LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15007 04.05.2017 Datum des Originals: 03.05.2017/Ausgegeben: 09.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5815 vom 27. März 2017 des Abgeordneten Christian Möbius CDU Drucksache 16/14738 Welche Mehrergebnisse sind in der Landeskasse angekommen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Pressekonferenz am 22. März 2017 hat der Finanzminister die Mehrergebnisse der Steuerfahndung und Betriebsprüfung der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung vorgestellt . Hiernach hat die Steuerfahndung seit 2010 ein Mehrergebnis von 4.957 Mio. Euro und die Betriebsprüfung seit 2010 38.689 Mio. Euro erzielt. 2016 hat die Steuerfahndung nach der Aufstellung des Finanzministers ein Mehrergebnis von 1.018 Mio. Euro erzielt. Hierzu lautet die Überschrift der Pressemitteilung des Finanzministers von 22. März 2017 „NRW-Steuerfahnder bescheren NRW über eine Milliarde Euro mehr in der Kasse“ Laut Angaben des Bundesfinanzministeriums (Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums vom 22.10.2015 im Zusammenhang mit den Ergebnissen der steuerlichen Betriebsprüfung 2014) ist ein Mehrergebnis der Ausdruck dafür, dass für einen ermittelten Sachverhalt eine andere Bemessungsgrundlage als die bislang zugrunde gelegte anzusetzen ist. Somit reicht für ein Mehrergebnis allein die Änderung der Bemessungsgrundlage, ob eine höhere Steuer festgesetzt wird und diese auch gezahlt wird, ist unerheblich. Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 5815 mit Schreiben vom 3. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15007 2 1. Wie wird der Begriff des „Mehrergebnisses“ definiert, der in der Pressekonferenz am 22. März 2017 vom Finanzminister verwendet wurde? Das Mehrergebnis wird bundeseinheitlich als Differenz zwischen den Steuern vor einer Außenprüfung auf der Grundlage einer abgegebenen Steuererklärung und den Steuern (nebst Zinsen) nach dem Ergebnis einer durchgeführten Prüfung definiert. Aufgrund der fiskalischen Bedeutung der Umsatzsteuer und Lohnsteuer für das gesamte Steueraufkommen gibt es für diese Steuerarten eigene Prüfungsdienste (Umsatzsteuer-Sonderprüfung und Lohnsteueraußenprüfung). Bei der Abgrenzung zur Tätigkeit der Steuerfahndung wurde in der Pressekonferenz aus Vereinfachungsgründen das Mehrergebnis der allgemeinen Betriebsprüfung, der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sowie der Lohnsteueraußenprüfung als das Mehrergebnis der Betriebsprüfung zusammengefasst. Zudem wurden die nach Steuerfahndungsprüfungen festgesetzten Geldauflagen, Geldstrafen und Geldbußen in die Berechnung einbezogen. 2. In welcher Höhe stehen den Mehrergebnissen von insgesamt 43.646 Mio. Euro der Jahre 2010 bis 2016 der Steuerfahndung und Betriebsprüfung tatsächlich gezahlte Steuerfestsetzungen gegenüber? (Bitte nach Steuerfahndung und Betriebsprüfung sortieren und auf die Jahre 2010 bis 2016 aufteilen) Die Frage, in welcher Höhe die festgesetzten Steuern gezahlt werden, hängt von vielen zusätzlichen Faktoren ab, die bei der statistischen Erfassung des Mehrergebnisses keine Rolle spielen (beispielsweise Änderung der Steuerfestsetzung aufgrund erfolgreicher Einsprüche oder Klagen, fehlende Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen). Für die Betriebsprüfung gilt: Hinsichtlich etwaiger Änderungen aufgrund erfolgreicher Rechtsbehelfsverfahren wurden bis zum Jahr 2005 Abweichungen von den festgestellten Mehr- (Minder -) Steuern aus Vorjahren – zusammengefasst - in der Bundesstatistik der allgemeinen Betriebsprüfung in einer gesonderten Rubrik ausgewiesen. In den Jahren 2003 bis 2005 stellten sich die Abweichungen bundesweit wie folgt dar: Jahr Im Berichtszeitraum festgestellte Mehr- (Minder-) Steuern Abweichungen von den festgestellten Mehr- (Minder-) Steuern aus Vorjahren Anteil der Abweichungen 2003 14.260.768.476 € -132.704.516 € -0,93 % 2004 13.303.364.066 € -198.828.320 € -1,49 % 2005 13.534.418.774 € -84.339.013 € -0,62 % Die Tatsache, dass einerseits die Korrektur von Mehrergebnissen aus Vorjahren in der Betriebsprüfungspraxis von untergeordneter Bedeutung ist und andererseits die Erhebung dieser Daten einen