LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15012 04.05.2017 Datum des Originals: 03.05.2017/Ausgegeben: 09.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5800 vom 27. März 2017 des Abgeordneten Dr. Marcus Optendrenk CDU Drucksache 16/14709 Ist der Personalabbau im Schulbereich das Ergebnis einer politischen Steuerung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zum Ende des Jahres 2016 waren fast 10.000 Stellen im Landesdienst unbesetzt. Hiervon entfallen über 4.300 Stellen auf den gesamten Schulbereich. Im Vergleich zur Besetzung zum Ende des Jahres 2015 sind in der Summe sogar im gesamten Schulbereich netto fast 340 Stellen abgebaut worden. Die Landesregierung hat für die personelle Ausstattung in den Schulen und den damit verbundenen Stellenabbau eine neue Erklärung. Der Finanzminister hat hierzu in der Antwort auf die Kleine Anfrage 5487 (Drucksache 16/14195) ausgeführt: „Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass derzeit der aktuelle Stellenbedarf im Vergleich zum prognostizierten Bedarf geringer ausfällt. Deswegen ist eine angepasste Stellenzuweisung an die Bezirksregierungen erfolgt. Auf Grund der nicht prognostizierbaren Zuwanderung ist z.B. für den Haushalt 2017 ein Puffer von 570 Stellen mit Sperrvermerk gebildet worden. Die Zuwanderung ist nicht in dem Umfang erfolgt, wie in 2015 auf Grund der damaligen Erkenntnisse für das Jahr 2016 prognostiziert wurde. […] Auf Grund eines im Vergleich zum prognostizierten Bedarf derzeit geringer ausfallenden Bedarfs (Die Zuwanderung ist nicht in dem Umfang erfolgt, wie in 2015 auf Grund der damaligen Erkenntnisse für das Jahr 2016 prognostiziert wurde.) ist eine entsprechend angepasste Stellenzuweisung erfolgt (z.B. Pädagogische Übermittagbetreuung, Grundbedarf).“ Auch die Rheinische Post hat die Aussagen des Finanzministers aufgegriffen und hierzu am 8. März über den Personalabbau im Schulbereich berichtet: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15012 2 „Der Finanzminister verwies darauf, dass in den Schulen weniger Stellen gebraucht würden als erwartet, weil doch nicht so viele Zuwanderer gekommen seien wie geplant.“ (siehe auch: http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/fast-10000-stellen-im-nrwlandesdienst -unbesetzt-aid-1.6673525) Im Gegensatz steht dazu die Pressemitteilung der Landesregierung vom 6. Februar 2017 (Presseinformation 92/2/2017). In dieser Mitteilung wird die Schulministerin wie folgt zitiert: „Die Landesregierung schöpft alle Möglichkeiten aus, damit die Schulen in Nordrhein- Westfalen freie Lehrerstellen so rasch wie möglich besetzten können. Wir haben verschiedene Maßnahmen beschlossen, um Besetzungsverfahren weiter zu optimieren und zu beschleunigen. Wir geben den Schulen damit Instrumente an die Hand, um auf arbeitsmarktbedingte, örtliche, schulform- oder fächerbezogene Herausforderungen reagieren zu können. Außerdem greifen wir Vorschläge aus der Schulpraxis zur Flexibilisierung auf. [...] In dieser Situation wollen wir nichts unversucht lassen, um die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern zu erleichtern.“ Im Weiteren führt die Pressemitteilung aus, dass durch eine Änderung gesetzlicher Bestimmungen und auf dem Erlasswege attraktivitätssteigernde Maßnahmen umgesetzt werden sollen, damit Ruheständler für den aktiven Dienst gewonnen werden können bzw. Lehrerinnen und Lehrer ihren Ruhestand hinausschieben. Diese Maßnahmen werden von der Schulministerin ergriffen, weil offensichtlich die vielen unbesetzten Stellen sonst nicht besetzt werden können. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5800 mit Schreiben vom 3. Mai 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung betreibt im Schulbereich keinen Personalabbau. Die Landesregierung setzt vielmehr einen deutlichen und spürbaren Schwerpunkt im Bildungsbereich, um das nordrhein-westfälische Schulsystem so auszugestalten, dass es den Anforderungen der Zukunft gerecht wird und bestmögliche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen bietet. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Landesregierung seit Übernahme der Regierungsverantwortung im Jahr 2010 konsequent in die Verbesserung des Schulsystems investiert. Dabei wurden die durch den Rückgang der Schülerzahlen entstandenen demographischen Effekte in Höhe von derzeit rund 10.400 Stellen unter Berücksichtigung von bildungspolitischen Prioritätensetzungen gezielt für die Qualitätsentwicklung, für pädagogische Innovationen und zur Verbesserung der Unterrichtssituation eingesetzt. Bei der Priorisierung von bildungspolitischen Maßnahmen wurde vorrangig der parteiübergreifend von CDU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN am 19.07.2011 erzielte Schulkonsens berücksichtigt. Die im Schulkonsens getroffenen Vereinbarungen beziehen sich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15012 3 insbesondere auf die Einführung der Sekundarschule, eine schrittweise Absenkung der Klassenfrequenzrichtwerte für das Gymnasium, die Gesamtschule und die Realschule sowie für die Grundschule und auf die Fortsetzung des Prozesses zur inklusiven Schule. Die unerwartet hohe Zuwanderung stellte und stellt auch weiterhin alle Beteiligten im Land, in den Kreisen und Kommunen vor Herausforderungen. Das Land hat zeitnah und sachangemessen auf diese Herausforderung reagiert und investiert erhebliche Mittel, um die Schulen mit zusätzlichen Ressourcen auszustatten. Von 2015 bis 2017 wurden hierfür insgesamt 7.343 zusätzliche Stellen bereitgestellt. Von den o.g. zusätzlichen Stellen sind 4.124 Stellen für die Abdeckung des erhöhten Grundbedarfs der Schulen vorgesehen. Diese Stellen kommen allen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen zugute. 1.500 der Stellen werden insbesondere für die Sprachförderung bereitgestellt (Integrationsstellen). Auf diesen Stellen werden überwiegend Lehrerinnen und Lehrer mit Kenntnissen im Bereich Deutsch als Zweitsprache oder Deutsch als Fremdsprache beschäftigt. Diese Lehrkräfte sollen Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien oder in vergleichbaren Lebenssituationen unterrichten, sie gezielt bei der Erlernung der deutschen Sprache unterstützen und so auf den Regelunterricht vorbereiten. Ferner wurden mit den Haushalten 2016 und 2017 u.a. 985 zusätzliche Stellen für die Inklusion (295 für das Changemanagement, 690 für das Stellenbudget für Lern- und Entwicklungsstörungen) und 726 zusätzliche Stellen für multiprofessionelle Teams eingerichtet. Darüber hinaus wurden zusätzliche Ressourcen für den Ausbau des Offenen Ganztags in der Grundschule sowie für den Ganztag in der Sekundarstufe I, die Schulpsychologie, die Kommunalen Integrationszentren, einen weiteren Ausbau der Leitungszeit sowie für die Fachberaterinnen und Fachberater und für Moderatorinnen und Moderatoren für die Lehrerfortbildung bereitgestellt. 1. Ist der Verweis des Finanzministers mit der Ministerpräsidentin und der Schulministerin abgestimmt worden, dass in den Schulen weniger Stellen gebraucht würden als erwartet, weil doch nicht so viele Zuwanderer gekommen seien wie geplant? Ja. 2. Inwiefern sind die unbesetzten Stellen/Planstellen von über 4.300 im gesamten Schulbereich zum Ende des Jahres 2016 einschließlich des Nettoabbaus von fast 340 Planstellen/Stellen das Ergebnis einer politischen Steuerung, weil „der aktuelle Stellenbedarf im Vergleich zum prognostizierten Bedarf geringer ausfällt“? Bei der genannten Differenz von 340 handelt es sich um den Unterschied in der tatsächlichen Besetzung zu den Stichtagen 1.1.2016 und 1.1.2017. Ein Stellenabbau ist nicht erfolgt. Es ist kein Ergebnis einer politischen Steuerung, sondern reguläres Verwaltungshandeln, wenn sich herausstellt, dass die tatsächliche Bedarfslage von der bei Haushaltsaufstellung prognostizierten Bedarfslage abweicht und entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen ergriffen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15012 4 3. Inwiefern beabsichtigt die Landesregierung Planstellen und Stellen in den Schulen zu streichen, weil „der aktuelle Stellenbedarf im Vergleich zum prognostizierten Bedarf geringer ausfällt“? Über die Stellenzahl im Schulbereich wird im Rahmen der Aufstellung künftiger Haushalte unter Berücksichtigung der aktuell ausgebrachten kw-Vermerke und der Bedarfsentwicklung zu entscheiden sein. 4. Wie viele Planstellen/Stellen sind in der gesamten Landesverwaltung im Rahmen des aktuellen Stellenbesetzungsverfahrens ausgenommen, weil „der aktuelle Stellenbedarf im Vergleich zum prognostizierten Bedarf geringer ausfällt“? (Bitte einzeln nach Einzelplan, Kapitel und Behörde mit der jeweiligen Anzahl und Wertigkeit aufschlüsseln) Die Ermittlung entsprechender Daten der Landesverwaltung übersteigt den Aufwand deutlich, der im Rahmen der vorgegebenen Frist für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage geleistet werden kann. 5. Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen der Aussage des Finanzministers in der Antwort auf die Kleine Anfrage, dass „der aktuelle Stellenbedarf im Vergleich zum prognostizierten Bedarf geringer ausfällt“, mit der Pressemitteilung der Schulministerin „In dieser Situation wollen wir nichts unversucht lassen, um die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern zu erleichtern“? Der hier konstruierte Widerspruch existiert nicht. Alle freien und besetzbaren Stellen können besetzt werden. Dabei werden die rechtlichen Vorgaben in der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG berücksichtigt.