LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/15091 31.05.2017 Datum des Originals: 31.05.2017/Ausgegeben: 06.06.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5905 vom 2. Mai 2017 des Abgeordneten Frank Herrmann PIRATEN Drucksache 16/15001 Bodycams im Einsatz in NRW - Was macht die Polizei, was nützt den Bürgerinnen und Bürgern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit Änderung des Polizeigesetzes NRW vom 6. Dezember 2016 ist der Polizei die Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte, darunter fallen auch sogenannte Bodycams, gesetzlich gestattet. Der Nutzung von Bodycams im täglichen Einsatz soll im Mai 2017 beginnen, gleichwohl sind noch viele Fragen offen. Die von der Landesregierung am 4. April erlassene Verwaltungsvorschrift1 verweist an vielen Stellen auf Sekundärliteratur und ist als Handreichung für den praktischen Einsatz ungeeignet. Ob die Video- und Ton-Aufnahmen nur der Polizei zur Verfügung stehen, oder ob auch betroffene Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf haben, z.B. bei Beschwerden oder in anderen Fällen auf das Material zu verweisen, ist ebenfalls bisher nicht bekannt. Von der technischen Seite her ist nach Auskunft der Landesregierung nach Durchführung einer Marktschau und Bewertung aller potentiellen Anbieter ein spezifisches Bodycam-Modell des Herstellers R. ausgewählt worden. Nach Auskunft dieses Herstellers setzt die Sicherung und Verschlüsselung des aufgezeichneten Materials eine von ihm bereitgestellte Software voraus. Da die Verschlüsselung gesetzlich vorgeschrieben ist, würde sich die Polizei in NRW damit an diesen Hersteller auf Dauer binden. Durch § 15c Abs 3 PolG NRW ist vorgeschrieben, dass der Einsatz der Aufnahmegeräte, also die konkrete Aufnahme, mit geeigneten Maßnahmen erkennbar zu machen ist. Darunter wird im allgemeinen ein ‚Rotlicht‘ an der Kamera verstanden. Auch soll lt. Auskunft der Landesregierung das Bild der Kamera bei der Aufnahme auf dem integrierten Monitor zu sehen sein. Das für den Einsatz bei der Polizei in NRW ausgewählte Kameramodell wird 1 https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=16305&ver=8&val=16305&sg=0&menu=1&vd_back=N#NORM LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15091 2 jedoch auch mit einem einfach vor Ort aktivierbaren ‚Stealth-Modus‘ bei der Aufnahme beworben. Mit ‚Stealth-Modus‘ wird eine verdeckte Aufzeichnung, ohne von außen erkennbaren Signale oder Hinweise, bezeichnet. Bisher liegen keine Hinweise vor, ob dieser Aufnahme-Modus auch von der Polizei in Nordrhein-Westfalen verwendet werden kann. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5905 mit Schreiben vom 31. Mai 2017 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie lauten die Einsatzanweisungen und Durchführungsbestimmungen für die Polizistinnen und Polizisten zum Umgang mit den Bodycams im Einsatz? (Bitte konkrete Anweisung im Wortlaut beilegen) Die Dienstanweisung, die Einsatzanweisungen und Durchführungsbestimmungen beinhaltet, ist als Anlage beigefügt. Der Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 402-57.01.01 vom 4. April 2017, mit dem die Verwaltungsvorschrift (VV) zu § 15c Polizeigesetz des Landes Nordrhein- Westfalen (PolG NRW) in die VV PolG NRW eingefügt wurde, ist im MBl. NRW. 2017 auf Seite 165 veröffentlicht. 2. Wie werden Bürgerinnen und Bürger informiert, ob bzw. wie sie bei einer Beschwerde über einen Polizeieinsatz mit Verwendung der Bodycams sicherstellen können, dass das aufgezeichnete Material für ein weiteres Verfahren zur Verfügung steht und nicht gelöscht wird? (Bitte beschreiben Sie das vorgesehene Verfahren) Die Aufzeichnungen werden grundsätzlich zwei Wochen aufbewahrt, bzw. länger, wenn sie zur Gefahrenabwehr oder zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden. Den Bürgerinnen und Bürgern, die eine Beschwerde einreichen möchten, wird dies in diesen Fällen bei Bekanntwerden der Beschwerdeabsicht (ggf. erneut) mitgeteilt, auch wenn sie bereits vorab über die Aufbewahrung der Aufzeichnungen durch die eingesetzten Beamtinnen und Beamten während des Einsatzes informiert wurden. Bürgerinnen und Bürger mit dem Ersuchen auf Einsichtnahme sind an die in der jeweiligen Behörde hierfür zuständigen Stellen zu verweisen. 