LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15078 29.05.2017 Datum des Originals: 24.05.2017/Ausgegeben: 01.06.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5878 vom 13. April 2017 des Abgeordneten Andreas Terhaag FDP Drucksache 16/14868 Beförderungs- und Stellenbesetzungsblockade in Krefeld – Wie lange nimmt die Landesregierung noch die vorherrschenden Benachteiligungen aufgrund der verfassungswidrigen Frauenquote billigend in Kauf? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Leistungsorientierte Bedienstete im öffentlichen Dienst sollen an die Dienststellen gebunden werden. Um die Betroffenen zu motivieren und ihnen auch eine positive Entwicklung bei ihren eigenen Bezügen zu ermöglichen, müssen regelmäßig Aufstiegsperspektiven ermöglicht werden. Hierzu ist es unerlässlich, dass in der Verwaltung Beförderungsstellen ausgeschrieben , in den Ressortbereichen so bemessen sind und planungssicher ausgebracht werden, dass sie den leistungsbereiten Bediensteten kontinuierlich neue Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Bei der Polizei, der Feuerwehr und in der kommunalen Verwaltung ist dieser Aspekt aufgrund von angespannter Einsatzlage, Personalabbau und gestiegener Aufgabenvielfalt im Resultat eine höhere Dauerbelastung zu Lasten der Motivation und Leistungsbereitschaft der Beamten. Grundsätzlich gilt, dass Beförderungen im Hinblick auf Eignung, Leistung und Befähigung dem Leistungsgrundsatz unterliegen. Einem Bediensteten wird demnach eine neue berufliche Funktion zugetraut, wenn er sich auf seiner bisherigen Position bewährt hat. Der sogenannte Bewährungsaufstieg ist im öffentlichen Dienst die Bezeichnung für die Einreihung in eine höhere Laufbahngruppe oder für eine Höhergruppierung bei Angestellten, wenn sich jeweils der Betroffene den Anforderungen der bisherigen Position gewachsen gezeigt hat. Jegliche Beförderung ist jedoch stets abhängig von einer freien und besetzbaren avisierten Planstelle. Beförderungen unterliegen in der Regel der Mitbestimmung des Personalrates. Seit dem 1. Juli 2016 bestimmt ferner eine deutlich verschärfte Frauenquote die Beförderungsoptionen für die Bediensteten in Land und Kommune, die sogar vorsieht, dass innerhalb einer Vergleichsgruppe eine leistungsschlechtere Frau einem leistungsbesseren Mann vorzuziehen ist. Diese Abkehr vom Leistungsprinzip und vom Beamtenrecht hält die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15078 2 FDP-Landtagsfraktion für verfassungswidrig und für in hohem Maße demotivierend für die davon nachteilig betroffenen männlichen Beamten. Die neuen Vorschriften enthält das sogenannte Dienstrechtsmodernisierungsgesetz. Die Rechtsauffassung der FDP-Landtagsfraktion haben in den letzten Wochen bereits alle Entscheidungen von Verwaltungsgerichten in Nordrhein-Westfalen und unlängst auch des Oberverwaltungsgerichts Münster explizit bestätigt. In allen zugrundeliegenden Fällen haben sich diskriminierte Männer gegen die Bevorzugung von leistungsschlechteren weiblichen Kolleginnen gewandt. Mit Erfolg: Die Verfassungswidrigkeit der hoch umstrittenen rot/grünen Neuregelung zur Frauenquote ist bislang von allen damit befassten Gerichten in unserem Bundesland bestätigt worden. In den letzten Wochen haben beispielsweise bereits rund 70 Beamte landesweit Rechtsmittel gegen ihre neue Benachteiligung eingelegt, und weitere dürften zeitnah folgen. Bereits einige Beförderungen von Beamtinnen wurden daraufhin von Gerichten ausgesetzt. Auch der Deutsche Beamten Bund Nordrhein Westfalen (DBB NRW) verweist in seinem Internetauftritt am 06. April 2017 auf diese unfassbare Lage: „Der Deutsche Beamtenbund Nordrhein-Westfalen begrüßt jeden Schritt, der schnell für eine Rechtssicherheit sorgt“, erklärt Roland Staude, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes Nordrhein-Westfalen. „Die aktuelle Situation der Rechtsunsicherheit ist für die Beamtinnen und Beamten extrem frustrierend, da wir in einigen Bereichen faktisch einen Beförderungsstopp haben und weder Frauen noch Männer befördert werden.