LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15064 26.05.2017 Datum des Originals: 24.05.2017/Ausgegeben: 31.05.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5849 vom 10. April 2017 der Abgeordneten Christof Rasche, Ralf Witzel und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/14856 Beförderungs- und Stellenbesetzungsblockade in der Kreispolizeibehörde Soest – Wie lange nimmt die Landesregierung noch die vorherrschenden Benachteiligungen aufgrund der verfassungswidrigen Frauenquote billigend in Kauf? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beförderungsstellen kommt innerhalb einer Verwaltung eine wichtige Bedeutung zu, um den leistungsorientierten Bediensteten im öffentlichen Dienst regelmäßig Aufstiegsperspektiven zu ermöglichen, das Personal an die Dienststelle zu binden, die Betroffenen zu motivieren und ihnen auch eine positive Entwicklung bei ihren eigenen Bezügen zu ermöglichen. Daher ist es wünschenswert, dass die Beförderungsstellen in den Ressortbereichen so bemessen sind und planungssicher ausgebracht werden, dass sie den leistungsbereiten Bediensteten kontinuierlich neue Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Für die Polizei ist dieser Aspekt nun aufgrund der angespannten Einsatzlage und damit verbundener Dauerbelastungen aktuell von besonders großer Bedeutung für die Motivation der Beamten. Prinzipiell gilt, dass Beförderungen im Hinblick auf Eignung, Leistung und Befähigung dem Leistungsgrundsatz unterliegen. Einem Bediensteten wird demnach eine neue berufliche Funktion zugetraut, wenn er sich auf seiner bisherigen Position bewährt hat. Der sogenannte Bewährungsaufstieg ist im Öffentlichen Dienst die Bezeichnung für die Einreihung in eine höhere Laufbahngruppe oder für eine Höhergruppierung bei Angestellten, wenn sich jeweils der Betroffene den Anforderungen der bisherigen Position gewachsen gezeigt hat. Jegliche Beförderung ist jedoch stets abhängig von einer freien und besetzbaren avisierten Planstelle. Beförderungen unterliegen in der Regel der Mitbestimmung des Personalrates. Seit dem 1. Juli 2016 bestimmt ferner eine deutlich verschärfte Frauenquote die Beförderungsoptionen für die Landesbediensteten, die sogar vorsieht, dass innerhalb einer Vergleichsgruppe eine leistungsschlechtere Frau einem leistungsbesseren Mann vorzuziehen ist. Diese Abkehr vom Leistungsprinzip und Beamtenrecht hält die FDP-Landtagsfraktion für verfassungswidrig und für in hohem Maße demotivierend für die davon nachteilig betroffenen männlichen Beamten. Die neuen Vorschriften enthält das sogenannte Dienstrechtsmodernisierungsgesetz. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15064 2 Die Rechtsauffassung der FDP-Landtagsfraktion haben in den letzten Wochen bereits alle Entscheidungen von Verwaltungsgerichten in Nordrhein-Westfalen und unlängst auch des Oberverwaltungsgerichts Münster explizit bestätigt. In allen zugrundeliegenden Fällen haben sich diskriminierte Männer gegen die Bevorzugung von leistungsschlechteren weiblichen Kolleginnen gewandt. Mit Erfolg: Die Verfassungswidrigkeit der hoch umstrittenen rot/grünen Neuregelung zur Frauenquote ist bislang von allen damit befassten Gerichten in unserem Bundesland bestätigt worden. In den letzten Wochen haben verständlicherweise bereits rund 70 Polizeibeamte landesweit Rechtsmittel gegen ihre neue Benachteiligung eingelegt, und weitere dürften zeitnah folgen. Nach Angaben der Landesregierung (vgl. LT-DS 16/14620) ist von der Klagewelle gegen die Frauenquote und die damit verbundene Blockade von Beförderungen / Stellenbesetzungen auch die Kreispolizeibehörde Soest betroffen. Während