3. Welche technischen Anforderungen hat die Landesregierung an die Manipulationssicherheit der Bodycams bzw. der erstellten Aufnahmen nach § 15c Abs. 3 im Rahmen der Beschaffung gestellt? In den technischen Anforderungen bei der Beschaffung wurden insbesondere ein hoher Verschlüsselungsgrad (Standard AES 128 oder 256) und Gewährleistung der Datensicherheit auch bei Geräteverlust gefordert. Darüber hinaus wurde sichergestellt, dass die Auswertesoftware diese Kriterien ebenfalls erfüllt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/15091 3 4. Ist durch technische Maßnahmen sichergestellt, dass Polizistinnen und Polizisten den Stealth-Modus (verdeckte Aufzeichnung) der beschafften Bodycams nicht benutzten können? (Bitte beschreiben Sie die getroffenen Vorkehrungen) In der beigefügten Dienstanweisung werden die Nutzerinnen und Nutzer der Bodycam angewiesen, den Einsatz der Aufnahmegeräte durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen und den betroffenen Personen mitzuteilen. Diese Mitteilung kann bei Gefahr im Verzuge unterbleiben. Weiterhin wird in der Bedienungsanleitung der Kamera darauf hingewiesen, wie die Kameras zu bedienen sind, so dass ein rotes Blinklicht sichtbar ist sowie ein Signalton bei Start der Aufnahme ertönt. Die Stealth-Funktion kann nur anhand der Software aktiviert werden. Das hierzu erforderliche Administrationsrecht wurde ausschließlich dem Teilprojektleiter in den Kreispolizeibehörden zugewiesen. 5. Wie werden die erstellten Aufnahmen außerhalb der vom Hersteller bereitgestellten Softwareanwendungen gesichert, z.B. wenn die Sicherheitsbehörden diese gemäß PolG NRW § 23 Absatz 1 und § 32 Absatz 5 auch zu anderen Zwecken verwenden? Die Aufnahmen werden auf verschlüsselten Datenträgern gesichert, so dass sie ausschließlich von berechtigen Personen ausgelesen werden können. Die auch für anderes Bildmaterial einschlägigen Bestimmungen zur Behandlung von Verwahrstücken finden im Weiteren auch für beweiserhebliche Daten der Bodycam Anwendung. POLIZEI Nordrhein-Westfalen Lan esamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Dienstanweisung für den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte mit Bild- und Tonaufzeichnung (Bodycam) im Rahmen des Pilotprojektes „Bodycam NRW der Polizei NRW „Pilotprojekt Bodycam in NRW Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 2. Pilotprojekt 3 3. Rechtliche Grundlagen für den Einsatz 4 3.1 Einsatz außerhalb von Wohnungen 4 3.2 Einsatz innerhalb von Wohnungen 4 3.3 Androhung der Maßnahme 5 3.4 Umgang mit Berufsgeheimnisträgern und deren Berufshelfern 5 3.5 Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung 6 3.6 Besondere Einsatzanlässe 7 3.6.1 Versammlungen 7 3.6.2 Maßnahmen aus besonderem Anlass 7 3.6.3 Verhalten / Maßnahmen bei / nach Einsätzen mit gravierenden Folgen 7 4. Einsatz der Bodycam 7 4.1 Nutzung der Bodycam und Aufzeichnung / Übertragung von Daten 8 4.2 Löschungsfristen g 4.3 Richtervorbehalt g 4.4 Löschung von Daten g 4.5 Weitergabe von Daten 9 5. Software DEMS g 6. Übermittlung der Daten an andere Stellen 10 6.1 Übermittlung an die Wissenschaft 10 6.2 Übermittlung an andere Stellen zur Beweissicherung 10 6.3 Umgang mit Auskunftsersuchen von Bürgerinnen und Bürgern 10 7. Controlling 8. Aus- und Fortbildung 11 9. Presse- und Öffentlich eitsarbeit 11 9.1 Zuständigkeiten 9.2 Landesweite Botschaften Seite 2 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung 1. Einleitung ln den letzten Jahren nimmt die Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen / Poli¬ zeivollzugsbeamte (PVB) immer mehr zu. Der Einsatz von körpernah getragenen Aufnahmegeräten mit Bild- und Tonaufnahmen mit nach vorn gerichtetem Display kann ggf. dazu beitragen, Angriffe und Gewalt gegen PVB zu reduzieren. Das für das polizeiliche Gegenüber sichtbare Display verdeutlicht die Aufnahme der Per¬ son, sowie deren Verhalten und soll damit eine deeskalierende Wirkung beim poli¬ zeilichen Adressaten erzeugen. Diese Hypothese soll durch ein umfassendes Pi¬ lotprojekt und eine begleitende Forschung verifiziert werden. Die Dienstanweisung regelt den Einsatz von körpernah getragenen Aufnahmege¬ räten im täglichen Dienst während des Pilotbetriebes, sowie die Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Speicherung und Löschung, Aus- und Fortbildung, wissenschaftlichen Datenerhebung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und dem Controlling. 