LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14985 02.05.2017 Datum des Originals: 28.04.2017/Ausgegeben: 05.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5712 vom 16. März 2017 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/14535 Abschiebungen nach Tunesien Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 8. März 2017 wurde über die Abschiebung von Tunesiern per Sammelcharter berichtet. Demnach hätten mehrere Bundesländer gemeinsam erneut abgelehnte Asylbewerber aus Tunesien in einem Sammelcharter in ihr Heimatland abgeschoben. In der Maschine, die am Mittag des 8. März 2017 in Leipzig startete, befanden sich laut Medienangaben auch zahlreiche Nordafrikaner aus Haftanstalten, darunter nach dpa-Informationen auch ein Terrorverdächtiger aus Berlin, der der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verdächtigt wird. Er saß in Berlin in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, «sich in Deutschland zur Durchführung eines derzeit nicht näher bekannten Auftrags für den IS aufgehalten zu haben». Insgesamt seien 22 Tunesier abgeschoben worden, davon 15 aus Sachsen, teilte das Innenministerium des Freistaates Sachsen mit. Bei acht Tunesiern aus Sachsen habe es sich um sogenannte Haftfälle gehandelt. An der vom Freistaat organisierten Rückführung hätten sich neben Berlin auch Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen beteiligt. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5712 mit Schreiben vom 28. April 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. In welcher Form hat sich Nordrhein-Westfalen konkret an der Abschiebung per Sammelcharter nach Tunesien beteiligt? Nordrhein-Westfalen hat sich in 2017 bislang an drei Rückführungsmaßnahmen per Sammelcharter nach Tunesien, zuletzt am 05.04.2017, beteiligt. Insgesamt wurden 6 Personen zurückgeführt . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14985 2 2. Wurden auch aus Nordrhein-Westfalen sog. Haftfälle abgeschoben? Aus der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Büren wurden 2 Personen im Zeitraum vom 01.01. - 31.03.2017 nach Tunesien abgeschoben. Abschiebungen aus der Strafhaft werden statistisch nicht gesondert erfasst. 3. In welcher Form finden derzeit (seit dem Jahr 2016) länderübergreifende Rückführungen per Sammelcharter in welche Staaten statt? 4. In welcher Form beteiligt sich Nordrhein-Westfalen jeweils an Abschiebungen per Sammelcharter? Die Fragen 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Länderübergreifende Chartermaßnahmen werden im Rahmen von Frontex-Flügen durch die Bundespolizei organisiert. Der jeweilige OMS (Organising Member State) gibt den übrigen Mitgliedstaaten die Möglichkeit, sich an der Maßnahme zu beteiligen. Die wesentlichen Ziele liegen derzeit vornehmlich in den Westbalkanstaaten. Zudem gibt es aktuell Frontex-Chartermaßnahmen insbesondere nach Pakistan, Georgien, Armenien oder Nigeria. Daneben finden seit Dezember 2016 vom Bund organisierte Sammelcharterflüge nach Afghanistan statt. Schließlich organisieren auch die Bundesländer selbst länderübergreifend bedarfsabhängig Sammelchartermaßnahmen. Nordrhein-Westfalen beteiligt sich an den vorgenannten länderübergreifenden Sammelchartermaßnahmen . Darüber hinaus organisiert Nordrhein-Westfalen in Absprache mit der Bundespolizei aktuell monatlich eigene länderübergreifende Chartermaßnahmen in die Westbalkanstaaten. Zusätzlich werden hier derzeit regelmäßige Maßnahmen nach Georgien geplant. 5. Wie viele Abschiebungen finden generell pro Woche nach Tunesien statt (Bitte Nachweis der letzten 12 Monate)? Mit Stand vom 28.02.2017 waren in Nordrhein-Westfalen 196 tunesische Staatsangehörige ausreisepflichtig, davon wurden 151 Personen geduldet (Quelle: AZR). Als problematisch für die Rückführung nach Tunesien erwies sich in der Praxis die bislang überlange Dauer der Passersatzbeschaffungsverfahren. Hieran hatten auch die von Bundesinnenminister de Maizière im Februar/März 2016 mit Tunesien geführten Gespräche, in denen auf die Notwendigkeit einer deutlichen Beschleunigung des Passersatzbeschaffungserfahrens hingewiesen wurde, nichts maßgeblich geändert. Nachdem der Bund im Februar 2017 erneut auf Tunesien zugegangen war, wurde am 03. März 2017 ein gemeinsames Protokoll unterzeichnet. Danach wurden mit Tunesien nunmehr konkret eine 30-Tage-Frist für Identifizierungen und eine 5-Tage Frist für die Ausstellung von Passersatzpapieren nach Identifizierung vereinbart. Und als offenkundige Konsequenz aus LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14985 3 dem Fall AMRI sollen hiernach in besonderen Fällen, die eine bedeutende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellen, spezielle Verfahren gelten. Die Umsetzung dieser Vereinbarung in der Praxis bleibt abzuwarten. Zur Beantwortung von Fragen nach Abschiebezahlen werden wegen der länderübergreifenden Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit die vom Bund (Bundespolizei) herausgegebenen Abschiebungsstatistiken herangezogen. Die den Ländern zur Verfügung gestellte Statistik der Bundespolizei differenziert dabei lediglich nach Monaten und nicht nach Wochen. Für das Jahr 2016 und bis zum 28.02.2017 stellen sich Abschiebungen in das Zielland Tunesien insgesamt wie folgt dar: Abschiebungen nach Tunesien durch NRW (Quelle: Statistik der Bundespolizei) Monat Jahr 2016 Jahr 2017 Jan 2 4 Feb - 1 Mär 2 Apr - Mai - Jun - Jul - Aug - Sep - Okt 1 Nov - Dez - Für März und April 2017 liegen hier noch keine abschließenden Monatszahlen der Bundespolizei vor. Für 2017 verweise ich daher auf die Gesamtangaben zu Sammelchartern in der Frage 1.