob die Bedingungen eingehalten wurden, wie der erforderliche Einsatz von Nitrifikationshemmern, keine Frosttiefe über 10 cm und ausreichender Abstand von Gewässerrändern. Es ist fraglich, ob diese Ausnahmen überhaupt gerechtfertigt sind, da keine Düngewirkung erwartet werden kann und ansonsten das ganze Jahr mit schweren Maschinen gefahren wird. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5623 mit Schreiben vom 21. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Anträge und Genehmigungen auf Verschiebung der Sperrfrist zur Gülleaufbringung gab es im Januar 2017 landesweit und nach Kreisen aufgeschlüsselt und welche Gründe wurden für die Verschiebung der Sperrfrist angegeben? Landesweit gab es im Winter 2016/17 in Nordrhein-Westfalen 1.184 genehmigte Sperrfristverschiebungen . Für die Bearbeitung der Genehmigungen sind die Geschäftsführer der Kreisstellen als Landesbeauftragte im Kreise zuständig. In der beigefügten Anlage sind die durch die einzelnen Kreisstellen ausgesprochenen Genehmigungen zusammengefasst. Eine weitere LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14613 2 Aufschlüsselung nach Kreisen ist kurzfristig nicht möglich, es wäre auch kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten. Aussagen zu abgelehnten Genehmigungen liegen in der Regel nicht vor. Die Sperrfristverschiebung wird bei Vorliegen bestimmter Voraussetzung genehmigt und ist durch regionale Besonderheiten, vor allem die Nutzung pflanzenbaulich sinnvoller Ausbringtermine möglichst nah vor Vegetationsbeginn, die Vermeidung von Bodenverdichtungen durch Nutzung kurzfristig oberflächlich gefrorener Böden begründet. In Niederungslagen kann ein 2 Wochen früherer Beginn mit früherem Ende am 15.01. statt 30.01., in Höhenlagen eher ein späterer Beginn (31.11. statt 15.11.) mit späterem Ende am 15.02. (statt 30.01.) sinnvoll sein. Eine Begründung im Einzelfall ist nicht erforderlich. Es gelten jeweils unterschiedliche Auflagen . 2. Wie viele Gülleaufbringungen mit Sperrfristverschiebung fanden hiervon in Wasserschutzgebieten statt? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 3. Wie und in welcher Intensität (Häufigkeit) wurde die Einhaltung der vorgegebenen Auflagen (Frosttiefe, Mengenaufbringung, Nitrifikationshemmer) kontrolliert und welche Ergebnisse hatten diese Kontrollen? Kontrollen werden in der Regel nach Anzeigen durchgeführt. Zunächst werden die Bewirtschafter der Flächen ermittelt und überprüft, ob Genehmigungen zur Sperrfristverschiebung vorliegen. Bei den meisten Anzeigen werden durch Mitarbeiter der Kreisstellen Vor-Ort-Besichtigungen der Flächen durchgeführt. Dabei werden die entsprechenden Rahmenbedingungen je nach den örtlichen und zeitlichen Erfordernissen geprüft: - die Frosttiefe über Auswertung der nächstgelegenen der 50 Wetterstationen des DWD in Nordrhein-Westfalen; sowohl die Frosteindringtiefe als auch das Auftauen des Bodens in cm wird für bewachsenen und für unbewachsenen Boden täglich gemessen und veröffentlicht . - Schneehöhen nach Messung vor Ort an mehreren Stellen des Schlages; - Mengenausbringung nach Befragung der Landwirte und Augenschein, ggf. über Lieferscheine oder Lohnunternehmer; - je nach Bodenart in der Genehmigung vorgeschriebener Einsatz von Nitrifikationshemmern durch Vorlage der Rechnungen; - Abstände zu Gewässern durch Ausmessen entsprechend der eingesetzten Ausbringtechnik . In 2016 wurden etwa 25 Verstöße gegen die Sperrfrist festgestellt, in der Regel lag hier keine Genehmigung für eine Sperrfristverschiebung vor. Neben der anlassbezogenen Kontrolle wurde die systematische Kontrolle der Düngeverordnung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Jährlich werden mehr als 2.500 landwirtschaftliche Betriebe kontrolliert. Intensität und Umfang der Kontrollen von Düngeverordnung, Wirtschaftsdünger- und Wirtschaftsdüngernachweisverordnung wurden seit Beginn 2016 deutlich ausgeweitet und ein neues, risikobasiertes Kontrollkonzept unter Einbeziehung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz implementiert. Es wurden zehn zusätzliche Personalstellen beim Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter und zwei zusätzliche Stellen beim LANUV für die Kontrollen eingerichtet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14613 3 4. Wie schätzt die Landesregierung generell die Sinnhaftigkeit von Gülleaufbringung in den Monaten Dezember bis Januar ein, handelt es sich hierbei nicht eher um Abfallentsorgung als um Düngung? Die Landesregierung sieht die Ausbringung von Gülle im Herbst und Winter sehr kritisch und hat daher schon vor der Novellierung der Düngeverordnung die Herbstausbringung mit dem Herbstdüngungserlass deutlich eingeschränkt. Im Rahmen der Novellierung der Düngeverordnung hat sich Nordrhein-Westfalen für eine deutliche Ausweitung der Sperrfristen, vor allem im Herbst, erfolgreich eingesetzt. 