“ Während der Finanzminister im Bereich seiner eigenen Finanzverwaltung kontinuierlich mit Beförderungswellen zumindest vorübergehend bis zur Landtagswahl im Mai für eine gewisse Abhilfe sorgt, gibt es seit den vorgezogenen rund 2.200 Beförderungen im Jahr 2016 bei der Polizei derzeit keine bekannten Maßnahmen zur Problemlösung. Auch vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, dass sich die Landesregierung konsequent weigert, die eigentliche Problemursache mit dem neuen § 19 (6) LBG, endlich zu beseitigen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Landesregierung aufgefordert, die letzte OVG- Entscheidung zu akzeptieren, statt das eigene Gesetz jetzt dem Verfassungsgerichtshof in Münster zur Prüfung vorzulegen. In einer Stellungnahme heißt es dazu: „Der angekündigte Gang vor den Verfassungsgerichtshof schadet nur den Frauen, weil alle Beförderungsentscheidungen, die auf den geänderten Kriterien zur Frauenförderung basieren, sofort von den Gerichten wieder gekippt werden. (…) Was wir stattdessen brauchen, ist ein Neustart in der Frauenförderung. Die GdP dringt deshalb darauf, dass der Landtag die wenigen bis zur Wahl verbleibenden Sitzungstermine nutzt, um den im vergangenen Jahr verabschiedeten neuen Paragrafen 19 Absatz 6 Landesbeamtengesetz wieder aufzuheben.“ Der Bund der Kriminalbeamten (BDK) in Nordrhein-Westfalen schreibt zu dieser Problematik in seinem Internetauftritt: „Bereits bisher führten Quotierung von sogenannten Prädikatsbeurteilungen, die fehlende Möglichkeit einer gerechten Leistungsbeurteilung, der Versuch der (gerichtsfesten) Festlegung einer Beförderungsreihenfolge und die fehlende Berücksichtigung der tatsächlichen fachlichen Eignung bei Stellenbesetzungen zu erheblicher Demotivation unter Kolleginnen und Kollegen. Das aktuelle Beurteilungsverfahren selbst ist durch fortlaufende Rechtsprechung faktisch nicht mehr handhabbar und hat sich schon in der Vergangenheit als für die Auswahl LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15078 3 geeigneter Bewerber für eine zu besetzende Stelle denkbar ungeeignet erwiesen. Bereits geringe Abweichungen in der Ausschärfung der in der Endnote gleichen Beurteilungen führen, so die Rechtsprechung, dazu, dass Beurteilungen gleicher Endnote eben nicht mehr im Wesentlichen gleich sind. Dieses, auf dem Grundsatz der Bestenauslese aufbauende Prinzip, wird durch das jetzt in Kraft getretene DRModG in Bezug auf die Frauenförderung konterkariert. […]“.“ Immer mehr Beamte in Nordrhein-Westfalen erwarten die umgehende Abschaffung der unhaltbaren Frauenquote, um endlich wieder gerechte und leistungsorientierte berufliche Aufstiegschancen zu erhalten. Bei der Polizei wie bei der Feuerwehr aber auch in der kommunalen Verwaltung ist die Lage derzeit besonders unbefriedigend. Es herrscht eine große Unsicherheit und Willkür bei Stellenbesetzungen und Beförderungen aufgrund der Anwendung der verschärften Frauenquote. Der Innenminister, federführend mitverantwortlich für die neue Gesetzesänderung, sollte daher Parlament und Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar darlegen, wie sich der Sachverhalt vor Ort in den Behörden der Polizei, Feuerwehr und der kommunalen Verwaltung in Krefeld konkret auswirkt. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5878 mit Schreiben vom 24. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Dem MIK NRW liegen keine Erkenntnisse über die Beförderungssituation in den Kommunen vor. Personalangelegenheiten unterfallen als Teil des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung der Entscheidungshoheit der Kommunen. Auch für die feuerwehrtechnischen Beamten ist das Land nicht Dienstherr. Daher wurde für die nachfolgenden Darstellungen ausschließlich der Polizeivollzugsdienst in den Blick genommen. 1. Wie viele Beamte sind von der Stellenbesetzungs- bzw. Beförderungsblockade und ihren Konsequenzen bislang in den Behörden von Polizei, Feuerwehr und der kommunalen Verwaltung in Krefeld insgesamt betroffen? (bitte unter Nennung der jeweils beklagten Positionen / Besoldungsgruppen) Beim PP Krefeld ist mit heutigem Stichtag keine Klage aufgrund von § 19 Abs. 6 LBG anhängig . Zahlen zu den nicht besetzten Planstellen liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie rechtfertigt der Innenminister mit dem von ihm gewollten Fortbestand der neuen Frauenquote gegenüber den betroffenen Beamten, die trotz ihrer besseren Wertsumme in der Leistungsbeurteilung auf lange Dauer nicht befördert werden, diese demotivierende Situation? Der Landesgesetzgeber hat sich bei der Neuregelung des § 19 Abs. 6 LBG NRW ausdrücklich auf den Verfassungsauftrag zur Herstellung der praktischen Konkordanz zwischen Art. 33 Abs. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15078 4 2 GG und Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG berufen, da Frauen in Führungsämtern weiterhin unterrepräsentiert sind. Trotz hoher Werte in den Eingangsämtern nimmt der Frauenanteil mit zunehmender Hierarchiestufe systematisch ab. Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung, die Karrierechancen für Frauen zu verbessern. Zweck der gesetzlichen Regelung ist die Herstellung von Chancengleichheit auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. Papier. 3. Wie setzt sich die Anzahl aller Bediensteten, differenziert nach Besoldungsgruppen und Laufbahnen, in den Behörden der Polizei, Feuerwehr und der kommunalen Verwaltung in Krefeld aktuell jeweils nach Geschlecht zusammen? (bitte vollständige Darstellung der Personalstruktur nach Geschlecht zum letzten verfügbaren Erhebungstermin) Eine aktuelle Auswertung der erbetenen Daten für die Bediensteten der Polizeibehörden liegt der Landesregierung nicht vor. Hierfür müsste eine umfängliche Abfrage in den Polizeibehörden durchgeführt werden, die in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist. 4. Wie viele Beförderungen sind in den Behörden der Polizei, Feuerwehr und der kommunalen Verwaltung in Krefeld jeweils jährlich in den letzten fünf Jahren, differenziert nach den einzelnen Besoldungsgruppen, männlich bzw. weiblich gewesen ? 5. Wie viele Beförderungsentscheidungen sind für den Bereich den Behörden der Polizei, Feuerwehr und der kommunalen Verwaltung in Krefeld ab Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung ab 1. Juli 2016 anders getroffen worden als es ohne die Gesetzesänderung nach altem Recht der Fall gewesen wäre? (bitte unter konkreter Angabe der betroffenen Sachverhalte wie beispielsweise Beförderung von A 10 nach A 11) Die Fragen 4 und 5 werden zusammengefasst beantwortet: Die erbetenen Daten liegen der Landesregierung nicht vor, da die Zuständigkeit für die Beförderungen in der Laufbahngruppe 2.1 bei der Polizeibehörde liegt. Für eine Ermittlung der erbetenen Daten zu Frage 4 sind dort alle Verwaltungsvorgänge zu den in den letzten fünf Jahren durchgeführten Beförderungen händisch auszuwerten. Zu Frage 5 sind neben der Ermittlung der tatsächlichen Zahlen, fiktiv Auswahlentscheidungen nach altem Recht neu zu erstellen und entsprechende Auswertungen durchzuführen. Dies erfordert einen hohen zeitlichen und personellen Verwaltungsaufwand, der innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist.