LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14744 03.04.2017 Datum des Originals: 31.03.2017/Ausgegeben: 06.04.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5624 vom 20. Februar 2017 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/14297 Versuchte türkische Einflussnahme auf den Unterricht in Nordrhein-Westfalen – was tut die Landesregierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Tageszeitung „Heilbronner Stimme“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 15.02.2017 über von türkischen Konsulaten organisierte Veranstaltungen für türkische Lehrer- und Elternvereine. Diese hätten zum Ziel, „Kritik im Unterricht an der Türkei und an Präsident Erdogan zu verhindern.“ In dem Beitrag werden unter Berufung auf einen Vertreter der GEW explizit die türkischen Generalkonsulate in Düsseldorf und Essen genannt. Von einem solchen Treffen in einem Generalkonsulat in Nordrhein-Westfalen liegt ein Bericht vor, der diesen Sachverhalt belegt. Laut „Heilbronner Stimme“ betrifft die versuchte Einflussnahme „nicht nur den türkischsprachigen Unterricht oder den muslimischen Religionsunterricht, sondern auch Fächer wie Geschichte oder Sozialkunde.“ Wörtlich heißt es: „Die türkischen Konsulate drängen Eltern dazu, Lehrer einzuschüchtern und Lehrer zu melden, die Kritik an der Türkei oder an Präsident Erdogan üben“. Und weiter: „Lehrer werden eingeschüchtert, und Eltern werden dazu aufgerufen, sich an den Schulen über einen türkeikritischen Unterricht zu beklagen“. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5624 mit Schreiben vom 31. März 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Justizminister und dem Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14744 2 1. Seit wann hat die Landesregierung welche Erkenntnisse über die in der „Heilbronner Stimme“ geschilderte versuchte Einflussnahme der Türkei auf den Unterricht an Schulen in Nordrhein-Westfalen? Kenntnis über die erhobenen Vorwürfe hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung am Tag der Erstveröffentlichung des Beitrags in der Heilbronner Stimme vom 15. Februar 2017 erhalten. Die Vorwürfe wurden umgehend geprüft. Hierfür wurden alle in der Berichterstattung genannten Akteure um Stellungnahme gebeten. Dem Ministerium liegen nun zwei sich inhaltlich widersprechende Darstellungen der betroffenen Akteure vor. Eine Bewertung des Wahrheitsgehaltes der Darstellungen kann nicht durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung erfolgen. Die jeweiligen Stellungnahmen sind den zuständigen Ermittlungsbehörden zur Prüfung zugeleitet worden. 2. Wie bewertet die Landesregierung diese Einflussversuche? Derartige Versuche der Einflussnahme sind für die Landesregierung, sollten sie unternommen worden sein, inakzeptabel. Den konsularischen Vertretungen der Republik Türkei steht es grundsätzlich frei, Gesprächskontakte mit Personen und Organisationen in Nordrhein-Westfalen zu pflegen. Grundsätzlich kann auch eine diplomatische oder konsularische Vertretung hierbei die Position ihres jeweiligen Landes darlegen. Dieser Rahmen würde aber erkennbar überschritten, wenn aus den Vertretungen heraus Eltern oder Lehrkräfte zu einem bestimmten Verhalten gegenüber Lehrerinnen und Lehrern gedrängt würden. 3. Durch welche konkreten Maßnahmen wirkt die Landesregierung diesen Versuchen der Einflussnahme entgegen? Zu den Vorwürfen der GEW hat das örtlich zuständige Polizeipräsidium Düsseldorf Ermittlungen unter Gefahrenabwehraspekten aufgenommen. Ergebnisse liegen insoweit zurzeit nicht vor. Im Übrigen wird auf den Bericht der Landesregierung vom 7. März 2017 (Vorlage 16/4830) verwiesen. Am 24. Februar 2017 erfolgte zudem eine Mitteilung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung an alle Schulen des Landes (sog. Schulmail) mit dem Titel: „Diskussion in Schulen über politische Entwicklungen in der Türkei“. Herr Staatssekretär Hecke hat in dieser Mail den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schulen und Lehrkräfte unterstrichen und deutlich gemacht, dass ein „Import“ der innenpolitischen Konflikte in der Türkei in unsere Schulen nicht tolerabel und zudem geeignet sei, den Schulfrieden nachhaltig zu stören. Herr Staatsekretär Hecke bat alle Schulleitungen, aktuelle Vorkommnisse und Berichte in Gesprächen mit Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, vor allem aber auch den Eltern zu thematisieren und gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die Schulgemeinschaft nicht durch Einflüsse von außen gespalten werde. Auffälligkeiten seien der zuständigen Schulaufsicht umgehend zu melden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14744 3 4. Durch welche konkreten Maßnahmen unterstützt die Landesregierung Eltern und Lehrer/innen gegen derartige Versuche der Instrumentalisierung? Grundsätzlich steht es natürlichen und juristischen Personen in unserer demokratischen Rechtsordnung zu, in eigener Verantwortung an Veranstaltungen von konsularischen und diplomatischen Vertretungen teilzunehmen. Für die Landesregierung steht aber fest, dass Spitzelaktionen und Einschüchterungsversuche gegenüber Lehrkräften nicht hingenommen werden können. Diesen Grundsatz haben alle Elternvertretungen und Lehrkräfte einzuhalten. Der gesamte Sachverhalt wurde im Ausschuss für Schule und Weiterbildung am 8. März 2017 anhand eines Berichts der Landesregierung erörtert (Vorlage 16/4830).