LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14995 03.05.2017 Datum des Originals: 03.05.2017/Ausgegeben: 08.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5796 vom 26. März 2017 der Abgeordneten Kirstin Korte CDU Drucksache 16/14705 Prognosen zum Lehrerarbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen: wieso lässt die Landesregierung eine offenbar veraltete Information über Einstellungschancen für Lehrkräfte bis 2030 auf der Internetseite des Ministeriums für Schule und Weiterbildung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gerade in der heutigen Zeit, in denen es an Lehrkräften mangelt, ist es für junge Menschen, die ein Lehramtsstudium anstreben, von großer Bedeutung zu erfahren, mit welchen Chancen auf Einstellung sie studieren bzw. an welchen Schulformen nach Abschluss des Studiums Lehrkräfte benötigt werden und mit welchen Fächerkombinationen. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung analysiert zuständigkeitshalber die Entwicklung am Lehrerarbeitsmarkt und veröffentlicht die Ergebnisse als Prognose der zukünftigen Beschäftigungsaussichten im Lehrerberuf in Nordrhein-Westfalen. Unter anderem sind entsprechende Hinweise auf der Homepage des Ministeriums zu finden. Leider hat sich die dort 2011 veröffentliche Prognose zu Einstellungschancen für Lehrkräfte bis 2030 inzwischen überholt. Bereits im Einleitungstext wird darauf hingewiesen, dass Modifikationen zu beachten sind. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5796 mit Schreiben vom 3. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wieso belässt die Landesregierung eine zumindest teilweise überholte Prognose zu Einstellungschancen für Lehrkräfte auf der Homepage des MSW? 2. In welchen Teilen ist die Prognose konkret überholt? Die Fragen 1 und 2 werden aus Gründen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14995 2 Die Lehrkräftebedarfsprognose, die 2011 im Bildungsportal veröffentlicht wurde, hat in weiten Teilen noch ihre Gültigkeit. Die Erstellung einer detailscharfen aktualisierten mittel- und langfristigen Lehrerbedarfsprognose konnte bislang wegen der erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Bedarfsentwicklungen in den jeweiligen Schulformen und Bildungsgängen nicht erfolgen. Neben den demographischen, bildungspolitischen (z. B. Veränderung der Schulstruktur) und konjunkturellen Unsicherheiten, die die Lehrkräftebedarfsprognose ohnehin in sich birgt, gab es zusätzlich für die Zukunft nur schwer vorhersehbare Entwicklungen, die einer Aktualisierung entgegenstanden. So stellte und stellt beispielsweise die unerwartet hohe Zuwanderung alle Beteiligten im Land, in den Kreisen und Kommunen vor Herausforderungen . Das Land hat zeitnah und sachangemessen auf diese Herausforderung reagiert und investiert erhebliche Mittel, um die Schulen mit zusätzlichen Ressourcen auszustatten. In 2015 und 2016 wurden hierfür insgesamt 6.431 zusätzliche Stellen geschaffen. Dies konnte in der Lehrkräftebedarfsprognose noch keine Berücksichtigung finden, so dass sich die Einstellungschancen gegenüber der Lehrerbedarfsprognose für Bewerberinnen und Bewerber tendenziell verbessert haben. 3. Zu welchen Schulformen/Fächerkombinationen rät die Landesregierung aktuell konkret Studierenden, die den Lehrerberuf anstreben? Bei Anfragen von Studierenden bzw. von Studienanfängern weist die Landesregierung mit Nachdruck darauf hin, dass Aussagen zum zukünftigen Lehrkräftebedarf stets mit demografischen , bildungspolitischen und konjunkturellen Unsicherheiten behaftet sind. Aktuell wird auch darauf hingewiesen, dass die weitere Entwicklung der Zuwanderung einen erheblichen Einfluss auf den Lehrerarbeitsmarkt haben wird. Zu den Einstellungschancen für die einzelnen Schulformen und Fächerkombinationen gilt Folgendes : Im Bereich des Lehramtes an Grundschulen spielt die Fachlichkeit aufgrund des Klassenlehrerprinzips nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt lässt sich für die Einstellungschancen an der Grundschule sagen, dass für Bewerberinnen und Bewerber eingeschränkte bis gute Beschäftigungsaussichten bestehen. Dies gilt für Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die gegenwärtig bzw. zukünftig ein Studium für das Lehramt an der Primarstufe aufnehmen möchten und erst in einigen Jahren dem Lehrerarbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Bewerberinnen und Bewerber, die aktuell ein 2. Staatsexamen für das Lehramt an Grundschulen vorweisen haben hingegen hervorragende Einstellungschancen. Innerhalb der Sekundarstufe I bestehen bis in die 2020er Jahre hinein sehr gute bis hervorragende Einstellungschancen. Lediglich die Fächer Textilgestaltung, Evangelische und Katholische Religionslehre Geographie, Geschichte und Biologie bieten geringe bzw. eingeschränkte Einstellungschancen. Werden diese Fächer jedoch mit den „Top-Fächern“ Deutsch, Mathematik oder Englisch kombiniert, erhöhen sich die Einstellungschancen erheblich. Anders als in der Sekundarstufe I sind die Einstellungschancen in der Sekundarstufe II nur begrenzt. Hier lassen sich die Beschäftigungsaussichten allerdings verbessern, wenn eine Lehrbefähigung für eines der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften-insbesondere