LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1499 21.11.2012 Datum des Originals: 21.11.2012/Ausgegeben: 26.11.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 466 vom 19. September 2012 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/923 Nuklearforschung im Forschungszentrum Jülich Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 466 mit Schreiben vom 21. November 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Forschungszentrum Jülich und rund um das Forschungszentrum Jülich sind auch nach Stilllegung der Forschungsreaktoren noch zahlreiche Aktivitäten im nuklearen Bereich festzustellen . Dazu zählen die Nuklearforschung, die Arbeit an der Urananreicherungstechnologie , die Konditionierung von Atommüll, Landessammelstellen für radioaktive Abfälle, Zwischenlagerstätten für Atommüll und andere Aktivitäten. Vorbemerkung der Landesregierung Bei der im Rahmen der o.g. Kleinen Anfrage verwendeten Formulierung „Nukleartechnologie “ handelt es sich um einen nicht eindeutig bestimmten Begriff. In dieser Beantwortung wird daher der Begriff „Nukleartechnologie“ gemäß Leistungsplansystematik des Bundes, Förderschwerpunkte E3 (Nukleare Energieforschung) und E4 (Beseitigung kerntechnischer Anlagen) definiert. Unten stehende Daten und Fakten basieren – soweit keine andere Quelle genannt wird - auf Angaben des Forschungszentrums Jülich. Die Antworten wurden mit dem Forschungszentrum Jülich abgestimmt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1499 2 1. Welche Abteilungen des Forschungszentrums Jülich arbeiten noch konkret an welchen Forschungs- und sonstigen Projekten mit Bezug zu Nukleartechnologien ? Im Forschungszentrum Jülich wird im Institut „Nukleare Entsorgung und Reaktorsicherheit“ an Projekten mit Bezug zu Nukleartechnologien geforscht (Abfallcharakterisierung, Abfallbehandlung , Innovative Entsorgungsstrategien, Langzeitsicherheitsforschung zur Endlagerung, Safeguards (IAEO), Sicherheitsfragen zu laufenden Reaktortypen sowie zu neuen Reaktortypen der Generation III-plus, in EU-Projekten auch Sicherheitsfragen zu Reaktorkonzepten der IV. Generation). Die Landesregierung hat sich aus der von der CDU-FDP-Vorgänger-regierung bewilligten Finanzierung zur Forschung an neuen Reaktorkonzepten zurückgezogen; neue Projekte wurden nicht bewilligt. Im Geschäftsbereich „Nuklearservice“ befassen sich die Projekte mit der Beseitigung der Nuklearen Altlasten der ehemaligen Kernforschungsanlage Jülich (Rückbau nicht mehr benötigter nuklearer Anlagen des Zentrums, Entsorgung der anfallenden radioaktiven Abfälle, bedarfsweise diesbezügliche Forschung und Entwicklung). 2. Wie viele Wissenschaftler beschäftigen sich im Forschungszentrum Jülich der- zeit konkret mit Forschungsprojekten mit Bezug zu Nukleartechnologien? Derzeit sind 29 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie 15 Doktorandinnen und Doktoranden mit Forschungsprojekten mit Bezug zu Nukleartechnologien beschäftigt. Hinzu kommen im Geschäftsbereich Nuklearservice durchschnittlich zwei bis drei Personenjahre, zum Teil aus einschlägigen Unternehmen, für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die im Hinblick auf eigene Rückbau- und Entsorgungsprojekte notwendig werden können. 3. Welchen Anteil nehmen die Forschungsprojekte mit Bezug zur Nukleartechnolo- gie gegenüber Forschungsprojekten ohne Bezug zu Nukleartechnologien ein? 10,7 Mio. € für Forschung mit Bezug zur Nukleartechnologie stehen rund 414 Mio. € für Forschungsprojekte ohne Bezug zu Nukleartechnologien gegenüber. Das ist ein Anteil von 2,6% der Mittel für diese Forschungsprojekte. 4. Welche weiteren Firmen sind auf dem Gelände des Forschungszentrums konkret mit Tätigkeiten beschäftigt, die einen Bezug zu Nukleartechnologien haben? Auf dem Gelände des Forschungszentrums ist die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS), Essen, tätig. In Forschungs- und Entwicklungsprojekten sind projektspezifisch Mitarbeiter von Partnerfirmen eingebunden. Für Rückbau- und Entsorgungsarbeiten werden im Bedarfsfall auch Fremdkräfte und Fremdfirmen mit Teilleistungen beauftragt und eingesetzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1499 3 5. Warum betreibt das Land Niedersachsen eine Landessammelstelle für radioaktive Abfälle in Jülich? Die Landessammelstelle des Landes Niedersachsen für vernachlässigbar wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle wird von der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (NMU) betrieben. In von der GNS angemieteten Räumlichkeiten auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich werden radioaktive Abfälle, die die Landessammelstelle angenommen hat, konditioniert , verpackt und anschließend nach Niedersachsen in das Lager Leese (Zwischenlager) gebracht, wo sie bis zur Verbringung in ein Endlager verbleiben sollen. Nach Aussage des NMU wurde der Betrieb der Landessammelstelle auf der Grundlage des § 9a Abs. 3 Satz 2 des Atomgesetzes (AtG) einem privaten Dritten (GNS) mit dem Ziel übertragen , einen kostenneutralen und modernen Betrieb einer Landessammelstelle zu gewährleisten . Unbeschadet dessen bleibt das Land Niedersachsen aufgrund seiner in § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG normierten gesetzlichen Zuständigkeit verpflichtet, die ordnungsgemäße Einrichtung seiner Landessammelstelle sicherzustellen. Das Land Niedersachsen vertritt deshalb die Belange der Landessammelstelle gegenüber den Verfassungsorganen des Bundes sowie gegenüber Dritten.