LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15086 31.05.2017 Datum des Originals: 31.05.2017/Ausgegeben: 06.06.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5900 vom 2. Mai 2017 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/14989 Sind die Kriterien für die „Reaktivierung“ ehemaliger Lehrkräfte so schlecht ausgestaltet, dass diese unmittelbar wieder kündigen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund der Vielzahl unbesetzter Lehrerstellen hat die Schulministerin wenige Monate vor der Landtagswahl plötzlich ein „Maßnahmenpaket zur Sicherung der Unterrichtsversorgung“ verkündet. Offenbar waren die unerfreulichen Rückmeldungen aus vielen Schulen, von denen die Opposition regelmäßig berichtet hat, deutlich näher an der Realität als so manche rotgrüne Beschönigung der Situation. Einen Teil dieses Maßnahmenpakets stellt die temporäre „Reaktivierung“ bereits aus dem Dienst ausgeschiedener Lehrkräfte dar. Zu dieser Zielgruppe erklärte die Schulministerin in einer Pressemitteilung vom 06.02.2017: „Die Hinzuverdienstgrenze für Ruheständler wird zunächst befristet bis Ende 2019 außer Kraft gesetzt, sodass es für pensionierte Lehrerinnen und Lehrer attraktiver wird, mit einem größeren Stundenanteil – bis hin zur Vollbeschäftigung – zu unterrichten.“ Weiter heißt es in der genannten Pressemitteilung: „Bei verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern, die über die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestand hinaus weiter arbeiten möchten, erhöht sich der Ruhegehaltssatz entsprechend der verlängerten Dienstzeit. Verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer, die zum Zeitpunkt der Verlängerung bereits den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, erhalten einen Besoldungszuschlag in Höhe von zehn Prozent des Grundgehalts.“ Zunächst klingt dies nach unbürokratischen Maßnahmen, um Lehrkräfte zu „reaktivieren“ oder aber länger im Schuldienst zu halten. Allerdings verwundern Rückmeldungen, wonach sich eben solche Lehrkräfte als so schlecht vergütet empfinden, dass sie unmittelbar von einer solchen „Reaktivierung“ zurücktreten. So liegen Schilderungen vor, wonach einer sich seit drei Jahren im Ruhestand befindenden Lehrkraft von einer Bezirksregierung erklärt wurde, dass sie auf Basis EG 11 Stufe 5 zu besolden sei. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung erklärte demnach auf Nachfrage, dass der Zuverdienst ohne Abzüge ca. 1.400 Euro umfassen dürfe. Die Lehrkraft unterschrieb für entsprechende Unterrichtsstunden bei einer Schule einen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15086 2 Arbeitsvertrag über einen „Zuverdienst“ in Höhe von rund 1.230 Euro. Allerdings teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung schließlich mit, dass ein Verdienst von 800 Euro kein Problem für die Pension der genannten ehemaligen Lehrkraft darstelle. Auf diese Unterschiede angesprochen erklärte eine Bezirksregierung, dass eine Lehrkraft, die ohne Unterbrechung länger als drei Jahre aus dem Dienst ausgeschieden sei, in der untersten Stufe, die möglich sei, eingestuft werde. Die jahrzehntelange Berufserfahrung spiele demnach keine Rolle bei dieser Einstufung. Die Lehrkraft hat im genannten Fall als Folge den Vertrag unmittelbar wieder gekündigt. Es stellt sich daher die Frage, welche rechtlichen Regelungen hier bestehen, inwieweit das Land auf die Ausgestaltung Einfluss hat und was diese Ausgestaltung aus Sicht der Landesregierung auf potentiell zu reaktivierende Lehrkräfte ausübt. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 5900 mit Schreiben vom 31. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung unter Berücksichtigung des Ziels der temporären „Reaktivierung“ ehemaliger Lehrkräfte inhaltlich den geschilderten Sachverhalt? Siehe Antwort zu Frage 3. 2. Wie werden bereits aus dem Dienst ausgeschiedene Lehrkräfte bei einer „Reaktivierung“ unter Berücksichtigung der jeweiligen Länge des Ausscheidens jeweils eingestuft? Die Einstufung erfolgt individuell nach den Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L). 3. Wie ist der angesprochene Fall im Vergleich zur Erklärung der Schulministerin zu bewerten, wonach verbeamtete Lehrkräfte, die zum Zeitpunkt der Verlängerung bereits den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, einen Besoldungszuschlag in Höhe von zehn Prozent des Grundgehalts erhalten? Der in der Frage angeführte Besoldungszuschlag wird unter bestimmten Voraussetzungen im Falle des Hinausschiebens des Ruhestands über die gesetzliche Regelaltersgrenze hinaus gewährt. Er beträgt 10 v.H. des Grundgehalts. In dem der Kleinen Anfrage zugrunde liegenden Fall war der Ruhestand allerdings bereits eingetreten; die „Reaktivierung“ erfolgte im Tarifbeschäftigungsverhältnis. Für diesen Fall besteht der Anreiz darin, neben den Versorgungsbezügen ein weiteres Gehalt als tarifbeschäftigte Lehrkraft beziehen zu können. Die in der Pressemitteilung vom 06. Februar 2017 dazu angekündigte Änderung der gesetzlichen Bestimmungen wurde vom Parlament am 07. April 2017 verabschiedet (Artikel 2 des „Gesetzes zur Stärkung der Versorgung bei Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften“) und trat rückwirkend zum 01. Januar 2017 in Kraft. Hätte die Lehrkraft in dem geschilderten Fall auf die Kündigung verzichtet, wäre es daher zu einer Nachzahlung des vor der Gesetzesänderung auf die Versorgungsbezüge angerechneten Verdienstes gekommen. Der so mögliche Hinzuverdienst wäre höher gewesen als der Besoldungszuschlag beim Hinausschieben des Ruhestands. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15086 3 4. Wem obliegt die rechtliche Ausgestaltungsmöglichkeit, auf deren Basis laut Bezirksregierung eine Lehrkraft, die mehr als drei Jahre aus dem Dienst ausgeschieden ist, in der untersten Stufe, die möglich ist, eingestuft wird? Der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und den Gewerkschaften als Tarifvertragsparteien. 5. Wie viele bereits aus dem Dienst ausgeschiedene Lehrkräfte konnten seit dem 06.02.2017 für den Schuldienst mit welchen Einstufungen „reaktiviert“ werden? Seit dem in der Frage genannten Datum konnten bis zum 10. Mai 2017 insgesamt 131 bereits pensionierte Lehrkräfte für eine weitere Unterrichtstätigkeit gewonnen werden. Die Einstellung dieses Personenkreises ist an keine festen Termine gebunden. Es kommen täglich weitere in Pension oder Rente befindliche Lehrkräfte hinzu. Die Einstufungen werden statistisch nicht erfasst. Die Daten hätten mit einem hohen Verwaltungsaufwand manuell ermittelt werden müssen.