2. Pilotprojekt Das Pilotprojekt „Bodycam NRW wird beim LZPD NRW geführt und ist bis Mitte des Jahres 2019 angesetzt. Ab Mai 2017 werden die fünf beteiligten Pilotbehörden KPB Duisburg, KPB Düsseldorf, KPB Köln, KPB Siegen-Wittgenstein und KPB Wuppertal mit Bodycams ausgestattet, die von PVB im Wachdienst getragen wer¬ den sollen. Nähere Informationen sowie aktuelle Mittelungen zum Projekt, können im Intrapol auf der Seite: http://intrapol.polizei.nrw.de/zentrale-aufqaben/polizeitechnik/Pilotproiekt-Bodvcam abgerufen werden. Für die Pilotbehörden sind jeweils Teilprojektleiterinnen / Teil¬ projektleiter (TP-L) aus den Pilotbehörden als Ansprechpartnerinnen / Ansprech¬ partner für die Wachdienstkräfte benannt, die in engem Kontakt mit der Projektlei¬ tung, sowie den das Projekt begleitenden Herren Professoren der Wissenschaft Seite 3 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung stehen. Darüber hinaus wird ein regelmäßiger Kontakt zwischen den Wachdienst¬ kräften der Pilotbehörden und der Projektleitung sowie insbesondere den Herren Professoren der Wissenschaft sichergestellt. 3. Rechtliche Grundlagen für den Einsatz Rechtsgrundlage für den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte zur Ge¬ fahrenabwehr ist § 15c PolG NW. Darin wird zwischen dem Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte außerhalb und innerhalb von Wohnungen unter¬ schieden. Des Weiteren gelten besondere Bestimmungen für den Umgang mit Berufsgeheimnisträgerinnen / Berufsgeheimnisträgern (§53 StPO) und deren Be¬ rufshelferinnen / Berufshelfern (§53a StPO), sowie zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung. 3.1 Einsatz außerhalb von Wohnungen Das Aufnahmegerät kann bei der Durchführung von Maßnahmen zur Gefahren¬ abwehr und zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten eingesetzt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz von PVB oder Dritten gegen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die Erhebung personenbezogener Daten kann auch dann erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Jede / Jeder PVB entscheidet beim Einsatz außer¬ halb von Wohnungen selbständig über den Einsatz der von ihr / ihm getragenen Kamera. 3.2 Einsatz innerhalb von Wohnungen In Wohnungen ist der Einsatz des Aufnahmegeräts bei der Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Verfolgung von Straftaten oder Ord¬ nungswidrigkeiten nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz von PVB oder Dritten gegen eine dringende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die Erhebung personenbezogener Daten kann auch dann erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Seite 4 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung Außer bei Gefahr im Verzüge entscheidet über den Einsatz des Aufnahmegeräts die / der den Einsatz leitende PVB. Gemäß § 41 Abs. 1, Satz 2 PolG NW umfasst der Begriff der Wohnung die Wohnund Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befrie¬ detes Besitztum. Das Vorliegen einer dringenden Gefahr wird dann angenommen, wenn der Schaden an einem wichtigen Rechtsgut in allernächster Zukunft verhin¬ dert werden soll. Die körperliche Unversehrtheit ist ein solches Rechtsgut. 3.3 Erkennbarkeit der Maßnahme Der Einsatz der Aufnahmegeräte ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen und den betroffenen Personen mitzuteilen. Bei Gefahr im Verzug kann die Mitteilung unterbleiben. 