LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14789 06.04.2017 Datum des Originals: 06.04.2017/Ausgegeben: 11.04.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5684 vom 8. März 2017 der Abgeordneten Ursula Doppmeier CDU Drucksache 16/14449 Inklusion von Kindern mit Förderbedarf in Regelschulen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz soll Schülerinnen und Schüler mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung grundsätzlich immer ein Platz an einer allgemeinen Schule angeboten werden. Eltern sollen zwar für ihr Kind auch weiter die Förderschule wählen können, jedoch sind, abhängig vom Förderschwerpunkt, eine Mindestanzahl an Schülerinnen und Schülern nötig, um eine Förderschule zu errichten und fortzuführen (Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke vom 16. Oktober 2013). Daraufhin stieg zwar der Inklusionsanteil an allgemeinen Schulen, aber gleichzeitig mussten Förderschulen geschlossen werden, die die Mindestschülerzahl nicht aufwiesen, ohne dass den allgemeinen Schulen (Sonder-)pädagogen in einem ähnlichen Verhältnis wie an Förderschulen zur Förderung der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung gestellt wurden. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5684 mit Schreiben vom 6. April 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Förderschulen wurden seit der Änderung der Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO) vom 16. Oktober 2013 aufgrund dieser Verordnung geschlossen? (Bitte nach Förderschwerpunkt und Bezirksregierungen aufschlüsseln.) Aufgrund der Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke vom 16. Oktober 2013 (Mindestgrößenverordnung) haben die Schulträger ihr öffentliches Förderschulangebot neu geordnet. Sie haben dabei von allen schulorganisatorischen Maßnahmen Gebrauch gemacht, die das Schulgesetz bietet: die Zusammenlegung von Schulen, die Bildung von Teilstandorten und die Einrichtung von Verbundschulen. In anderen Fällen wurden mehrere Förderschulen in der Trägerschaft von LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14789 2 Gemeinden zu einer Schule in Kreisträgerschaft zusammengelegt. Die Auflösung von Förderschulen war stets die Ultima Ratio. Um ein Förderschulangebot in erreichbarer Nähe zu sichern, wurden in großer Zahl Teilstandorte dort gebildet, wo die Mindestgröße einer Förderschule nicht mehr erreicht werden konnte. Für einen Teilstandort reicht dann die Hälfte der Schülerzahl einer Förderschule aus. Die Zahl der Teilstandorte wird seit 2014 erhoben und ist in einer beigefügten Tabelle ausgewiesen. Vor diesem Hintergrund lässt die Entwicklung der absoluten Zahl von Förderschulen keinen Rückschluss auf einen entsprechenden Rückgang wohnortnaher Angebote zu, da eine Reihe von aufzulösenden Förderschulen als Teilstandorte fortgeführt werden. Die Anlagen zu dieser Antwort stellen dar, wie sich das Angebot öffentlicher Förderschulen seit 2002 verändert hat. Sie zeigen, dass sich die Veränderungen fast ausschließlich auf die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen beziehen. Der Rückgang der Zahl der Schulen beruht auf den Entscheidungen von Eltern, für ihr Kind mit dem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung eine allgemeine Schule mit dem Angebot des Gemeinsamen Lernens einer Förderschule vorzuziehen. 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Förderschulen zu erhalten, so dass alle Eltern für ihr Kind eine Schule in erreichbarer Nähe zur Wahl haben, wie im 9. Schulrechtsänderungsgesetz garantiert? Das schulische Angebot aller Schulformen richtet sich nach der Zahl der Eltern, die sich für ihr Kind für die eine oder andere Schulform entscheiden. Gesetzlicher Auftrag des Schulministeriums ist es, die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Schülerzahl der Förderschulen festzusetzen. Dies ist im Rahmen der Mindestgrößenverordnung geschehen. Eine Garantie, ein Schulangebot vor Ort zu erhalten, gibt es bei Förderschulen ebenso wenig wie bei anderen Schulformen. Dass dies auch bisher im Bereich der Förderschulen nicht der Fall war, zeigt die Tatsache, dass es z.B. für hörgeschädigte und für sehgeschädigte Schülerinnen und Schüler in ganz Nordrhein-Westfalen jeweils nur 12 Förderschulen gibt, die also keineswegs für alle betroffenen Schülerinnen und Schüler in jedem Falle „wohnortnah“ zu erreichen sind. Ziel ist es vielmehr, im Kontext des Ausbaus des Gemeinsamen Lernens mehr wohnortnahe Schulangebote an allgemeinen Schulen zu ermöglichen. 3. Welche Förderschulen bleiben dauerhaft erhalten? 4. Mit welcher Anzahl an Schülerinnen und Schülern bleiben diese Förderschulen erhalten? Die Fragen 3 und 4 werden im Zusammenhang beantwortet: Dauerhaft erhalten bleiben können Förderschulen, die die Mindestgrößen nach der Mindestgrößenverordnung erreichen. Die erforderlichen Schülerzahlen ergeben sich aus § 1 dieser Verordnung. Über die Errichtung und Weiterführung von Förderschulen entscheiden die Schulträger aufgrund der bestehenden Nachfrage. Im Sinne des Schulkonsenses bleiben Förderschulen überall dort bestehen, wo sie in ausreichender Zahl (so dass die Mindestgröße gegebenenfalls auch verteilt auf Teilstandorte gesichert ist) trotz Inklusion erforderlich sind. Aus Sicht der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14789 3 Landesregierung erreichen derzeit nahezu alle Förderschulen die Mindestgröße, so dass nur noch in wenigen Regionen des Landes aktueller Handlungsbedarf besteht. 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Inklusion an Schulen weiter zu verbessern? Für das Gemeinsame Lernen hat die Landesregierung ausgehend von rd. 532 Stellen im Haushalt 2010 bis 2017/18 schrittweise aufwachsend insgesamt rund 5.000 Lehrerstellen zur Verfügung gestellt. Alleine mit dem 2. Nachtragshaushalt 2016 und dem Haushalt 2017 wird das Stellenbudget für die sonderpädagogische Förderung im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen um 690 Lehrerstellen erhöht. Davon sind 100 Stellen für die intensivpädagogische Förderung vorgesehen, die insbesondere den Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zugutekommen. Weitere 295 Stellen werden für den Prozess des Changemanagements geschaffen. Außerdem wurden in allen 53 Schulämtern je eine Stelle für einen Inklusionskoordinator oder eine Inklusionskoordinatorin installiert, 100 Stellen für Inklusionsfachberaterinnen und Inklusionsfachberater sowie 76 Stellen für sogenannte erfahrene Vorreiter- und Hospitationsschulen, die neue Schulen des Gemeinsamen Lernens beraten und unterstützen. Zusätzlich wurden 100 Mehrbedarfsstellen zur Unterstützung des Inklusionsprozesses in den Schulen geschaffen, die den Inklusionsprozess an bestimmten Schulen in besonderen Situationen unterstützen sollen, z.B. wenn an einer Schule Gemeinsames Lernen neu eingerichtet wird oder bei Veränderungsprozessen Brüche in der Stellenausstattung vermieden werden müssen. Das entspricht in der Summe für den Zeitraum von 2010 bis 2017 rund 975 Millionen Euro. Hinzu kommen etwa 80 Millionen Euro für die Aus-, Fort- und Weiterbildung, weitere 105 Millionen Euro wurden den Kommunen bislang im Rahmen des Gesetzes zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion bis 2017 zur Verfügung gestellt. Die Mittel für die Umsetzung des Gesetzes wurden kürzlich von 35 Millionen Euro jährlich auf 40 Millionen Euro jährlich erhöht. Lernen 4) Emotionale und soziale Entwicklung Sprache Hören und Kommunikation Sehen Geistige Entwicklung Körperliche und motorische Schule für Kranke zusammen Hören und Kommunikation Körperliche und motorische Entwicklung zusammen 2002 326 97 69 17 12 111 33 40 705 1 1 2 19 726 2003 326 98 70 16 12 111 33 39 705 1 1 2 19 726 2004 326 98 71 15 12 112 33 39 706 1 1 2 20 728 2005 326 101 71 14 12 115 33 37 709 1 1 2 20 731 2006 326 101 71 14 12 115 34 39 712 1 1 2 20 734 2007 323 101 71 14 12 115 35 37 708 1 1 2 21 731 2008 321 101 71 14 12 116 35 36 706 1 1 2 21 729 2009 318 103 71 14 12 115 35 36 704 1 1 2 21 727 2010 317 103 71 14 12 115 35 34 701 1 1 2 21 724 2011 310 102 71 14 12 116 35 33 693 1 1 2 