der Finanzminister im Bereich seiner eigenen Finanzverwaltung kontinuierlich mit Beförderungswellen zumindest vorübergehend bis zur Landtagswahl im Mai für eine gewisse Abhilfe sorgt, gibt es seit den vorgezogenen rund 2.200 Beförderungen im Jahr 2016 bei der Polizei derzeit keine bekannten Maßnahmen zur Problemlösung. Auch vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, dass sich die Landesregierung konsequent weigert, die eigentliche Problemursache mit dem neuen § 19 (6) LBG, endlich zu beseitigen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Landesregierung aufgefordert, die letzte OVG- Entscheidung zu akzeptieren, statt das eigene Gesetz jetzt dem Verfassungsgerichtshof in Münster zur Prüfung vorzulegen. In einer Stellungnahme heißt es dazu: „Der angekündigte Gang vor den Verfassungsgerichtshof schadet nur den Frauen, weil alle Beförderungsentscheidungen, die auf den geänderten Kriterien zur Frauenförderung basieren, sofort von den Gerichten wieder gekippt werden. (…) Was wir stattdessen brauchen, ist ein Neustart in der Frauenförderung. Die GdP dringt deshalb darauf, dass der Landtag die wenigen bis zur Wahl verbleibenden Sitzungstermine nutzt, um den im vergangenen Jahr verabschiedeten neuen Paragrafen 19 Absatz 6 Landesbeamtengesetz wieder aufzuheben.“ Der Bund der Kriminalbeamten (BDK) in Nordrhein-Westfalen schreibt zu dieser Problematik in seinem Internetauftritt: „Die Landesregierung hat sich und der Polizei mit diesem Gesetz einen Bärendienst erwiesen. Die eigentlichen Probleme der Frauenförderung werden damit nicht gelöst, sehr wohl aber neue geschaffen. Hier wurde auf dem Rücken von Kolleginnen und Kollegen Symbolpolitik betrieben, um vermeintliche politische Erfolgsmeldungen zu generieren. Die Hoffnung, der Landesgesetzgeber werde nun Vernunft walten lassen, wird sich indes nicht erfüllen. Die Entscheidung der Landesregierung ist gleich auf mehrfache Weise abenteuerlich. (…) Vor allem aber ist das Agieren der Landesregierung mindestens unredlich. Dass ein schlecht gemachtes, verfassungswidriges Gesetz und eine angebliche Frauenförderung, die keine ist, aus wahltaktischen Gründen aufrechterhalten werden, geht zu Lasten hunderter Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei und in der Finanzverwaltung. Man sollte meinen, dass allen Beteiligten klar sein sollte, dass in diesen Zeiten eine derartige Demotivation der Polizei tunlichst vermieden werden sollte.“ Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat sich inhaltlich vergleichbar kritisch geäußert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15064 3 Immer mehr Polizeibeamte in Nordrhein-Westfalen erwarten die umgehende Abschaffung der unhaltbaren Frauenquote, um endlich wieder gerechte und leistungsorientierte berufliche Aufstiegschancen zu erhalten. Bei der Polizei ist die Lage derzeit besonders unbefriedigend, da aufgrund einer in den jeweiligen örtlichen Behörden stark abweichenden Praxis bei der Anwendung der Frauenquote eine große Unsicherheit und Willkür bei Stellenbesetzungen und Beförderungen herrscht. Der Innenminister, der federführend selbst mit verantwortlich für die neue Gesetzesänderung ist, sollte daher Parlament und Öffentlichkeit transparent darlegen, wie sich der Sachverhalt vor Ort die Kreispolizeibehörde Soest konkret auswirkt. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5849 mit Schreiben vom 24. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Für die nachfolgenden Darstellungen wurde ausschließlich der Polizeivollzugsdienst in den Blick genommen. 