LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1596 03.12.2012 Datum des Originals: 30.11.2012/Ausgegeben: 06.12.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 595 vom 26. Oktober 2012 des Abgeordneten Dirk Wedel FDP Drucksache 16/1243 Inanspruchnahme von Kassenverstärkungskrediten durch die Landesregierung Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 595 mit Schreiben vom 30. November 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach § 4 Satz 1 des Gesetzentwurfs über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2012 (Drs. 16/300) soll das Finanzministerium zur Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten in Höhe von rund 5,8 Mrd. Euro ermächtigt werden. Bei Kassenverstärkungskrediten handelt es sich gemäß § 18 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 1 LHO um Kredite zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft. Nach § 4 Satz 2 des Gesetzentwurfs sollen Kassenverstärkungskredite von bis zu zwei Prozent des Haushaltsvolumens (1,177 Mrd. Euro) nicht auf die Höchstgrenze des § 4 Satz 1 des Gesetzentwurfs angerechnet werden, wenn sie der Absicherung besonderer Kreditgeschäfte nach § 2 Abs. 4 Satz 4 des Gesetzentwurfs (Swaps) dienen. In seiner Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Gesetzentwurfs (Stellungnahme 16/107) vertritt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln die Auffassung, dass eine Herausnahme dieser Kassenverstärkungskredite aus der Anrechnung nicht sinnvoll sei, da die Begrenzung des Volumens der Kassenverstärkungskredite sicherstellen solle, dass dieses Instrument nur zu vorübergehenden Liquiditätsbeschaffung genutzt wird, die Landesregierung in der Gesetzesbegründung aber auf ein dauerhaftes Ausfallrisiko für diese Swaps hingewiesen habe. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1596 2 1. In welcher Höhe hat die Landesregierung seit 2010 Kassenverstärkungskredite in Anspruch genommen (bitte Auflistung des jeweiligen Standes zum letzten Tag des jeweiligen Monats)? Kassenkredite in Milliardenhöhe - mit durchaus starken Schwankungen - sind beim Land aufgrund des von hohen Auszahlungen am Monatsende gekennzeichneten „typischen“ Liquiditätsverlauf der Normalfall. Den nachfolgenden Zahlen vergleichbare Werte für die Inanspruchnahme von Kassenkrediten am Monatsultimo sind schon seit Jahren zu verzeichnen. 2010 2011 2012 Januar -1.254 -5.253 -2.367 Februar -1.382 -3.273 -2.553 März -853 -4.275 -1.944 April -2.005 -4.552 -3.580 Mai -1.401 -863 -1.505 Juni -844 -254 -655 Juli -2.214 -3.551 -548 August -2.208 -1.315 -1.919 September -1.212 -1.915 -3.642 Oktober -2.137 -2.419 -3.688 November -2.928 -2.075 Dezember -4.398 -1.884 2. Aus welchen Gründen hält die Landesregierung die Ermächtigung zur Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten in Höhe von bis zu 10 Prozent des Haushaltsvolumens zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft für erforderlich? Der Liquiditätsverlauf des Landes unterliegt im Monats- und Jahresverlauf großen Schwankungen . Das ist auf der Einnahmeseite im Wesentlichen bedingt durch die Steuereinnahmen, die in der Mitte des Monats zu Liquiditätszuflüssen von bis zu rd. 8 Mrd. EUR führen. Auf der Ausgabenseite ergeben sich Liquiditätsabflüsse von bis zu rd. 4 Mrd. EUR jeweils am Ende des Monats. Grund dafür sind im Wesentlichen die Bezüge- und Entgeltzahlungen an die Beamten, Versorgungsempfänger und Tarifbeschäftigten sowie die Zuweisungen an die Gemeinden (Gemeindefinanzierungsgesetz und kommunaler Anteil an der Einkommenund Lohnsteuer). Der typische Liquiditätsverlauf innerhalb eines Monats führt in der Monatsmitte zu Geldanlagen und am Ende des Monats zur Inanspruchnahme von Kassenkrediten, jeweils durchaus in Milliarden-Größenordnungen. Eine Liquiditätssteuerung ohne die Möglichkeit der Einplanung von Kassenkrediten insbesondere zum Monatsende würde durch die dann notwendige Aufnahme von Haushaltskrediten zu noch höheren Liquiditätsüberschüssen in der Mitte des Monats führen, die nur zu sehr niedrigen Zinssätzen angelegt werden könnten. Zudem ermöglicht die Inanspruchnahme von Kassenkrediten dem Land, unergiebige bzw. unattraktive Marktverhältnisse für langfristige Haushaltskredite zu überbrücken. Die Grenze von 10% gilt seit dem Jahr 2009. Davor galt eine Grenze von 8%. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1596 3 3. Wie bewertet die Landesregierung das Risiko, dass aus zur Absicherung besonderer Kreditgeschäfte nach § 2 Abs. 4 Satz 4 des Gesetzentwurfs aufgenommenen Kassenverstärkungskrediten dauerhafte Verbindlichkeiten werden? Kassenverstärkungskredite dürfen nach § 18 Absatz 2 Nr. 2 Landeshaushaltsordnung nicht später als sechs Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, fällig werden. Sie sind damit entsprechend ihrer Zweckbestimmung kurzfristiger Natur und führen nicht zu dauerhaften Verbindlichkeiten. Soweit die Frage auf eine wirtschaftliche Belastung des Landeshaushalt abzielt, gilt Folgendes : Bei Insolvenz eines Swappartners würde das Land den bestehenden Swap auflösen und ein Gegengeschäft tätigen. Zum Zeitpunkt der Auflösung würde der Marktwert des Gegengeschäfts dem Marktwert des aufgelösten Swaps entsprechen. Diesen Marktwert würde das Land ausgezahlt bekommen und damit die Kassenkreditverbindlichkeiten aus der Stellung der Sicherheiten wirtschaftlich kompensieren. 4. Weshalb sollen Kassenverstärkungskredite zur Absicherung von Swaps nicht auf diejenigen nach §4 Satz 1 des Gesetzentwurfs angerechnet werden? Die Möglichkeit der Nutzung von Kassenverstärkungskrediten in Höhe von 10% des Haushaltsvolumens wird wie in der Antwort zu Frage 2 beschrieben für eine wirtschaftliche Liquiditätssteuerung benötigt. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, sollen die Kassenverstärkungskredite zur Stellung von Sicherheiten in Höhe des Freibetrags nicht auf diese Grenze angerechnet werden. 5. Welche minimale, maximale und durchschnittliche Dauer hatten Zinsswapge- schäfte des Landes NRW seit dem Jahr 2010? Die Laufzeit der Swapgeschäfte seit 2010 beträgt im gewichteten Mittel 5,8 Jahre. Die minimale Laufzeit beträgt 1,5 Jahre, die maximale Laufzeit 30 Jahre. Für die Jahre 2007 bis 2009 lagen die entsprechenden Werte bei 7,1 Jahren durchschnittlicher Laufzeit, Minimum 1 Jahr, Maximum 40 Jahre.