3.4 Umgang mit Berufsgeheimnisträgern und deren Berufshelfern In Bereichen, in denen Berufsgeheimnisträgerinnen / Berufsgeheimnisträger und deren Berufshelferinnen / Berufshelfer nach §§ 53 und 53a StPO tätig werden, ist die Aufzeichnung unzulässig. Die Aufnahmegeräte können aber mitgeführt wer¬ den. Berufsgeheimnisträgerinnen / Berufsgeheimnisträger nach § 53 StPO sind: • Geistliche, • Rechtsanwälte und sonstige Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Pa¬ tentanwälte, Notarinnen / Notare, Wirtschaftsprüfinnen / Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfinnen / Buchprüfer, Steuerberatinnen / Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärztinnen / Ärzte, Zahnärztinnen / Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeutinnen / Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen /-therapeuten, Apothekerinnen / Apo¬ theker und Hebammen, • Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Seite 5 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung • Beraterinnen / Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in ei¬ ner Beratungsstelle die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, • Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Eu¬ ropäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages und • Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiens¬ ten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben. Berufshelferinnen / Berufshelfer sind die Gehilfinnen / Gehilfen, die den oben ge¬ nannten Personenkreis bei der Ausübung des Berufs unterstützen. Die hiervon betroffenen Bereiche ergeben sich aus 15c.32 der W zum § 15c PolG. 3.5 Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung muss gewahrt werden. Es werden Lebenssachverhalte höchstpersönlicher Art geschützt, deren optische und akustische Dokumentation geeignet wäre, ein besonderes Gefühl der Scham¬ verletzung hervorzurufen (sexuelle Handlungen, Handlungen von Personen in hilf¬ loser Lage). Auch wenn Anhaltspunkte bestehen, dass Handlungen gerade dem Zweck der Herbeiführung eines Erhebungsverbots dienen, bleibt die Datenerhebung unzu¬ lässig. Aufnahmen müssen unverzüglich gelöscht oder eine richterliche Entschei¬ dung herbeigeführt werden. Seite 6 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung 3.6 Besondere Einsatzanlässe 3.6.1 Versammlungen Werden Kräfte des Wachdienstes im Zusammenhang mit Versammlungen einge¬ setzt, darf das Aufnahmegerät zum Schutz der inneren Versammlungsfreiheit nicht offen mitgeführt werden. Aufnahmen sind nicht zu fertigen. 3.6.2 Maßnahmen aus besonderem Anlass Im Zusammenhang mit besonderen Einsatzlagen (Festnahme durch SE, Einsatz¬ anlässe nach LT F, I, PDV 132, 133 VS-NfD) sind grundsätzlich keine Aufnahmen zu fertigen. 3.6.3 Verhalten / Maßnahmen bei / nach Einsätzen mit gravierenden Folgen Ergänzend zu den Regelungen der Ziffer 6 des Teils Fl des Landesteils NRW zur PDV 100 VS-NfD sind auch alle Aufzeichnungsgeräte bei / nach Einsätzen mit gravierenden Folgen sicherzustellen. 4. Einsatz der Bodycam Durch die das Projekt begleitenden Professoren der FHöB NRW wurde ein ut¬ zungsplan erstellt, welche Dienstgruppe zu welchen Zeiten die Bodycams e set¬ zen soll. Dieser Nutzungsplan wird den Pilotwachen zur Verfügung gestellt. Es sind ausschließlich die durch das LZPD NRW beschafften und ausgegebenen Ge¬ räte der Firma Reveal, Model RS2x2L zu verwenden. Die Kameras sind wetterfest (Schutzart IP54) und haben eine Aufnahmekapazität von 32 GB sowie eine Akku¬ laufzeit von acht Stunden im Stand-By-Betrieb bzw. ca. drei Stunden im Aufnah¬ mebetrieb. Sofern während einer Dienstschicht eine Kamera nicht mehr ausrei¬ chend aufgeladen ist, ist sie zu tauschen. Defekte Kameras werden dem LZPD NRW der Teilprojektleiterin / dem Teilprojekt¬ leiter der Pilotbehörde gemeldet und zeitnah beim LZPD NRW ausgetauscht. Seite 7 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung 4.1 Nutzung der Bodycam und Aufzeichnung / Übertragung von Daten Die Nutzung, der Einsatz sowie das Übertragen von Daten wird in den mitgeliefer¬ ten Handouts für Administratorinnen / Administratoren, Nutzerinnen / Nutzer Bo¬ dycam und Nutzerinnen / Nutzer Software ausführlich dargestellt. 