LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14711 30.03.2017 Datum des Originals: 30.03.2017/Ausgegeben: 04.04.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5664 vom 2. März 2017 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/14364 Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Wo bleiben die Initiativen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 26. März 2014 hat der Landtag Nordrhein-Westfalen mit den Stimmen von SPD; Bündnis 90/DIE GRÜNEN und Piraten den Antrag „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Prüfung von Lohntestverfahren zur Feststellung von Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern im Öffentlichen Dienst“ (Drs.-Nr. 16/5284) angenommen. Mit der Annahme des Antrages baten die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung gemeinsam mit den Tarifpartnern/Gewerkschaften weitere Initiativen zur Aufhebung der Entgeltungleichheit auch außerhalb des öffentlichen Dienstes zu entwickeln. Mit Datum vom 6. März 2015 legte die Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU einen Zwischenbericht zur Umsetzung des in 2014 angenommenen Antrages vor (Drs.-Nr. 16/2739). Mit Bezug zur beschlossenen „Bitte“ äußerte die Landesregierung: „Ein Tarifvertrag ist stets das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Es ist davon auszugehen, dass beide Seiten im Rahmen ihrer grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie darauf bedacht sind, das Lohngleichheitsgebot und andere elementare Grundsätze zu beachten. Ohne konkrete gutachterliche Feststellung einer Verletzung des Lohngleichheitsgebotes bestehen daher weder Anlass noch Spielraum für eine Initiative des Landes zur Änderung der tarifrechtlichen Regelungen.“ Darüber hinaus zielte der angenommene Antrag darauf ab, die Entgeltpraxis einer Behörde modellhaft zu überprüfen, um anschließend daraus Lösungsansätze zur Vermeidung von Entgeltdiskriminierung im öffentlichen Dienst aufzeigen zu können. Diese Überprüfung hat modellhaft bei der Landratsbehörde im Kreis Unna stattgefunden; das Ergebnis wurde im März 2016 veröffentlicht. Demnach bestand bei der Kreisverwaltung Unna eine unbereinigte Entgeltdifferenz in Höhe von 13,6 % (insgesamt) und eine bereinigte Entgeltdifferenz von 4 % (insgesamt). Für die Kreisbehörde Unna wurden im Rahmen der modellhaften Überprüfung verschiedene Empfehlungen ausgesprochen. Ob eine Verallgemeinerung dieser LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14711 2 Empfehlungen für alle Städte in Nordrhein-Westfalen bzw. öffentlichen Arbeitgeber erfolgt ist, entzieht sich der Kenntnis der Anfragenden. Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 5664 mit Schreiben vom 30. März 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales sowie der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. 1. Mit Annahme des Antrages Drs.-Nr. 16/5284 wurde die Landesregierung gebeten, „weitere Initiativen zur Aufhebung der Entgeltungleichheit auch außerhalb des öffentlichen Dienstes zu entwickeln“. Welche Initiativen hat die Landesregierung gemeinsam mit den Tarifpartnern/Gewerkschaften entwickelt, um eine Entgeltungleichheit aufzuheben? Im Rahmen der Landesinitiative „Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb“ ist die Landesregierung bereits seit 2013 aktiv, um prekäre Beschäftigung einzudämmen, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in NRW zu verbessern und die vielen guten Beispiele für faire Arbeit in NRW bekannt zu machen. Ein Großteil der Aktivitäten unterstützt die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Da Frauen deutlich häufiger im Niedriglohnbereich und in Minijobs tätig sind als Männer, profitieren sie von den Aktivitäten im Rahmen der Initiative im besonderen Maße. Mit Veranstaltungen, Modellprojekten, Beratungsangeboten, Studien, durch Öffentlichkeitsarbeit sowie durch gezielte Informationsangebote und Informationsmaterialien werden Impulse für faire Arbeit gesetzt, wird gute Praxis verbreitet und Transparenz über die Situation auf dem Arbeitsmarkt hergestellt. 