LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/150 28.06.2012 Datum des Originals: 27.06.2012/Ausgegeben: 03.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 39 vom 13. Juni 2012 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/77 Fordert die Landesregierung die Bezirksregierung dazu auf, die bestehende Rechtslage im Rahmen des §108a GO nicht umzusetzen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 39 mit Schreiben vom 27. Juni 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit dem Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts wurde ein neuer §108a in die Gemeindeordnung NRW (GO NRW) eingeführt. Diese Vorschrift zur Regelung der Arbeitnehmermitbestimmung fakultativer Aufsichtsräte in kommunalen Unternehmen ist erst über einen Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen nach der Anhörung am 5. November 2010 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, ohne dass zusätzlich Expertenmeinungen dazu eingeholt wurden . Das Gesetz ist seit dem 13. Dezember 2010 in Kraft. Mit Urteil vom 31.08.2011 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Weisungsrecht des Stadtrats gegenüber seinen Vertretern im Aufsichtsrat eines kommunalen Versorgungsbetriebs auch dann gegeben ist, wenn dies nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag des kommunalen Unternehmens geregelt ist. Das kommunale Weisungsrecht des § 113 GO NRW werde auch nicht durch den Gesetzesvorbehalt durch das Aktienrecht ausgehebelt. Dieses Urteil erhält durch den neu eigefügten §108a GO NRW eine neue Dimension, wodurch eine Änderung des §108a GO NRW nicht ausgeschlossen scheint. Dies sieht wohl LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/150 2 auch das Innenministerium so, denn die Bezirksregierungen werden durch das Innenministerium aufgefordert, aufgrund der aktuellen Rechtsprechung und etwaigen Änderungsbedarf bei bestehenden kommunalen Gesellschaften zunächst von aufsichtlichen Maßnahmen zu einer Anpassung der Gesellschaftsverträge an die bestehende Rechtslage abzusehen. 1. Wie bewertet die Landesregierung den Änderungsbedarf des § 108 a GO vor dem Hintergrund des Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 31.08.2011 - BVerwG 8 C 16.10? Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2011 - 8 C 16.10 - ergibt sich kein Änderungsbedarf für § 108 a GO NRW. In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die Weisungsgebundenheit der vom Rat in den fakultativen Aufsichtsrat einer kommunal beherrschten Gesellschaft entsandten Vertreter der Gemeinde bestätigt. Dieser Personenkreis ist von § 108 a GO NRW nicht erfasst. § 108 a GO NRW enthält ausschließlich Regelungen für Arbeitnehmervertreter in fakultativen Aufsichtsräten kommunal beherrschter Gesellschaften und unterwirft im Übrigen über die in Absatz 3 enthaltene Verweisung auf § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW auch diesen Personenkreis der Weisungsgebundenheit an Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Aufforderung an die Bezirksregierungen, entgegen der derzeitig geltenden Rechtslage eine Anpassung der Gesellschafterverträge nicht vorzunehmen, unter dem Hinweis auf eine geplante Gesetzesänderung des § 108 a GO? Eine Aufforderung an die Bezirksregierungen, entgegen der derzeitig geltenden Rechtslage eine Anpassung der Gesellschafterverträge nicht vorzunehmen, existiert nicht. Die Bezirksregierungen wurden mit Erlass vom 16.08.2011 darüber informiert, dass im politischen Raum eine Änderung des § 108 a GO NRW diskutiert wird und die Überlegungen hierzu noch nicht abgeschlossen sind. Das Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) hat die Bezirksregierungen - vor diesem Hintergrund gebeten, „bei bestehenden kommunalen Gesellschaften zunächst von aufsichtlichen Maßnahmen zu einer Anpassung der Gesellschaftsverträge an die bestehende Rechtslage abzusehen.“ Zur Begründung wurde angeführt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass mögliche Änderungen des § 108 a GO NRW zu einem weiteren Anpassungsbedarf in den Gesellschaftsverträgen führen. Die genannte Bitte des MIK ist vor dem Hintergrund der bekanntermaßen aufwendigen Verfahren zur Änderung von Gesellschaftsverträgen kommunal beherrschter Gesellschaften zu sehen und steht im Einklang mit dem in kommunalaufsichtlichen Verfahren geltenden Opportunitätsprinzip. 3. Inwiefern plant die Landesregierung Änderungen in Bezug auf § 108 a GO NRW? Der Koalitionsvertrag der nordrhein-westfälischen Landesverbände von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN thematisiert in Kapitel IX (Kommunen, Innen, Justiz) eine Novellierung des § 108 a GO NRW. Da die Landesregierung bislang noch keinen Beschluss über die Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Novellierung des § 108 a GO NRW gefasst hat, stehen weitere Einzelheiten derzeit nicht fest. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/150 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung die grundsätzliche Aufforderung an Bezirksregierungen , eine Anpassung an eine veränderte Rechtslage nicht vorzunehmen ? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Vorgang vor dem Hintergrund, dass § 108 a GO NRW im Rahmen der Änderungen im Gemeindewirtschaftsrecht erst durch einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ins Gesetzgebungsverfahren eingeführt wurde, ohne dass zu diesen komplexen Hinzufügungen Sachverständige angehört wurden? Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, den Ablauf parlamentarischer Beratungs- und Entscheidungsprozesse zu beurteilen.