4.2 Löschungsfristen Die Aufzeichnungen sind zwei Wochen nach ihrer Anfertigung zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Aufzeichnungen zur • Gefahrenabwehr oder • zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten benötigt werden. Des Weiteren unterbleibt die Löschung, wenn ® Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange der von der Datenerhebung betroffenen Personen beeinträchtigt werden, ® die Daten zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich sind oder • die Nutzung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken erforderlich ist. Aufzeichnungen, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind unverzüglich zu löschen. Die Löschung der Daten erfolgt über die mitgelieferte Software DEMS auf den Auswerterechnern durch die mit der Auswertung beauf¬ tragten Personen. Die Aufnahmen können nicht unmittelbar von der Kamera ge¬ löscht werden. 4.3 Richtervorbehalt Daten, die in einer Wohnung erhoben wurden (vgl Ziffer 3.2.2), dürfen zum Zweck der Gefahrenabwehr nur dann verwandt werden, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt wurde. Bei Gefahr im Verzug ist die richterli¬ che Entscheidung nachzuholen. Seite 8 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung Sollen Aufzeichnungen verwandt werden, die möglicherweise dem Kernbereich privater Lebensführung zuzurechnen sind aber gleichwohl gefertigt wurden, ist ebenfalls eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Regelungen der Strafprozessordnung bleiben von diesen Vorgaben unberührt. 4.4 Löschung von Daten Im Falle der regelmäßigen Löschung nach zwei Wochen und der besonderen Lö¬ schung im Falle des Schutzes des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, ent¬ scheidet die Beamtein / der aufzeichnende Beamte mit Zustimmung einer oder eines Vorgesetzten. Grundsätzlich erklärt sich jede / jeder aufnehmende PVB so¬ wie deren / dessen Vorgesetzte / Vorgesetzter mit der (automatischen) Löschung einverstanden, verfügt jedoch über ein Widerspruchsrecht innerhalb von zwei Wof chen. Im Falle des Widerspruchs gegen eine (automatische) Löschung ist das entsprechende Video als Beweismittel zu markieren und die / der Vorgesetzte zu informieren. 4.5 Weitergabe von Daten Bei der Weitergabe von Daten, die in einer Wohnung erhoben wurden, ist zu ver¬ merken, dass sie aus einer Maßnahme nach §15c Absatz 2 PolG NW herrühren. Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle (siehe Punkt 6) ist die Kennzeich¬ nung durch diese aufrechtzuerhalten. 5. Software DEMS ln jeder Pilotwache wurden nach dem erstellten Rechte- / Rollenkonzept Personen benannt, die als Nutzer der Software DEMS die Auswertung, Speicherung, Lö¬ schung und Weitergabe der mit der Kamera aufgezeichneten Daten vornehmen. Es erhalten ausschließlich die benannten, durch das LZPD NRW beschulten Per¬ sonen Zugriff auf die Software. Eine Anleitung zur Nutzung der Software wurde diesen Personen ausgehändigt. Seite 9 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung 6= Übermittlung der Daten an an ere Stellen Die Übermittlung der Daten an andere Stellen dient sowohl der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts (Übermittlung an die Herren Professoren der Wissen¬ schaft) als auch zur Beweissicherung (Übermittlung an andere Stellen zur Beweis¬ sicherung). Die Aufzeichnungen dienen nicht dazu, das Verhalten der PVB im Ein¬ satz zu beurteilen, da dies die wissenschaftliche Studie beeinträchtigen könnte. Eine Weitergabe an Vorgesetzte zur Beurteilung des Verhaltens einzelner PVB ist daher nicht vorgesehen. 6.1 Übermittlung an die Wissenschaft Den Pilotbehörden werden verschlüsselte Festplatten zur Verfügung gestellt, auf die alje mittels Bodycam aufgezeichneten Daten (ausgenommen der Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen) aus der Software heraus übertragen werden. Diese Festplatten werden regelmäßig durch Ersatzfestplatten ausgetauscht. Im Falle eines Versands auf dem Kurierweg ist die Festplatte analog der Asservierungsbestimmungen zu behandeln. Übergabe und Übernahme des Datenträgers sind wie in anderen Verfahren zu vermerken. 6.2 Übermittlung an andere Stellen zur Beweissicherung Für die Übermittlung der als Beweismittel aufgezeichneten Daten an andere Stel¬ len (bspw. Ermittlungskommissariate, Staatsanwaltschaft) werden USB-Sticks aus den Pilotbehörden genutzt. Diese USB-Sticks sind zwingend zuvor gegen Zugriff durch Unbefugte zu verschlüsseln (PIN-Code) und als Asservat zu kennzeichnen bzw. zu behandeln. 