21 716 2012 306 102 71 14 12 117 35 34 691 1 1 2 21 714 2013 284 103 70 14 12 116 35 34 668 1 1 2 20 690 2014 249 99 69 12 12 116 34 34 625 1 1 2 20 647 Standorte 3) 289 123 77 12 12 124 34 69 740 1 1 2 24 766 2015 180 94 67 12 12 116 34 35 550 1 1 2 19 571 Standorte 3) 240 127 76 12 12 122 34 71 694 1 1 2 24 720 2016 135 93 65 12 12 116 34 35 502 1 1 2 19 523 Standorte 3) 204 126 75 12 13 124 34 70 658 1 1 2 24 684 1 87 66 57 12 11 109 34 20 396 1 1 2 16 414 2 35 21 7 - 1 6 - 6 76 - - - 1 77 3 9 6 - - - 1 - 5 21 - - - 2 23 4 3 - 1 - - - - - 4 - - - - 4 5 - - - - - - - 2 2 - - - - 2 6 - - - - - - - 1 1 - - - - 1 7 - - - - - - - 1 1 - - - - 1 8 1 - - - - - - - 1 - - - - 1 1) Der Hauptförderschwerpunkt der Schule wird erst seit dem Schuljahr 2002/03 erhoben. 2) Für die Förderschule Berufskolleg wird kein Hauptförderschwerpunkt erfasst. 3) Die Zahl der Standorte der Schulen wir erst seit dem Schuljahr 2014/15 erfasst. 4) Bei Schulen mit dem Hauptförderschwerpunkt Lernen handelt es sich teilweise um Verbundschulen, an denen auch Kinder anderer Förderschwerpunkte unterricht werden. Förderschulen davon Schulen mit … Standorten 3) Tabelle 1: Entwicklung der Förderschulen landesweit Jahr 1) Förderschule G/H Förderschule R/Gy Förderschule BK 2) insgesamt Förderschulen nach Förderschwerpunkt der Schulen und Regierungsbezirken Lernen 3) Emotionale und soziale Entwicklung Sprache Hören und Kommunikation Sehen Geistige Entwicklung Körperliche und motorische Entwicklung Schule für Kranke zusammen Hören und Kommunikation Körperliche und motorische Entwicklung zusammen Reg.-Bez. Düsseldorf 2013 Schulen 70 27 14 5 2 33 8 6 165 - - - 5 170 Standorte - - - - - - - - - - - - - - 2014 Schulen 62 26 13 3 2 33 8 6 153 - - - 5 158 Standorte 88 36 16 3 2 35 8 12 200 - - - 5 205 2015 Schulen 40 22 12 3 2 33 8 6 126 - - - 5 131 Standorte 72 32 15 3 2 35 8 12 179 - - - 5 184 2016 Schulen 29 23 11 3 2 33 8 6 115 - - - 5 120 Standorte 63 32 15 3 2 35 8 12 170 - - - 5 175 Reg.-Bez. Köln 2013 Schulen 59 29 18 3 3 24 11 7 154 - 1 1 4 159 Standorte - - - - - - - - - - - - - - 2014 Schulen 56 29 18 3 3 24 10 7 150 - 1 1 4 155 Standorte 59 32 22 3 3 26 10 13 168 - 1 1 8 177 2015 Schulen 42 27 18 3 3 24 10 7 134 - 1 1 4 139 Standorte 53 32 21 3 3 26 10 13 161 - 1 1 8 170 2016 Schulen 37 24 17 3 3 24 10 7 125 - 1 1 4 130 Standorte 50 30 20 3 4 26 10 13 156 - 1 1 8 165 Reg.-Bez. Münster 2013 Schulen 43 7 12 2 2 20 6 9 101 - - - 1 102 Standorte - - - - - - - - - - - - - - 2014 Schulen 40 7 12 2 2 20 6 9 98 - - - 1 99 Standorte 45 9 13 2 2 23 6 20 120 - - - 1 121 2015 Schulen 29 8 12 2 2 20 6 9 88 - - - 1 89 Standorte 35 13 15 2 2 21 6 21 115 - - - 1 116 2016 Schulen 22 8 12 2 2 20 6 9 81 - - - 1 82 Standorte 33 12 15 2 2 21 6 20 111 - - - 1 112 Reg.-Bez. Detmold 2013 Schulen 40 19 8 2 2 17 3 3 94 - - - 4 98 Standorte - - - - - - - - - - - - - - 2014 Schulen 37 19 8 2 2 17 3 3 91 - - - 4 95 Standorte 38 22 8 2 2 17 3 9 101 - - - 4 105 2015 Schulen 30 19 8 2 2 17 3 4 85 - - - 4 89 Standorte 33 24 8 2 2 17 3 10 99 - - - 5 104 2016 Schulen 20 19 8 2 2 17 3 4 75 - - - 4 79 Standorte 22 24 8 2 2 19 3 10 90 - - - 5 95 Reg.-Bez. Arnsberg 2013 Schulen 72 21 18 2 3 22 7 9 154 1 - 1 6 161 Standorte - - - - - - - - - - - - - - 2014 Schulen 54 18 18 2 3 22 7 9 133 1 - 1 6 140 Standorte 59 24 18 2 3 23 7 15 151 1 - 1 6 158 2015 Schulen 39 18 17 2 3 22 7 9 117 1 - 1 5 123 Standorte 47 26 17 2 3 23 7 15 140 1 - 1 5 146 2016 Schulen 27 19 17 2 3 22 7 9 106 1 - 1 5 112 Standorte 36 28 17 2 3 23 7 15 131 1 - 1 5 137 1) Für die Förderschule Berufskolleg wird kein Hauptförderschwerpunkt erfasst. 2) Die Zahl der Standorte der Schulen wird erst seit dem Schuljahr 2014/15 erfasst. 3) Bei Schulen mit dem Hauptförderschwerpunkt Lernen handelt es sich teilweise um Verbundschulen, an denen auch Kinder anderer Förderschwerpunkte unterricht werden. Tabelle 2: Entwicklung der Zahl der Förderschulen und Teilstandorte Regierungsbezirk ------- Jahr Schulen --------- Standorte 2) Förderschule G/H Förderschule R/Gy insgesamt Förderschule BK 1)