LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14668 28.03.2017 Datum des Originals: 28.03.2017/Ausgegeben: 31.03.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5646 vom 28. Februar 2017 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/14334 Aufgabenübertragung auf das LANUV zum 1. Februar 2017 – wie handlungsfähig ist das Landesamt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die rot-grüne Landesregierung hat in dieser Legislaturperiode kontinuierlich neue Aufgaben für das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) geschaffen oder von den Kreisordnungsbehörden auf dieses übertragen, beispielsweise bei der Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken, bei der Wiedereinführung des Widerspruchverfahrens sowie bei der Umsetzung der 16. AMG-Novelle. Im Juli 2016 wurden durch Änderung der Zuständigkeitsverordnung Verbraucherschutz NRW zudem verschiedene Zuständigkeiten bei der Überwachung der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln im Rahmen der Lebensmittelsicherheit von den Kreisordnungsbehörden auf das LANUV hochgezont, während andere bei den Kreisordnungsbehörden verblieben sind (GV. NRW. S. 638). Die Zuständigkeitsänderung ist zum 1. Februar 2017 erfolgt. Die Hochzonung betrifft u.a. Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, die mit Lebensmitteln einen Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen Euro erzielen, Unternehmen der Systemgastronomie mit mehr als 50 Betrieben, Verpflegungsbetriebe (Gemeinschaftsverpflegung, Caterer, Küchen) mit mehr als 20.000 Hauptmahlzeiten pro Tag, Schlachthöfe mit mehr als 10.000 Schlachtungen von Schweinen oder 1.000 Schlachtungen von Rindern pro Woche, Unternehmen zur Herstellung und zum Abpacken von Lebensmitteln, die einen Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen Euro erzielen, ohne an den Endverbraucher abgebende Betriebe. Dabei ist die im LANUV als zuständig vorgesehene Abteilung 8 seit Jahren aufgrund verschiedener Umstände für die erforderliche Aufgabenwahrnehmung nur noch eingeschränkt einsatzbereit. Dies wurde zuletzt durch die im Auftrag des LANUV von PWC durchgeführte Organisationsuntersuchung belegt. Dem Bericht zufolge übersteigt der Personalbedarf „für LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14668 2 eine sachgerechte und qualitativ angemessene Erledigung der zugewiesenen Aufgaben die dafür zur Verfügung stehende Personalkapazität“. Auf Initiative der FDP-Fraktion hatte sich der zuständige Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bereits im Vorfeld der Verordnungsänderung mit den Auswirkungen der Aufgabenübertragung auf das LANUV beschäftigt und Sachverständige hierzu angehört. In der Anhörung wurde deutlich, dass mit der Aufgabenübertragung aufgrund der bestehenden personellen Schwierigkeiten die Gefahr für ein weiteres Nachlassen der Überwachungsdichte seitens des LANUV verbunden ist. Im Vergleich zur bisherigen Aufgabenwahrnehmung wurden Ineffizienzen infolge der Schaffung von Doppelstrukturen befürchtet und ein Mehrwert für den gesundheitlichen Verbraucherschutz bezweifelt. Angesichts dieser Umstände war zu erwarten, dass im LANUV die über acht Monate Vorbereitungszeit für die Zuständigkeitsänderung sinnvoll genutzt wurden, um künftig eine adäquate Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Hieran bestehen jedoch erhebliche Zweifel. So hatte das LANUV mit Schreiben vom 9. Januar 2017 den bislang zuständigen Behörden mitgeteilt, dass im LANUV die zur Bestimmung der Zuständigkeit erforderlichen Daten nicht vollständig zur Verfügung stünden. Die Behörden wurden um Angabe der Betriebe, die „vermutlich“ in die Zuständigkeit des LANUV fallen würden, bis zum 26. Januar 2017 gebeten. Wenn vier Werktage vor Inkrafttreten der Aufgabenverlagerung dem LANUV noch nicht einmal die künftig zu überwachenden Betriebe bekannt waren, stellt sich erst Recht die Frage, wie eine ausreichende Kontrolle der Betriebe ab dem 1. Februar 2017 gewährleistet wird. Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5646 mit Schreiben vom 28. März 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Durch die Änderung in der Zuständigkeitsverordnung hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Nordrhein-Westfalen in relevanten Betrieben die Systeme zur Rückverfolgbarkeit zu überprüfen. Dies sind Betriebe, die globale Handelsströme aufweisen, die eine gewisse Marktrelevanz haben oder einen hohen Versorgungsgrad der Bevölkerung sicherstellen. Die Funktionalität der Systeme zur Rückverfolgbarkeit in diesen Unternehmen soll gleich hohe Standards in ganz Nordrhein-Westfalen erfüllen. Außerdem wird ein Frühwarnsystem für die Erkennung von Risiken in globalen Handelsströmen eingerichtet. Die Bewertung der Systeme zur Rückverfolgbarkeit ist ein wichtiges Element für die risikobasierte Betriebseinstufung. Daher richtet das LANUV ein effizientes Reportingsystem ein, mit dem dessen Erkenntnisse unverzüglich an die Kreisordnungsbehörden