ganz erheblichen Aufwand in den Finanzämtern erforderte, hat dazu geführt, dass ab dem Jahr 2006 diese Kenngröße in der Bundesstatistik ersatzlos gestrichen wurde und daher seitdem auch in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erfasst wird. Zur Frage der Zahlungsfähigkeit weise ich für den Bereich der Betriebsprüfung darauf hin, dass die Mehrergebnisse ganz überwiegend auf Prüfungsfälle der Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung entfallen. Bei Konzernen und Großbetrieben kann davon ausgegangen werden, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15007 3 3. Werden Mehrergebnisse auch pauschal ermittelt, beispielsweise in Steuerfällen, in denen keine tatsächliche Steuer festgesetzt wird (Feststellungsfälle, Kürzung von Verlustvorträgen)? (Bitte detailliert beschreiben) 4. In welcher Höhe sind pauschale Mehrergebnisse in dem Mehrergebnis von insgesamt 43.646 Mio. Euro enthalten? (Bitte nach Steuerfahndung und Betriebsprüfung sortieren und auf die Jahre 2010 bis 2016 aufteilen) Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Steuerfahndung In Feststellungsfällen kann gemäß den bundeseinheitlichen Maßstäben für die Erstellung der Jahresstatistik der Steuerfahndung das auf die Beteiligten an einer Personengesellschaft/-gemeinschaft entfallende Prüfungsergebnis im Schätzwege ermittelt werden. Voraussetzung ist, dass an der Gesellschaft/Gemeinschaft mehr als fünf Personen beteiligt sind, die Beteiligung weniger als 25 v.H. beträgt und der Beteiligte nicht beim Finanzamt der Gesellschaft/Gemeinschaft steuerlich geführt wird. In diesen Fällen ist die Einkommensteuer regelmäßig mit 35 v.H. der Mehr- oder Mindereinkünfte zu schätzen. Die Kürzung von Verlustvorträgen ist im festgestellten Mehrergebnis nicht enthalten. Zur Höhe der geschätzten steuerlichen Mehrergebnisse in Feststellungsfällen liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. Betriebsprüfung Nach den bundeseinheitlichen Statistikgrundsätzen für die Betriebsprüfung können in Feststellungsfällen aus Vereinfachungsgründen die auf einen Beteiligten entfallenden Mehr-(Minder -)Steuern durch Schätzung ermittelt werden, wenn der Beteiligte nicht bei dem Finanzamt der Gesellschaft steuerlich geführt wird. Unabhängig von der vorgenannten Regelung können die Mehrsteuern auch dann geschätzt werden, wenn der Gesellschaft mehr als 10 Gesellschafter angehören, die bei dem für die Gesellschaft zuständigen Finanzamt steuerlich geführt werden. Die Einkommensteuer ist dabei regelmäßig mit 35 v.H. der Mehr- oder Mindereinkünfte zu schätzen. Bei der Kürzung von Verlustvorträgen findet keine pauschale Ermittlung des Mehrergebnisses statt. Stattdessen werden Verluständerungen in der Bundesstatistik der allgemeinen Betriebsprüfung gesondert ausgewiesen. Von 2010 bis 2016 wurden im Rahmen von Betriebsprüfungen per Saldo zu Lasten der Steuerpflichtigen die folgenden Verlustkürzungen vorgenommen: Jahr Betrag 2010 5.397.530.606 € 2011 6.550.001.759 € 2012 2.716.381.235 € 2013 4.334.754.167 € 2014 5.564.373.089 € 2015 7.451.321.935 € 2016 3.669.959.827 € Summe 35.684.322.618 € LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15007 4 Die Verlustkürzungen sind im festgestellten Mehrergebnis von insgesamt 43.646 Mio. Euro nicht enthalten. Zur Höhe der geschätzten steuerlichen Mehrergebnisse in Feststellungsfällen liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. 5. In welcher Höhe sind in dem Mehrergebnis von 43.646 Mio. Euro Beträge enthalten , die auf das Gewerbesteueraufkommen entfallen? (Bitte nach Steuerfahndung und Betriebsprüfung sortieren und auf die Jahre 2010 bis 2016 aufteilen) Im Gesamtergebnis der Steuerfahndung i.H.v. 4.957 Mio. Euro sind rund 269 Mio. Gewerbesteuer enthalten. Jahr Betrag 2010 27.079.492 € 2011 28.573363 € 2012 44.468.749 € 2013 28.853.038 € 2014 47.519.193 € 2015 47.430334 € 2016 45.075.356 € Summe 268.999.525 € Im Gesamtmehrergebnis der Betriebsprüfung von 38.689 Mio. Euro sind 8.135 Mio. Euro Gewerbesteuer enthalten: Jahr Betrag 2010 1.159.567.287 € 2011 1.189.644.305 € 2012 928.583.122 € 2013 1.393.441.346 € 2014 1.132.499.446 € 2015 1.377.946.437 € 2016 953.786.269 € Summe 8.135.468.212 €