Chemie oder Physik-, oder Technik) vorliegt. Innerhalb des Lehramtes für sonderpädagogische Förderung bestehen zwischen den sonderpädagogischen Fachrichtungen beträchtliche Unterschiede im Hinblick auf die Beschäftigungsaussichten . Die Fachrichtungen Hören und Kommunikation sowie Sehen (beides mit geringer quantitativer Bedeutung), vor allem aber Emotionale und soziale Entwicklung (mit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14995 3 großer quantitativer Bedeutung) bieten hervorragende Einstellungschancen, die Fachrichtungen Lernen und Geistige Entwicklung sehr gute (beides mit großer quantitativer Bedeutung). In den Fachrichtungen Sprache sowie Körperliche und motorische Entwicklung (beides mit mittlerer quantitativer Bedeutung) bestehen dagegen nur eingeschränkte Chancen, da hier mit einer ausreichenden Bewerberzahl zu rechnen ist. Für die gewerblich-technischen Fachrichtungen an den Berufskollegs besteht insgesamt ein – gemessen am Angebot – hoher Einstellungsbedarf, der allerdings so stark von konjunkturellen Einflüssen geprägt ist, dass er nicht verlässlich für die einzelnen Fachrichtungen prognostiziert werden kann. Gewerblich-technische Fachrichtungen bieten grundsätzlich gute Berufsaussichten . Auf Grund konjunktureller Schwankungen und struktureller Entwicklungen einzelner Branchen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Bewerberinnen und Bewerber mit bestimmten Fachrichtungen in einzelnen Jahren auf ungünstige Bedingungen stoßen und sich auf eine längerfristige Stellensuche einstellen müssen. Diese Einschränkungen relativieren sich jedoch dadurch, dass die Bewerberinnen und Bewerber durch den Praxisbezug ihrer Ausbildung häufig auch für Tätigkeiten außerhalb der Schule qualifiziert sind, was ein großer Vorteil im Vergleich zu den anderen Lehrämtern ist. Dessen ungeachtet bieten Fachrichtungen wie Maschinentechnik, Elektrotechnik, Technische Informatik, der Bereich Gesundheit sowie die Erzieherausbildung nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre dauerhaft hervorragende Einstellungschancen, während in der Fachrichtung Wirtschaft insgesamt der Markt eher ausgeglichen ist. Gleichwohl kann es in einzelnen wirtschaftlichen Disziplinen immer wieder zu Engpässen in der Lehrerversorgung kommen. Unter den allgemein bildenden Fächern bieten Englisch, Mathematik und Deutsch besonders gute Einstellungschancen. Kombinationen aus allgemein bildenden Fächern und beruflichen Fachrichtungen werden in hohem Maße von den Schulen nachgefragt. Es ist jedoch davon abzuraten, die individuelle Entscheidung für Lehramt und Fächer allein von den prognostizierten Einstellungschancen abhängig zu machen. Wer sich für ein Fach entscheidet, ohne sich für dessen Inhalte zu interessieren, wird entsprechend größere Schwierigkeiten haben, Studium und Vorbereitungsdienst (Referendariat) erfolgreich zu absolvieren. Erst recht wird es jedoch kaum gelingen, im späteren Berufsalltag Schülerinnen und Schüler für ein solches Fach zu begeistern. Insofern sind bei der Wahl von Lehramt und Fächern sowohl die persönlichen Präferenzen als auch die prognostizierten Berufsaussichten zu berücksichtigen. Im Idealfall gelingt es, beide Komponenten in Einklang zu bringen. Für die Bewerberinnen und Bewerber ist es hierbei von Vorteil, dass die individuellen Einstellungschancen insgesamt schon dann gut sind, wenn die Prognose für eines der – in der Regel zwei – Fächer günstige Beschäftigungsaussichten bietet. Dies ermöglicht bei sorgfältiger Auswahl des Zweitfaches also auch die Wahl eines eher ungünstigen Faches. Es ist jedoch anzunehmen, dass der spätere Unterrichtseinsatz überwiegend in dem stark nachgefragten Fach erfolgt. Die Einstellungschancen lassen sich bei allen Lehrämtern noch steigern, wenn man neben fachlichen Voraussetzungen auch weitere Fähigkeiten aufweist, die zum Profil der jeweiligen Schule passen. Darüber hinaus ermöglichen den Bewerberinnen und Bewerbern auch räumliche Mobilität und eine Flexibilität bei der Wahl des Einsatzortes, die Einstellungschancen zu erhöhen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14995 4 4. Wann plant die Landesregierung die Veröffentlichung einer neuen, an den aktuellen Gegebenheiten orientierten Prognose? Eine Aktualisierung der Lehrkräftebedarfsprognose hat eine hohe Priorität innerhalb der Vorhabenplanung . Sobald eine Überarbeitung vorgenommen werden konnte, wird eine aktualisierte Lehrerbedarfsprognose veröffentlicht. 5. Welche Möglichkeiten zur Information haben Studienanfänger in Nordrhein-Westfalen über Einstellungschancen für Lehrkräfte außer der veralteten Information auf der Homepage des Ministeriums? Neben der Lehrkräftebedarfsprognose informiert die Landesregierung auf dem „Bildungsportal “ umfangreich über den Lehrerberuf (https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Lehrkraft NRW/). Hier wird unter anderem auf die Info-Hotline „Zukunftsberuf Lehrer/in NRW“ verwiesen , die neben allgemeinen Informationen auch über den Lehrerarbeitsmarkt informiert. Zudem haben Studienanfängerinnen und Studienanfänger die Möglichkeit sich direkt an die Landesregierung bzw. an die Bezirksregierungen zu wenden und sich dort individuell über Einstellungschancen beraten zu lassen.