als zuständige Behörde für die Lebensmittelüberwachung übermittelt werden. So wird zur Überwachung der Systeme der Rückverfolgbarkeit bei großen Unternehmen ein wirksames Element zur Risikoanalyse globaler Warenströme bei einer Landesbehörde etabliert und bei den für die Ernährung vieler Menschen relevanten Unternehmen wird ein einheitlich hohes Niveau der Funktionalität der Rückverfolgbarkeitssysteme sichergestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14668 3 1. Welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Zuständigkeitsübertragung hat die Landesregierung im Jahr 2016 ergriffen? In Vorbereitung auf die Aufgabenübertragung auf das LANUV wurden mit dem 2. Nachtragshaushalt 2016 (verabschiedet am 20.09.2016) elf Stellen (6 hD, 3 gD, 2 mD) im LANUV geschaffen. Von diesen elf Stellen sind gem. Haushaltsplan vorgesehen: - eine Stelle des gehobenen Dienstes für die Kontrolle der Bahngastronomie, - vier Stellen des höheren Dienstes und zwei Stellen des gehobenen Dienstes für die Überwachung der Rückverfolgbarkeit, - zwei Stellen des höheren Dienstes für Tierärzte und zwei Stellen des mittleren Dienstes für die Erledigung der im Zusammenhang mit den Kontrollen anfallenden Aufgaben. Im Herbst 2016 wurden Vollzugsfragen im Zusammenhang mit der auf das LANUV übertragenen Zuständigkeit zwischen MKULNV und dem LANUV geklärt. Eine Beteiligung der Kreisordnungsbehörden in diesen Fragen erfolgte über die Arbeitsgruppe Lebensmittelüberwachung im September 2016. Mit Verfügung vom 09. Januar 2017 erfolgte die Übersendung der zur Abgrenzung der Zuständigkeiten für die Rückverfolgbarkeitsüberwachung der betroffenen Betriebe erforderlichen Informationen mit der Bitte um Prüfung und Aktualisierung durch die Kreisordnungsbehörden. Die entsprechenden Rückmeldungen werden derzeit im LANUV ausgewertet und eine Gesamtliste der in die Zuständigkeit des LANUV fallenden Betriebe erstellt. Parallel hierzu wurden bereits drei der zur Verfügung stehenden Stellen besetzt. Die weiteren Stellen sollen im Laufe des Jahres 2017 besetzt werden. 2. Welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Zuständigkeitsübertragung hat die Landesregierung im Jahr 2017 ergriffen? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie will die Landesregierung konkret, insbesondere in personeller und methodischer Hinsicht, die flächendeckende Überwachung durch das LANUV sicherstellen? Zur Personalstärke und -besetzung wurde bereits zu den Fragen 1 und 2 ausgeführt. Das Personal wird seinen Dienstort im LANUV, Standort Recklinghausen, haben. Von dort aus sind alle Unternehmen in vertretbaren zeitlichen und räumlichen Entfernungen erreichbar. Es handelt sich um große Unternehmen, daher ist nicht davon auszugehen, dass mehrere Unternehmen an einem Tag überprüft werden können. Insofern fallen zusätzliche Fahrzeiten nicht an. Die Kontrollen werden regelmäßig risikobasiert durchgeführt, so dass von einem planbaren und mit den Kreisordnungsbehörden abstimmbaren Inspektionsplan ausgegangen wird. Darüber hinaus kann sich immer die Notwendigkeit einer anlassbezogenen Kontrolle ergeben. Nach einer ersten vorsichtigen Abschätzung werden etwa 100 Unternehmen/Betriebe in der Zuständigkeit des LANUV liegen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14668 4 4. Wie viele bzw. welche Kontrollen wurden seit dem 1. Februar 2017 allein durch das LANUV (ohne Hinzuziehung der Kreisordnungsbehörden) durchgeführt? Bisher wurden keine Kontrollen durch das LANUV allein durchgeführt. Zurzeit ist vielmehr vorgesehen, Kontrollen im Bereich Rückverfolgbarkeit schwerpunktmäßig gemeinsam mit den Kreisordnungsbehörden durchzuführen. Am 13. März 2017 fand eine erste entsprechende Kontrolle statt. 5. Welchen praktischen Mehrwert hat die Zuständigkeitsänderung dem gesundheitlichen Verbraucherschutz bislang gebracht? Die Änderung in der Zuständigkeit hat die Überwachung im Bereich Lebensmittel deutlich gestärkt. Zur Vorbereitung für die Überwachung wurden und werden die einzelnen „großen“ Unternehmen gezielt auf Lebensmittelrisiken durch die Warenströme analysiert. Das bringt eine neue Qualität in die Überwachung. Außerdem können so Standards für die Funktionalität von Systemen zur Rückverfolgbarkeit landeseinheitlich in der Überwachung entwickelt und entsprechend überprüft werden. Dies entspricht auch den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes in seinem Bericht „Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. (Empfehlungen des Präsidenten des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zur Stärkung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes)“, der seinerzeit im Auftrag der damaligen Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner in Folge der EHEC-, bzw. Dioxin-Krise erstellt wurde. Letztlich ist gerade die mit den Kreisordnungsbehörden zusammen durchgeführte Überwachung ein wichtiges Element zur umfassenden Bewertung eines Betriebes und stärkt die kommunal-staatliche Zusammenarbeit.