2. Da die Landesregierung in ihrem Zwischenbericht aus März 2015 zu Ziffer 4 dargelegt hat, dass „ohne gutachterliche Feststellung einer Verletzung des Lohngleichheitsgebotes weder Anlass noch Spielraum für eine Initiative des Landes“ besteht: Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit März 2015 entwickelt, um ihre Informationslücke zu schließen und damit dem Landtagsbeschluss zur Entwicklung von Initiativen zur Aufhebung der Entgeltungleichheit außerhalb des Öffentlichen Dienstes Geltung zu verschaffen? Die Landesregierung hat in Kenntnis und in Erwartung des Entwurfs des Entgelttransparenzgesetzes der Bundesregierung, aus dem sich Zahlen zu Lohnlücken ergeben, auf kostenintensive Studien oder Projekte verzichtet, da diese keine über die Erkenntnisse der Bundesregierung hinausgehenden Ergebnisse erwarten lassen. Die Landesregierung hat sich daher auf die Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens für das Entgelttransparenzgesetz konzentriert. Ferner wird auf die Beantwortung der Frage 5 verwiesen. 3. Welche allgemeinen Lösungsansätze hat die Landesregierung aus der modellhaften Überprüfung der Landratsbehörde des Kreises Unna zur Vermeidung von Entgeltdiskriminierung im Öffentlichen Dienst entwickelt und den Kommunen empfohlen? 4. Hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um weitere Kreise oder Städte für eine Überprüfung der Entgeltpraxis in ihren jeweiligen Behörden zu gewinnen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14711 3 Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sinnzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Ergebnisse der modellhaften Überprüfung der Entgeltpraxis der Kreisverwaltung Unna wurden im Rahmen einer öffentlichkeitswirksamen Abschlussveranstaltung vorgestellt. An dieser Veranstaltung haben mehrere Kommunen teilgenommen. Darüber hinaus erfolgte über eine Pressemitteilung die vollständige Veröffentlichung der Studie auf der Internetseite des MAIS NRW und der Internetseite der Landesinitiative „Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb“. Außerdem wird auf die Vorlagen 16/2739, 16/3813 und 16/4113 verwiesen. Die Landesregierung beschränkt sich angesichts der Tarifautonomie auf die Verbreitung der Ergebnisse und bedient den Informationsbedarf, der auf kommunaler Seite entsteht. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 5 verwiesen. 5. Inwieweit hat die Landesregierung bei den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst darauf hingewirkt, diskriminierende Strukturen im Öffentlichen Dienst abzubauen? Zunächst ist festzustellen, dass Frauen und Männer im Geltungsbereich der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst auf gleichen Arbeitsplätzen gleich bezahlt werden. Die für weibliche und männliche Beschäftigte des Landes gleichermaßen geltenden tarifvertraglichen Regelungen (insbesondere der TV-L und seine Entgeltordnung) führen somit zu keiner unmittelbaren Diskriminierung. Die im Rahmen der modellhaften Überprüfung der Landratsbehörde des Kreises Unna festgestellten Lohndifferenzen - und erst recht die bereinigten Lohndifferenzen - sind gering und kein ausreichendes Indiz für eine mittelbare Diskriminierung durch tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes. Vielmehr hat die Untersuchung bei der Landratsbehörde des Kreises Unna ergeben, dass die Unterrepräsentanz von Frauen in höheren Besoldungsstufen ausschlaggebend ist für die Höhe des (unbereinigten) Lohnabstands. Eine konkrete Empfehlung an die Tarifpartner, die Eingruppierung bzw. Entlohnung der Angehörigen bestimmter Berufsgruppen anzuheben, erscheint vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die durch das Grundgesetz besonders geschützte Tarifautonomie unangebracht. Unabhängig davon haben die Tarifpartner für den öffentlichen Dienst der Länder am 17. Februar 2017 die Aufnahme von Tarifverhandlungen zur Entgeltordnung zum TV-L vereinbart. Die damit verbundene umfassende Überprüfung der Eingruppierungsvorschriften des TV-L wird allgemeine berufliche und tarifliche Entwicklungen einbeziehen und auch das Gebot der Diskriminierungsfreiheit berücksichtigen.