6.3 Umgang mit Auskunftsersuchen von Bürgerinnen und Bürgern Bürgerinnen und Bürger mit dem Ersuchen auf Einsichtnahme sind an die in der jeweiligen Behörde hierfür zuständigen Stellen zu verweisen. Seite 10 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung 7. Controlling Jeder aktive Einsatz der Bodycam ist im elektronischen Streifenbeleg (ESB) zu dokumentieren. 8. Aus- und Fortbildung Die Aufzeichnungsgeräte sowie die Software DEMS werden nur von entsprechend geschulten Beamtinnen und Beamten getragen. Die Beschulung der Anwenderin¬ nen / Anwender Bodycam wird durch Multiplikatorinnen / Multiplikatoren in den Pilotbehörden durchgeführt. Die Beschulung der Anwenderinnen / Anwender Software sowie die Beschulung der Multiplikatorinnen / Multiplikatoren Bodycam erfolgt zentral beim LZPD NRW. 9. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 9.1 Zuständigkeiten Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit Anfragen zur Anwen¬ dung des §15c PolG erfolgt durch das LZPD NRW. Entsprechende Pressenanfra¬ gen sind an die Pressestelle des LZPD NRW zu richten. 9.2 Landesweite Botschaften Bei Anfragen von Bürgerinnen / Bürgern sind ausschließlich folgende landesweite Botschaften weiterzugeben: Kernbotschaften: Mit dem Einsatz von Bodycams wollen wir der zunehmenden Gewalt gegen Polizeibeamtinnen / Polizeibeamte entgegenwirken und die Eigensicherung verbessern. Seite 11 von 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung © Zielrichtung des Einsatzes der Bodycam ist klar die Prävention, um Gewaltta¬ ten gegen Polizeivollzugsbeamtinnen / Polizeivollzugsbeamte zu verhindern. In zweiter Linie können die Aufnahmen auch der Beweissicherung dienen. © Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen / Polizeivollzugsbeamte ist nicht nur ein Thema im öffentlichen Raum. Deshalb setzen wir die Kamera bei allen Einsatzlagen ein, auch bei häuslicher Gewalt oder Auseinandersetzungen im Privatbereich. Dafür hat das Landesparlament im Polizeigesetz die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. • Wir wollen langfristig und umfassend klären, welche Wirkungen mit der Bo¬ dycam erreicht werden. Deshalb wird das Projekt auch wissenschaftlich be¬ gleitet. Inhaltliche Botschaften: ® Das nach vorne gerichtete Display und eine rote Signalleuchte signalisieren der / dem Betroffenen erkennbar die Aufzeichnung des eigenen Verhaltens. Das soll abschrecken, Gewalt gegen Polizeibeamtinnen / Polizeibeamte aus¬ zuüben. ® Mit der Kamera erfolgt eine Bild- und Tonaufnahme. © Im Team tragen alle eingesetzten Polizeivollzugsbeamtinnen / Polizeivoll¬ zugsbeamten eine Kamera, so dass auch alle einschreiten und im Bedarfsfall die Bodycam einsetzen können. So wird das normale Einsatzverhalten nicht beeinflusst. © Die Kameras sind grundsätzlich ausgeschaltet. Die Einsatzkräfte entscheiden eigenständig auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen, ob sie eine Auf¬ nahme starten oder nicht. ® Die Bodycams werden nur durch Kräfte des Wachdienstes genutzt. Sie sind häufig in Ad-hoc-Situationen von plötzlicher Gewalt betroffen. ® Wir haben verschiedene Tragevarianten getestet, um den bestmöglichen Ein¬ satz der Kamera bei möglichst hohem Tragekomfort zu gewährleisten. ® Die Bodycams werden in Duisburg, Düsseldorf, Köln, Wuppertal und Siegen- Wittgenstein getestet. Wir haben Behörden vom ländlichen Raum bis zur Seite 12 on 13 Pilotprojekt Bodycam NRW Dienstanweisung Großstadt ausgewählt, um Einsatzerfahrung bei unterschiedlichen Vorausset¬ zungen und Strukturen zu sammeln. • Beim Einsatz der Kamera beachten wir alle Vorschriften des Datenschutzes, denn der Schutz personenbezogener Daten ist ein hohes Gut. • Es erfolgt eine regelmäßige Löschung der aufgenommenen Daten nach den Vorgaben des Polizeigesetzes NRW. • Die Pilotphase wird voraussichtlich bis Mitte 2019 andauern. Durch die Lang¬ fristigkeit erreichen wir eine fundierte Bewertung über die Wirkung der Bodycams unter Einbeziehung der Wissenschaft. Seite 13 von 13