LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14994 03.05.2017 Datum des Originals: 28.04.2017/Ausgegeben: 08.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4797 vom 28. März 2017 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/14706 „Untertauchen“ von Asylbewerbern – Was unternimmt die Landesregierung gegen das eigene Missmanagement in Landesaufnahmeeinrichtungen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der WDR-Sendung „Westpol“ vom 26.03.2017 wurde über gravierende Mängel bei der Registrierung sowie erkennungsdienstlichen Untersuchung von Asylbewerbern in Landesaufnahmeeinrichtungen und damit einhergehende Sicherheitslücken berichtet. In einem Selbstversuch eines Terrorismus-Experten wird die von Innenministerium in etwaigen Antworten auf Kleine Anfragen und sonstige Aussagen dargestellte Verwaltungspraxis einer funktionierenden Erstaufnahme widerlegt. So gelang es 23 Tage in Einrichtungen unter falschem Namen „unterzutauchen“ sich der erkennungsdienstlichen Behandlung zu entziehen und quer durch Deutschland von Dortmund bzw. Unna – also von NRW ausgehend – zu reisen. Es war möglich die ED-Behandlung zu verweigern. Man könne ein bis zwei Wochen ohne Anmeldung in Einrichtungen leben und werde versorgt, ohne dass die Identität einer Person festgestellt oder überprüft werde. Das nicht registrierte Weiterreisen hat der Innenminister noch Ende 2015 kritisiert. In dieser TV-Sendung teilte der nordrhein-westfälische Innenminister mit, dass heute im Vergleich zu dem Jahr 2015, wo eine Millionen Asylbewerber nach Deutschland kamen, die Situation bzgl. der Registrierung anders ist. Jene werde binnen ein bis zwei Tage vollständig in Landeseinrichtungen bei Asylantragstellenden durchgeführt. Das Ministerium für Inneres und Kommunales gibt in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5535 vom 26. Januar 2017 Folgendes an. „Durch die Einführung der sogenannten Personalisierungsinfrastrukturkomponenten (PIK) des Bundes in allen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes wurden die Voraussetzungen für eine umgehende Registrierung aller nach NRW kommenden Asylbewerber geschaffen.“ Auf Ver- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14994 2 anlassung der Regierung ist das besagte System flächendeckend ab Mitte März 2016 eingeführt worden. Jene Daten werden in ein Datenbanksystem des Bundes überführt. Im Rahmen des Mitte Mai 2016 etablierten „Zuführungskonzept“ sollen Asylsuchende aus den Kommunen zu den Registrierstellen des Landes u.a. zur erkennungsdienstlichen Behandlung verbracht werden. So teilte das MIK mit Erlass vom 07.04.2016 mit, wie mit Asylbewerbern bei den Ausländer - und Polizeibehörden zu verfahren ist, die sich der Registrierung oder Verpflichtung zur erkennungsdienstlichen Maßnahme zu entziehen gedachten. Zudem fordert das MIK mit Schreiben vom 01.12.2016 die Ausländerbehörden auf, unerlaubt aufhältige bzw. eingereiste Personen der Polizei zu diesem Zweck zuzuführen. Aus jenem Erlass kann geschlussfolgert werden, dass die Fallkonstellation der Verhinderung zur Identifizierung erforderlichen Maßnahmen durch die Landesregierung in Betracht gezogen wurde. Die Landesregierung hat etwaigen Handlungsbedarf zumindest feststellen müssen. Zudem soll durch die Zentralen Ausländerbehörden laut einer andren Antwort des MIKs (Drucksache 16/14273) im Bereich der Identitätsklärung, durch Einsicht in Ausländerakten und anderen Möglichkeiten wie das Personenfeststellungsverfahren den örtlichen Behörden bei Identitätsfragen assistiert werden. Dies impliziert, dass Behörden im Puncto Identitätsfeststellung über ein hinreichendes Know-how verfügen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5797 mit Schreiben vom 28. April 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Sicherheitslücken in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen , wenn ein Aufenthalt auch ohne erkennungsdienstliche Behandlung sowie Registrierung möglich ist? 2. Unter Berücksichtigung dessen, dass das MIK mit Erlass vom 07.04.2017 Verfahrensvorschriften bei Verweigerungen einer ED- Behandlung mitteilte und am 01.12.2016 entsprechende Behörden darum bat unerlaubt eingereiste bzw. aufhältige deswegen der Polizei zuzuführen; wie bewertet die Landesregierung den Umstand , dass im oben beschriebenen Selbstversuch eine ED-Behandlung derart einfach umgangen werden kann? 3. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus, dass das Umgehen einer ED-Behandlung derart unkompliziert möglich war? 4. Wie bewertet die Landesregierung die oben dargelegten Fehler „im eigenen System “ hinsichtlich der Erfüllung der Vorgaben aus dem „Datenaustauschverbesserungsgesetz “ der Bundesregierung insgesamt? 5. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass künftig alle Asylbewerber umgehend erkennungsdienstlich behandelt werden und erst dann eine Unterbringung sowie Erhalt von Leistungen möglich ist? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 5 zusammen beantwortet. Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz und der Implementierung der Personalinfrastrukturkomponenten (PIK) in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für eine schnelle erkennungsdienstliche Behandlung und Registrierung der Asylsuchenden und eine Speicherung der erfassten Daten im Kerndatenbestand geschaffen worden. NRW hatte sich insoweit an dem vorausgegangenen Pilotverfahren beteiligt LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14994 3 und die Ausstattung der Landeserstaufnahmeeinrichtungen als erstes Flächenland sichergestellt . Durch Erlasse des Ministeriums für Inneres und Kommunales sind den zuständigen Stellen handlungsleitende Hinweise gegeben worden. Für neu ankommende Asylsuchende in den Landeseinrichtungen in NRW wurde zuletzt mit Erlass vom 17.06.2016 verfügt, dass die Registrierung der Asylsuchenden inklusive erkennungsdienstlicher Behandlung in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes innerhalb eines Werktages, dies bedeutet am Tag der Ankunft oder an dem darauf folgenden Werktag, zu erfolgen hat. Die Registrierung erfolgt dabei, wie auch in andern Ländern üblich, tagsüber von Montag bis Freitag während der allgemeinen Dienstzeiten. Bereits mit Erlass vom 07.04.2016 wurde der Umgang mit Personen, die sich der Registrierung und erkennungsdienstlichen Behandlung verweigern, geregelt. Danach sollen in diesen Fällen die Kreispolizeibehörden eingeschaltet und ein Verfahren wegen illegalen Aufenthalts eingeleitet werden. In diesem Zusammenhang ist zeitnah eine erkennungsdienstliche Behandlung der Person durch die Kreispolizeibehörden durchzuführen. Der vorliegende Einzelfall wurde zum Anlass genommen mit Erlass vom 05.04.2017 nochmals auf die bestehenden Regelungen hinzuweisen. Ferner wurde der Umgang mit Personen, die aus gesundheitlichen Gründen eine Registrierung versäumen bzw. absagen, besonders geregelt . Die Frage, ob eine Registrierung aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht möglich ist, ist künftig aufgrund einer ärztlichen Beurteilung zu beantworten. Der Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ist an eine erkennungsdienstliche Behandlung und die Ausstellung des Ankunftsnachweises gebunden. Nach dem Erlass vom 07.03.2017 soll die Auszahlung von Taschengeld in den Erstaufnahmeeinrichtungen nach einer durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung erfolgen. Kann im Einzelfall eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht zeitnah durchgeführt und damit ein Ankunftsnachweis nicht ausgestellt werden, sieht das AsylbLG nach § 11 Abs. 2a Satz 1 lediglich die Möglichkeit einer Leistungskürzung vor. Mithin können Leistungen vor einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht grundsätzlich vorenthalten werden. Das in dem sog. Selbstversuch erfolgte Vorgehen hat nicht dazu geführt, dass trotz des vorübergehenden Entziehens einer ED-Behandlung wegen einer angeblichen Erkrankung besondere soziale Leistungen (z.B. Taschengeld) in Anspruch genommen worden sind.