LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15010 04.05.2017 Datum des Originals: 03.05.2017/Ausgegeben: 09.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5830 vom 5. April 2017 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/14797 Ausweisung von straffälligen Ausländern in Nordrhein-Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ist am 1. August 2015 in Kraft getreten. Damit wurden zahlreiche Änderungen im Aufenthalts- und Asylrecht vorgenommen, unter anderem im Bereich der Aufenthalts- und Einreiseverbote, des Aufenthalts zum Zwecke der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, des Aufenthalts von Resettlement-Flüchtlingen und des Ausreisegewahrsams. Mit diesem Gesetz wurde auch das Ausweisungsrecht neu geordnet. Eine Ausweisung wird danach verfügt, wenn das Ausweisungsinteresse unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Bleibeinteresse überwiegt. Die Reform des Ausweisungsrechts ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten, wurde allerdings durch eine weitere Reform des Ausweisungsrechts ergänzt, die mit dem Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern am 12. März 2016 in Kraft getreten ist. Kriminelle Ausländer können dadurch schneller ausgewiesen werden. Nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln hatten sich der Bundesinnen- und der Bundesjustizminister auf die neuen Regelungen geeinigt. Das Gesetz ist am 17. März 2016 in Kraft getreten. Damit wurde das Asyl- und Ausweisungsrecht gegenüber kriminellen Ausländern verschärft, indem bereits bei geringeren Straftaten das Ausweisungsinteresse begründet wird sowie indem die Versagung der Anerkennung als Flüchtling bei der Erreichung bestimmter Strafbarkeitsschwellen erleichtert wurde. In Bezug auf Ausweisungen sieht das Gesetz vor, dass ausländische Straftäter künftig ausgewiesen werden können, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden - unabhängig davon , ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde oder nicht. Das gilt bei Straftaten gegen das Leben, gegen die körperliche Unversehrtheit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15010 2 bei Angriffen auf Polizisten. Auch Eigentumsdelikte wie Diebstahl können zur Ausweisung führen , wenn sie unter Anwendung von Gewalt oder von Serientätern verübt werden. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5830 mit Schreiben vom 3. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Wirkung der Reform des Ausweisungsrechts zunächst durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung zum 01.08.2015 sowie durch das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern zum 12.03.2016? Durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ist das Ausweisungsrecht (mit Wirkung vom 01.01.2016) grundlegend neu geregelt worden. Mit der Abkehr vom bisherigen dreistufigen System der Ist-, Regel- und Ermessensausweisung hat der Gesetzgeber die Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzlich nachvollzogen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit hat nunmehr jeder Ausweisung eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorauszugehen. Ein Automatismus in der Weise, dass bestimmte Sachverhalte zwingend zu einer Ausweisung führen, verbietet sich (vgl hierzu auch BT-Drs. 18/4097, Seite 49ff). Dies gilt weiterhin auch nach Inkrafttreten des Folgegesetzes am 17.03.2016. Die Frage, ob sich ein Ausländer rechtstreu verhalten hat, ist seitdem immer ausdrücklicher Bestandteil der Gesamtabwägung. Das Strafmaß, das ein besonders schwerwiegendes bzw. ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse begründet, ist abgesenkt worden. Unter dem Eindruck der vorangegangenen Silvesternacht haben außerdem Verurteilungen wegen Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, die mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen wurden, ausdrücklich Eingang in den Katalog der Sachverhalte gefunden, die ein besonders schwerwiegendes bzw. schwerwiegendes Ausweisungsinteresse begründen. Mit den Ausweisungsinteressen sind jeweils die (besonders schwerwiegenden bzw. schwerwiegenden ) Bleibeinteressen nach § 55 AufenthG im Einzelfall abzuwägen. Mit der grundsätzlichen Reform des Ausweisungsrechts durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ist insbesondere den von der Rechtsprechung in den letzten Jahren entwickelten Maßstäben Rechnung getragen worden. Dies hat gleichzeitig dazu beigetragen, die in der Anwendung der „alten“ Ausweisungsvorschriften entstandenen Rechtsunsicherheiten zu beheben. Die weiteren Wirkungen der Reformen bleiben abzuwarten. 2. In wie vielen Fällen wurde jeweils in den Monaten seit August 2015 eine Ausweisungsverfügung erlassen? 3. In wie vielen dieser Fälle wurde die Ausweisungsverfügung auch vollstreckt, durch das freiwillige oder unfreiwillige Verlassen Deutschlands? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15010 3 4. Aus welchen Herkunftsländern stammten die Personen, gegen die eine Ausweisung verfügt wurde? Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Die Landesregierung verfügt nicht über die für eine Beantwortung der Fragestellungen notwendigen Auswertungsmöglichkeiten des Ausländerzentralregisters (AZR). Das insofern zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat in Beantwortung einer entsprechenden Anfrage auf die BT-Drs. 18/11112 hingewiesen und im Übrigen Folgendes mitgeteilt: „Ich muss um Verständnis bitten, dass Ihnen das Bundesamt darüber hinaus keinen Beitrag zur Verfügung stellen kann. Das BAMF als Bundesbehörde unterliegt nicht der parlamentarischen Kontrolle durch das Parlament des Landes Nordrhein-Westfalen. Eine freiwillige mögliche Beantwortung ist uns leider aufgrund der sehr hohen Arbeitsbelastung im Bundesamt vor dem Hintergrund der gestiegenen Asylzugänge gegenwärtig nicht möglich.“ 5. In wie vielen Fällen seit März 2016 wurde auch aufgrund des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern die Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern ausgeschlossen? Über die Flüchtlingsanerkennung entscheidet das BAMF im Rahmen des Asylverfahrens. Die Frage betrifft somit einen Sachverhalt, der nicht in die Zuständigkeit der Landesregierung fällt.