LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1631 04.12.2012 Datum des Originals: 03.12.2012/Ausgegeben: 07.12.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 603 vom 31. Oktober 2012 der Abgeordneten Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/1298 Wie kommen die von der Ministerin für Schule und Weiterbildung in der Schuljahresauftaktpressekonferenz benannten Zügigkeiten der Sekundarschulen zustande? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 603 mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Schulgesetz heißt es unter Paragraph § 82, Mindestgröße von Schulen: „(1) Schulen müssen die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Mindestgröße haben. Bei der Errichtung muss sie für mindestens fünf Jahre gesichert sein; dabei gelten 28 Schülerinnen und Schüler als Klasse, für Gesamtschulen und für Sekundarschulen 25 Schülerinnen und Schüler.“ Im Rahmen der Schuljahresauftaktpressekonferenz der Ministerin für Schule und Weiterbildung , Sylvia Löhrmann, wurden umfangreiche Materialien zu den neuen Sekundarschulen und Gesamtschulen verteilt, die zum neuen Schuljahr an den Start gegangen sind. Allerdings überraschen einige Aussagen der dort verteilten Unterlagen, so dass hier ein Aufklärungsbedarf notwendig erscheint. In der Aufstellung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung „Sekundarschulen 2012/2013 für PK am 17.08.2012“ sind folgenden Zahlen dargelegt, die überraschen:  Sekundarschule in Werne, aufgenommene Schüler: 144, Züge: 6.  Sekundarschule Oerlinghausen: aufgenommene Schüler: 89, Züge. 4.  Sekundarschule Alpen: aufgenommene Schüler: 97, Züge: 4.  Sekundarschule Dinslaken: aufgenommene Schüler 94, Züge: 4. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1631 2 In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, warum bei einigen – auch öffentlichen – Sekundarschulen die rechtlichen Vorgaben zur Gründung von 25 Schülerinnen und Schülern pro Klasse unterschritten werden bzw. mit welcher Begründung die Anzahl der Züge im Verhältnis zur Zahl der aufgenommen Schülerinnen und Schüler erhöht wird. Auch verdeutlichen die Zahlen, dass der Richtwert für Sekundarschulen z.T. deutlich unterschritten wird. Bandbreiten waren zu diesem Zeitpunkt für die Sekundarschulen noch gar nicht festgelegt worden. So hatte die Landesregierung in den Haushaltsberatungen zum später im Parlament gescheiterten Haushaltsentwurf 2012 erklärt: „Die Bandbreite für Sekundarschulen wird erst im Rahmen der Verordnung zu § 93 Abs. 2 Schulgesetz festgesetzt. Diese wird dem Ausschuss für Schule und Weiterbildung und dem Haushalts- und Finanzausschuss rechtzeitig zur Beschlussfassung zugehen.“ Inzwischen wurde der Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (VO zu § 93 Abs. 2 SchulG) für das Schuljahr 2012/2013 (Vorlage 16/195) im Schulausschuss beschlossen . Demnach soll die Bandbreite sich zwischen 20 und 30 Schülerinnen und Schülern bewegen . Generell legen die Schulträger die Zügigkeiten der Schulen fest. Da jedoch vermutlich der Richtwert die entscheidende Komponente bei dieser Neugründung darstellen müsste , wenn rechtlich überhaupt keine Bandbreiten festgelegt waren, verwundert bei den angeführten Schulen die Schülerzahl in den Klassen im Verhältnis zur genehmigten Zügigkeit und den hieraus offensichtlich folgenden Klassengrößen. Es stellt sich daher die Frage, worauf dies zurückzuführen ist. Für im allgemeinen Sprachgebrauch so bezeichnete „Verbundschulen“ gelten bezüglich der Umwandlung/ Errichtung nach einer früheren mündlichen Aussage der Schulministerin besondere Bedingungen. Deren rechtliche Grundlagen und Folgen sind insbesondere auch für andere Verbundschulen, die letztlich nach einer Übergangsfrist zwangsweise umgewandelt werden müssen, von großer Bedeutung. Zudem zeigen die Daten weitere Überraschungen auf. Wurde zu einem früheren Zeitpunkt seitens des Ministeriums noch ausgewiesen, dass zwei Sekundarschulen ab der 7. Klasse nach differenzierten Bildungsgängen, also kooperativ, unterrichten würden, ist nunmehr in den Unterlagen lediglich eine Schule mit einer solchen Organisationsform ausgewiesen. Demnach ist hierbei offensichtlich eine Veränderung eingetreten, deren Hintergründe zu erfahren interessant wären, da die ursprünglichen Genehmigungen der Landesregierung vermutlich auch die geplante Unterrichtsorganisation beinhaltet haben dürften. 1. Auf welcher rechtlichen Basis kommen die Zügigkeiten im Verhältnis zur ange- führten Schülerzahl der oben genannten Schulen zustande? 2. Warum wird in einzelnen Zügen an einigen Sekundarschulen der Klassenfre- quenzrichtwert von 25, der immerhin in der Begründung des 6. Schulrechtsänderungsgesetzes verankert ist, unterschritten, wenn laut Ministerium für Schule und Weiterbildung auch keinerlei Bandbreiten von Seiten des Gesetzgebers verabschiedet worden sind? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Gemäß § 82 Absatz 5 des Schulgesetzes NRW (SchulG) müssen Sekundarschulen mindestens drei Parallelklassen pro Jahrgang haben. Dabei gelten bei der Errichtung nach Absatz 1 der genannten Vorschrift jeweils 25 Schülerinnen und Schüler als Klasse. Die Genehmigungen zur Errichtung von Sekundarschulen zum Schuljahr 2012/2013 wurden nach Weisung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung zudem mit der Auflage versehen, bis zum Vorliegen einer Regelung in der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG bis zu 30 Schülerinnen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1631 3 und Schüler in der Eingangsklasse aufzunehmen. Daraus ergab sich für die Eingangsklassen der errichteten Sekundarschulen eine Bandbreite von 25 bis 30 Schülerinnen und Schülern je Klasse. Eine klare Vorgabe war im Vorgriff auf eine verordnungsrechtliche Regelung erforderlich. Entsprechend wurde bei den meisten Sekundarschulen die Errichtungsgröße von 25 Schülerinnen und Schülern pro Klasse überschritten. Die zum Schuljahresauftakt mitgeteilten Zahlen geben nicht notwendig den endgültigen Stand an Anmeldungen wieder. Erfahrungsgemäß kommt es hierbei noch zu Nachrückern. So besuchen nun insgesamt 151 Schülerinnen und Schüler die sechs Parallelklassen der Sekundarschule in Werne. Vereinzelte Unterschreitungen des Klassenfrequenzrichtwertes stehen im Zusammenhang mit der Einrichtung von integrativen Lerngruppen an diesen Schulen. Nach Ziffer 1 des RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder v. 19. 5. 2005 - Integrative Lerngruppen an allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I - gelten für integrative Lerngruppen grundsätzlich die Klassenbildungswerte der Verordnung zu § 93 Absatz 2 SchulG. Die Schule kann jedoch von der Bandbreite abweichen, sofern die Unterrichtsversorgung nach der Stundentafel innerhalb der Jahrgangsstufe gesichert werden kann. Im Hinblick auf diese Erlassregelung , die nicht nur für Sekundarschulen besteht, und im Interesse der bestmöglichen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf hat die Schulaufsicht in wenigen Einzelfällen eine Klassenbildung unterhalb von 25 Schülerinnen und Schülern akzeptiert. Gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf war an einigen der im Zuge der Sekundarschulerrichtung aufgelösten Schulen bereits fest verankert, so dass eine Verschlechterung bestehender Rahmenbedingungen nicht erfolgen sollte. Eine einheitliche und transparente gesetzliche Regelung zur Klassenbildung unter Berücksichtigung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist bei der Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention vorgesehen. 3. Wie ist die Landesregierung mit den offensichtlichen Änderungen im Rahmen der Unterrichtsorganisation ab der 7. Klasse an einer der Sekundarschulen umgegangen , da diese entgegen der von der Landesregierung ursprünglich verkündeten Genehmigung in Form einer kooperativen Unterrichtsorganisation nunmehr nicht mehr in differenzierten Bildungsgängen unterrichten wird (bitte in den Verfahrensabläufen sowie nach den rechtlichen Vorgaben aufschlüsseln)? Mit Pressemitteilung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 13. März 2012 wurde bezüglich des pädagogischen Konzeptes der neuen Sekundarschulen angegeben, dass zwei Schulen nach Klasse sechs in getrennten Bildungsgängen unterrichten. Dabei wurde die Bischöfliche Sekundarschule am Stoppenberg, Tagesheimschule des Bistums Essen, als Sekundarschule mit kooperativer Organisationsform aufgeführt. Diese Angabe in der Pressemitteilung beruhte auf einem Übertragungsfehler. Das Bistum Essen hatte von Beginn an die Errichtung einer Sekundarschule in teilintegrierter Organisationsform beantragt. Eine nachträgliche Änderung ist nicht erfolgt. 4. Welche gesonderten Bedingungen gelten im Umwandlungsprozess von „Ver- bundschulen“ in Sekundarschulen (bitte nach den rechtlichen Grundlagen und den organisatorischen Folgen aufschlüsseln)? Nach Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Schulstruktur in NordrheinWestfalen vom 25. Oktober 2011 sind Schulträger berechtigt, bereits genehmigte organisatorische Zusammenschlüsse von Schulen bis zum Ablauf des Schuljahres 2019/2020 und da- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1631 4 nach auslaufend fortzuführen. Ab dem 1. August 2020 werden sie kraft Gesetzes als Sekundarschulen geführt. Auf Antrag des Schulträgers ist die Änderung auch vorher möglich. Schulorganisatorisch handelt es sich bei der Umwandlung um eine Änderung im Sinne des § 81 Absatz 2 SchulG und nicht, wie bei den übrigen Sekundarschulen, um eine Neuerrichtung . Dies hat zur Folge, dass die Schule insgesamt mit der Änderung als Sekundarschule geführt wird. Im Sinne des Bestandsschutzes bestehender Schulen müssen Verbundschulen als fortgeführte Schulen bei der Änderung nicht die Errichtungsgröße von mindestens 75 Anmeldungen erreichen. Für die Fortführung gelten die gemäß § 93 Absatz 2 Nummer 3 SchulG bestimmten Klassengrößen. Die Fortführungsgröße wurde im Hinblick auf die beabsichtigte Regelung in der Verordnung zu § 93 Absatz 2 SchulG auf mindestens 60 Schülerinnen und Schüler festgelegt. Von den genannten Schulen betreffen diese Übergangsregelungen die Sekundarschule Oerlinghausen.