LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14983 02.05.2017 Datum des Originals: 28.04.2017/Ausgegeben: 05.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5791 vom 24. März 2017 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/14700 Erste Kommune schafft Gesundheitskarte für Asylbewerber wieder ab – Lässt die Gesundheitsministerin die Kommunen mit ihren Problemen im Stich? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nordrhein-Westfalen hatte im August 2015 die Voraussetzungen für die Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende mit einer Rahmenvereinbarung des Landes mit den Krankenkassen geschaffen. Am 28. August 2015 hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation , Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen die entsprechende „Rahmenvereinbarung zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach § 264 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit §§ 1, 1a Asylbewerberleistungsgesetz in Nordrhein Westfalen“ veröffentlicht. Durch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sollte den nach § 4 AsylbLG leistungsberechtigten Personen der vereinfachte Zugang zum Gesundheitssystem und den Kommunem eine wirtschaftlichere Abwicklung bei gleichzeitiger Entlastung von Verwaltungsaufgaben ermöglicht werden. Laut Westdeutscher Allgemeiner Zeitung vom 11.03.2017 haben 24 nordrhein-westfälische Kommunen die Gesundheitskarte für Asylbewerber eingeführt. Allerdings steige mit Hattingen zum 31. März bereits die erste Kommune wieder aus, aufgrund der finanziellen Unsicherheit, da bislang keine Abrechnung vorgelegt wurde, obwohl eigentlich eine quartalsmäßige Abrechnung vorgesehen ist. Die Stadt Oberhausen bemängelt die bürokratischen Vorgaben, so dass durch die Gesundheitskarte die Verwaltungsvereinfachung gerade nicht eingetroffen sei. Die Stadt Mülheim geht sogar davon aus, dass durch die Verwaltungsgebühren Mehraufwendungen anstatt Einsparungen entstehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14983 2 Auch der Städte- und Gemeindebund kam zwischenzeitlich zu der Bewertung, dass es kaum Akzeptanz in den Kommunen gebe. Insbesondere werden seitens der Kommunen die Verwaltungspauschalen kritisiert, die die Kommunen pro Flüchtling an die Krankenkasse zahlen muss: 8% der zu erstattenden Leistungen, mindestens jedoch 10 Euro pro Kopf und Monat. Dabei verwies das Ministerium immer wieder auf eine in Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden zeitnahe Evaluation der Verwaltungskostenpauschale nach Abrechnung von zwei Quartalen vereinbart. Ziel sollte es sein, eine angemessene Erstattung der Verwaltungskosten zu erreichen, die die GKV nicht belastet, aber auch nicht zu einer Überkompensation führt. Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 5791 mit Schreiben vom 28. April 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Zu der Kleinen Anfrage wird zunächst auf die Antwort der Landesregierung vom 21. September 2016 auf die Kleine Anfrage 5053 vom 17. August 2016 der Abgeordneten André Kuper und Peter Preuß CDU (LT-Drucksache 16/12979) verwiesen. Gegenüber dem damaligen Sachstand hat sich die Zahl der teilnehmenden Kommunen aktuell von 20 auf 23 erhöht; neben der Stadt Gladbeck sind 3 Kommunen aus dem Rhein-Sieg-Kreis zum 01.01.2017 beigetreten, dagegen hat Hattingen zum 01.04.2017 seinen Austritt erklärt. Der Beitritt weiterer Kommunen zeigt ebenso wie die positiven Erfahrungen der Städte Düsseldorf und Köln, dass es eine grundsätzliche Akzeptanz der geltenden Rahmenvereinbarung gibt. Sowohl Köln als auch Düsseldorf haben bestätigt, dass das Ziel, mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) die Voraussetzungen für eine effiziente und effektive Gesundheitsversorgung zu schaffen und einen wichtigen Schritt zur Unterstützung der Integration der geflüchteten Menschen zu gehen, erreicht wurde. Letztlich wird jede Kommune für sich entscheiden müssen, ob ein Beitritt zur Rahmenvereinbarung für sie der richtige Weg ist. Dabei wird sie zunächst die finanziellen Auswirkungen eines Beitritts im Vergleich zu der herkömmlichen Versorgung der Flüchtlinge unter Berücksichtigung der Entlastung der eigenen Verwaltung kalkulieren müssen. Zugleich ist aber auch zu bedenken, dass durch einen direkten Zugang zu medizinischer Versorgung schwere Krankheitsverläufe vermieden und letztlich Kosten gesenkt werden können. 1. Welche Folgen will die Landesregierung daraus ziehen, dass es erhebliche Kritik seitens der beteiligten Kommunen an den Verwaltungskosten, dem Verwaltungsaufwand sowie an der Abrechnung mit den Krankenkassen im Rahmen der Gesundheitskarte für Asylbewerber gibt, die dazu geführt haben, dass mit Hattingen die erste Kommune die Gesundheitskarte für Asylbewerber zum Ende des 1. Quartals 2017 wieder abschafft? Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) ist, wie in der Rahmenvereinbarung festgelegt, Ende letzten Jahres in Evaluations-Gespräche mit Krankenkassen , den kommunalen Spitzenverbänden und Kommunen eingetreten, die noch nicht abgeschlossen sind. Dabei werden neben der Überprüfung der Höhe der Verwaltungskosten auch LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14983 3 andere Fragen wie z.B. die Vereinfachung des Meldewesens und die Abrechnungspraxis der Krankenkassen erörtert. 2. Welche Verwaltungskosten fielen bislang in den teilnehmenden Kommunen mit der elektronischen Gesundheitskarte monatlich/pro Quartal an? 3. In wie vielen Fällen wurden von den Kommunen jeweils der pauschale Mindestbetrag von 10 Euro pro Kopf und Monat Verwaltungspauschale geleistet? 4. In welcher Höhe mussten betroffene Kommunen jeweils mit 8 % der zu erstattenden Leistungen die Verwaltungspauschale zahlen? Die Fragen 2 bis 4 werden im Sachzusammenhang beantwortet. Das MGEPA hat mit der Rahmenvereinbarung lediglich die Voraussetzung für eine Betreuung Asylsuchender durch gesetzliche Krankenkassen unter Verwendung der eGK geschaffen. In die Umsetzung der Rahmenvereinbarung in den beigetretenen Kommunen ist das MGEPA nicht eingebunden, so dass der Landesregierung selbst auch keine Daten, wie sie in den Fragen 2 bis 4 der Kleinen Anfrage erbeten werden, vorliegen. Die Landesregierung ist daher darauf angewiesen, dass von den Krankenkassen freiwillig entsprechende Daten zur Verfügung gestellt werden. Auf eine entsprechende Abfrage bei den Krankenkassen sind dem MGEPA leider nur aggregierte Daten auf der Basis von Angaben einzelner Krankenkassen und damit auch nur weniger , nicht näher aufgeschlüsselter Kommunen und Quartale übermittelt worden. Da diese Daten noch nicht valide sind und praktisch keine Aussagekraft haben, wird darauf verzichtet, diese hier darzustellen. Grundsätzlich ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass die Abrechnungen analog den Abrechnungsverfahren für Betreute nach § 264 Abs. 2 SGB V nur mit einem gewissen zeitlichen Verzug vorgenommen werden können, da hierfür zunächst die aufbereiteten Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen vorliegen müssen, die für die Abrechnung benötigt werden . Somit kann auch die Frage, ob im Einzelfall der prozentuale Verwaltungskostensatz von 8% oder der Mindestsatz von 10 EURO zur Anwendung kommt, erst nach endgültiger Abrechnung aller Leistungsaufwendungen eines Quartals beantwortet werden. Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der laufenden Evaluation zu gegebener Zeit konkretere und valide Daten vorliegen werden. 5. Mit welchem Ziel, konkreten Zeitplan sowie welchem konkreten Verfahren wird die Evaluation der Verwaltungspauschale durchgeführt? Die in der Rahmenvereinbarung festgelegte Evaluation der Verwaltungskosten ist vereinbart worden, um nach einer gewissen Anlaufzeit die Höhe der zunächst festgelegten Verwaltungskosten noch einmal zu überprüfen und ggfls. anzupassen. Die Evaluation ist nach endgültiger Abrechnung der beiden ersten Quartale, d.h. des ersten Halbjahres 2016, nach Eingang der entsprechenden Daten vorgesehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14983 4 Unabhängig davon ist in den bisherigen Gesprächen zur Evaluation deutlich geworden, dass eine konkrete Berechnung der durch die Versorgung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber bei den verschiedenen Krankenkassen entstehenden Verwaltungskosten schwierig ist. Daher werden derzeit auch alternative Möglichkeiten der Erstattung der Verwaltungskosten erörtert, darunter - wie bereits seit Jahren in Hamburg und Bremen vereinbart – die Festlegung eines festen EURO-Betrages anstelle der prozentualen Berechnung mit einem Mindestbetrag wie heute. Dabei sind allerdings die unterschiedlichen Verhältnisse der Stadtstaaten, die von einer einzigen Krankenkasse betreut werden, einerseits und dem Flächenland Nordrhein- Westfalen mit 396 Kommunen und 11 beteiligten Krankenkassen andererseits zu berücksichtigen . Die Gespräche hierüber sind, wie oben ausgeführt, noch nicht abgeschlossen. Bei möglichen Änderungen der Rahmenvereinbarung ist die bundesgesetzliche Vorgabe zu beachten, dass den Krankenkassen die aus der Übernahme der Krankenbehandlung für die Flüchtlinge entstehenden Ausgaben einschließlich der Verwaltungskosten zu erstatten sind. Hiermit wird sichergestellt, dass die GKV-Solidargemeinschaft nicht mit versicherungsfremden Ausgaben belastet wird. Andererseits sollen die Verwaltungskostenpauschalen auch nicht zu einer Überdeckung führen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Anpassungen der Rahmenvereinbarung nur im Konsens mit den Vertragspartnern auf Seiten der Krankenkassen möglich sind und nicht einseitig vom Land vorgegeben werden können. Vor diesem Hintergrund wird das MGEPA mögliche Änderungen der Rahmenvereinbarung mit den Krankenkassen unter Beteiligung der beigetretenen Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände erörtern.