1. Wie viele Polizeibeamte sind von der Stellenbesetzungs- bzw. Beförderungsblockade und ihren Konsequenzen bislang in der Kreispolizeibehörde Soest insgesamt betroffen? (bitte unter Nennung der jeweils beklagten Positionen / Besoldungsgruppen ) Bei der Kreispolizeibehörde Soest sind mit heutigem Stichtag zwei Klagen aufgrund von § 19 Abs. 6 LBG anhängig. Zahlen zu den nicht besetzten Planstellen liegen der Landesregierung nicht vor. Die darüber hinaus erbetenen Daten liegen der Landesregierung nicht vor, da die Zuständigkeit für die Beförderungen in der Laufbahngruppe 2.1 bei der jeweiligen Polizeibehörde liegt. Für die Ermittlung sind die Verwaltungsvorgänge dort händisch auszuwerten. Dies erfordert einen hohen zeitlichen und personellen Verwaltungsaufwand, der innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist. In der Laufbahngruppe 2.2 sind keine Klagen aufgrund von § 19 Abs. 6 LBG anhängig gewesen . 2. Wie rechtfertigt der Innenminister mit dem von ihm gewollten Fortbestand der neuen Frauenquote gegenüber den betroffenen Polizeibeamten, die trotz ihrer besseren Wertsumme in der Leistungsbeurteilung auf lange Dauer nicht befördert werden , diese demotivierende Situation? Der Landesgesetzgeber hat sich bei der Neuregelung des § 19 Abs. 6 LBG NRW ausdrücklich auf den Verfassungsauftrag zur Herstellung der praktischen Konkordanz zwischen Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG berufen, da Frauen in Führungsämtern weiterhin unterrepräsentiert sind. Trotz hoher Werte in den Eingangsämtern nimmt der Frauenanteil mit zunehmender Hierarchiestufe systematisch ab. Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung, die Karrierechancen für Frauen zu verbessern. Zweck der gesetzlichen Regelung ist die Herstellung von Chancengleichheit auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. Papier. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15064 4 3. Wie setzt sich die Anzahl aller Bediensteten, differenziert nach Besoldungsgruppen und Laufbahnen, in der Kreispolizeibehörde Soest aktuell jeweils nach Geschlecht zusammen? (bitte vollständige Darstellung der Personalstruktur nach Geschlecht zum letzten verfügbaren Erhebungstermin) Eine aktuelle Auswertung der erbetenen Daten für die Bediensteten der Polizeibehörden liegt der Landesregierung nicht vor. Hierfür müsste eine umfängliche Abfrage in den Polizeibehörden durchgeführt werden, die in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist. 4. Wie viele Beförderungen sind in der Kreispolizeibehörde Soest jeweils jährlich in den letzten fünf Jahren, differenziert nach den einzelnen Besoldungsgruppen, männlich bzw. weiblich gewesen? 5. Wie viele Beförderungsentscheidungen sind für den Bereich der Kreispolizeibehörde Soest ab Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung ab 1. Juli 2016 anders getroffen worden als es ohne die Gesetzesänderung nach altem Recht der Fall gewesen wäre? (bitte unter konkreter Angabe der betroffenen Sachverhalte wie beispielsweise Beförderung von A 10 nach A 11) Die Fragen 4 und 5 werden zusammengefasst beantwortet: Die erbetenen Daten liegen der Landesregierung nicht vor, da die Zuständigkeit für die Beförderungen in der Laufbahngruppe 2.1 bei der Polizeibehörde liegt. Für eine Ermittlung der erbetenen Daten zu Frage 4 sind dort alle Verwaltungsvorgänge zu den in den letzten fünf Jahren durchgeführten Beförderungen händisch auszuwerten. Zu Frage 5 sind neben der Ermittlung der tatsächlichen Zahlen, fiktiv Auswahlentscheidungen nach altem Recht neu zu erstellen und entsprechende Auswertungen durchzuführen. Dies erfordert einen hohen zeitlichen und personellen Verwaltungsaufwand, der innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist.