LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14861 12.04.2017 Datum des Originals: 12.04.2017/Ausgegeben: 19.04.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5705 vom 10. März 2017 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/14507 „Gefährliche bzw. verrufene Orte“ gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW in Nordrhein- Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) ermächtigt die Polizei, an sog. „gefährlichen bzw. verrufenen Orten“ Identitätsfeststellungen durchzuführen (Schütte/Braun/Keller, Eingriffsrecht Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 2016). Die Qualifizierung als „gefährlicher Ort“ setzt voraus, dass Tatsachen bekannt sind, die nach kriminalistischen Erfahrungen darauf hindeuten, dass an diesem Ort regelmäßig die in § 12 Abs. 1 Nr. 2 genannten Tätigkeiten stattfinden (vgl. zu der entsprechenden Regelung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.11.2014, Az. 10 C 14.2284, Rn. 18, veröffentlicht bei juris.de). Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5705 mit Schreiben vom 12. April 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkungen der Landesregierung Durch die Landesregierung wurde bereits in der Beantwortung zu den Kleinen Anfragen 1946 (LT-Drs. 16/5190), 2451 (LT-Drs. 16/6521) und 2610 (LT-Drs. 16/6823) zur Thematik berichtet. Hierbei wurde u.a. eine Definition und Abgrenzung der Begriffe „gefährliche Orte“ und „Kriminalitätsbrennpunkte“ gefertigt. Bei der Zulieferung der Unterlagen zum Beweisbeschluss 37 zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss IV wurde ebenfalls umfangreich zur Thematik berichtet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14861 2 1. Wie viele „gefährliche bzw. verrufene Orte“ im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW sind der Landesregierung aktuell in Nordrhein-Westfalen bekannt? (Bitte für alle 47 Kreispolizeibehörden getrennt aufschlüsseln.) Für die Zulieferung der Unterlagen zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss IV, Beweisbeschluss 37, Ziffer I wurden für den Untersuchungszeitraum Dezember 2010 bis 27. Januar 2016 alle 47 Kreispolizeibehörden nach Örtlichkeiten befragt, in denen explizit auf räumliche Bereiche bzw. Örtlichkeiten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW Bezug genommen wird, die vor geplanten gefahrenabwehrenden Maßnahmen als solche bewertet und eingestuft wurden. Damals haben die Kreispolizeibehörden Köln, Dortmund, Düsseldorf, Siegen, Essen, Hagen, Aachen und Recklinghausen Daten und Informationen angeliefert. Ergänzend hierzu haben auf die neue Anfrage die Kreispolizeibehörden Borken, Dortmund, Essen, Hagen, Recklinghausen, Köln und Wuppertal über aktuelle Örtlichkeiten des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW berichtet. Eine Übersicht ergibt sich aus der nachfolgenden Aufstellung: KPB Anzahl der nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG eingestuften Orte Abfrage 2016 im Rahmen PUA Abfrage März 2017 Borken -- 1 Örtlichkeit Dortmund 2 Örtlichkeiten 1 Örtlichkeit Düsseldorf 1 Örtlichkeit -- Essen 2 Örtlichkeiten 2 Örtlichkeiten Hagen 1 Örtlichkeit 1 Örtlichkeit Köln 13 Örtlichkeiten 13 Örtlichkeiten Recklinghausen 1 Örtlichkeit 6 Örtlichkeiten Wuppertal -- 1 Örtlichkeit Siegen 1 Örtlichkeit -- Aachen 1 Örtlichkeit -- Viele Örtlichkeiten sind hierbei durch die Kreispolizeibehörden ausschließlich zu bestimmten Tagen oder Zeiten eingestuft worden. 2. Wie viele Identitätsfeststellungen wurden im Jahr 2016 an „gefährlichen bzw. verrufenen Orten“ im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW durchgeführt? 3. Wie viele Beobachtungs- und Feststellungsberichte wurden in diesem Zusammenhang verfasst? (Bitte für alle 47 Kreispolizeibehörden getrennt aufschlüsseln.) Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Eine grundsätzliche Erfassung der durchgeführten Identitätsfeststellungen oder Beobachtungs- und Feststellungsberichte für Orte im Sinne des Gesetzes ist nicht vorgesehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14861 3 Die Kreispolizeibehörden sind nicht verpflichtet, entsprechende Daten statistisch zu erfassen und erfassen diese nicht bzw. nicht vergleichbar. 4. Zu wie vielen Festnahmen auf frischer Tat bzw. nach Verfolgung auf frischer Tat ist es aufgrund von Identitätsfeststellungen an „gefährlichen bzw. verrufenen Orten“ in diesem Zusammenhang gekommen? (Bitte für alle 47 Kreispolizeibehörden getrennt aufschlüsseln.) § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW ist eine präventivpolizeiliche Befugnis zur Identitätsfeststellung. Festnahmen „auf frischer Tat bzw. nach Verfolgung auf frischer Tat“ werden nach der Strafprozessordnung zur Strafverfolgung durchgeführt. Insofern wäre eine Identitätsfeststellung nach § 163 b StPO einschlägig. Ziel der Maßnahme nach § 12 PolG NRW ist die Gefahrenabwehr. 5. Zu welchen weiteren konkreten Maßnahmen führt die Einstufung eines Ortes als „gefährlicher bzw. verrufener Ort“ im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW ggfs.? Die weiteren, konkreten Maßnahmen richten sich innerhalb der gesetzlichen Voraussetzungen ebenfalls immer am Einzelfall aus. Im Zusammenhang mit der Einstufung gemäß der Norm werden die polizeilichen Maßnahmen regelmäßig im Rahmen von Präsenzkonzeptionen gebündelt und überprüft. Durch die Kreispolizeibehörden werden in diesen Konzeptionen in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität die folgenden, weiteren Maßnahmen getroffen: Bildung von Ordnungspartnerschaften (beispielsweise mit den Ordnungsämtern, der Bundespolizei oder Sozialämtern) Gemeinsames Betreiben eines Bürgerbüros Gemeinsame Fußstreifen Zwischen den Ordnungspartnern abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit Regelmäßige Sicherheitsbesprechungen Durchführung von Schwerpunkteinsätzen und verstärkte Präsenz unter Beteiligung von Kräften aller Dienststellen und der Bereitschaftspolizei Gezielte Kontrollmaßnahmen Gefährderansprachen Aufenthalts- und Betretungsverbote Razzien Videoüberwachung