5. Für die Grundwasserkörper, die den guten Zustand bis 2027 voraussichtlich nicht erreichen, scheint dem Fragesteller unbedingt erforderlich, sogenannte Sanierungs -Wasserschutzgebiete auszuweisen. In diesen Grundwasserkörpern müssten für alle landwirtschaftlichen Betriebe konkrete Handlungen im entsprechend erforderlichen Umfang aus dem Katalog „Bewertung landwirtschaftlicher Maßnahmen zur Minderung von N-Einträgen aus landwirtschaftlichen Quellen in die Gewässer NRW“ festgelegt werden. Dabei sind solche Maßnahmen zu favorisieren, die eine hohe Akzeptanz der Bewirtschafter, eine gute Kontrollierbarkeit und ein hohes N-Minderungspotenzial aufweisen. Die Festlegung von Sanierungsgebieten mit Durchführung der Maßnahmen müsste zeitlich sehr schnell erfolgen, um möglichst bald ihre Wirksamkeit über Sicker-und Grundwassermessungen nachweisen zu können. Sieht die Landesregierung dazu irgendwelche Alternativen und falls ja, welche? Die in der Frage angesprochene Maßnahmenbewertung wurde im Auftrag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz durch den Direktor der Landwirtschaftskammer erarbeitet und wird aktuell mit Fachkreisen abgestimmt. Im Kern handelt es sich um eine NRW-spezifische Anpassung der bereits seit dem Jahr 2007 bekannten Ausarbeitungen von OSTERBURG und RUNGE (Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen in Gewässer-Sonderheft 307 der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft). Die entsprechenden Maßnahmen wurden bereits im ersten WRRL-Maßnahmenprogramm angesprochen und sind seitdem fester Bestandteil der WRRL-Maßnahmenumsetzung. Da für die NRW-Gewässer eine erste Abschätzung zum erforderlichen Reduktionsbedarf zur Gewährleistung einer Zielerreichung vorliegt, war eine konkrete Bewertung des Minderungsbeitrages einzelner Maßnahmen erforderlich, um feststellen zu können, ob die angesprochenen Maßnahmen auch im ausreichenden Maße zur Zielerreichung ergriffen werden oder ob weitere Beratungs-/ Akquisemaßnahmen zur Einwerbung entsprechender Maßnahmen erforderlich sind. Bisher folgt die Maßnahmenumsetzung im Bereich der Landwirtschaft dem Kooperationsgedanken , der in der zur Umsetzung der WRRL mit der Landwirtschaft geschlossenen Rahmenvereinbarung festgeschrieben ist. Hier hat sich die Landwirtschaft zur freiwilligen Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen zur Zielerreichung verpflichtet. Die Umsetzung einer ausreichenden Anzahl landwirtschaftlicher Einzelmaßnahmen wird in der konkreten Umsetzung gemeinsam von der Landwirtschaftskammer und den Wasserbehörden kontrolliert und soweit zur Zielerreichung erforderlich nachgesteuert. Im NRW-Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm, die im Einvernehmen mit dem Umweltausschuss des Landtags erarbeitet wurden sind darüber hinaus weitere Ansätze zur Reduzierung der N-Einträge aus landwirtschaftlicher Bewirtschaftung angesprochen. (s. Antwort zur Frage 5 der Kleinen Anfrage 5622). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14613 4 Als wesentliche Elemente sind hier beispielsweise die neue Düngeverordnung mit der Möglichkeit zur Festlegung strengerer Anforderungen an die landwirtschaftliche Düngung in Bereichen belasteter Gewässer sowie der personell und inhaltlich deutlich verbesserte Vollzug des Düngerechts zu nennen. Aufgrund der langen Fließzeiten im Grundwasser ist es wahrscheinlich, dass die Effektivität der ergriffenen Maßnahmen sich noch nicht in signifikant niedrigeren Messwerten an den Grundwassermessstellen ablesen lässt. Um jedoch die bisherigen Annahmen zur Wirksamkeit der Einzelmaßnahmen zu verifizieren, wurden in den WRRL-Modellbetrieben Saugplatten installiert , mit denen die Veränderungen im Sickerwasser bei den verschiedenen Bewirtschaftungsmaßnahmen kurzfristig gemessen werden können.