LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/166 03.07.2012 Datum des Originals: 02.07.2012/Ausgegeben: 06.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 10 vom 31. Mai 2012 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/29 Nationalparkplanungen: Zahlt das Land aus Steuermitteln dem Landesverband Lippe 1,15 Millionen Euro? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 10 mit Schreiben vom 2. Juli 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach den bisherigen Überlegungen der Landesregierung soll bei den NationalparkPlanungen auch vorgesehen sein, dass Flächen des Landesverbandes Lippe zur Gebietskulisse möglicher Nationalparkflächen gehören. Ausweislich einer Berichterstattung im Westfalenblatt vom 8. März 2012 wird davon ausgegangen, dass der Landesverband Lippe „den Holzeinschlag auf den möglichen Nationalparkflächen stark eingeschränkt“ hat. Der hierdurch entstehende Einnahmeausfall beim Landesverband Lippe solle durch eine „Liquiditätshilfe des Landes NRW in Höhe von 1,15 Millionen Euro ausgeglichen“ werden. Vorbemerkung der Landesregierung Auf Basis eines vom LANUV erstellten Gutachtens vom Mai 2011 ist die Einrichtung eines Nationalparks im Raum Teutoburger Wald/Eggegebirge möglich. Von der Gebietskulisse befinden sich 29,8 % der Flächen derzeit im Eigentum des Landes und 45,2 % im Besitz des LVL. Voraussetzung für die Realisierung eines Nationalparks ist, dass auf den überwiegenden Flächen eine natürliche Entwicklung stattfinden kann. Dies ist insbesondere auf landeseigenen Flächen möglich. Daher beabsichtigt das Land, weitere potentielle Prozessschutzflächen zu erwerben. Während der private Waldeigentümer und die Kommune, die ebenfalls Flächen innerhalb der Kulisse des geplanten Nationalparks besitzen, dem Land mitgeteilt haben, dass sie nicht bereit seien, ihre Flächen dem Land anzubieten, hat die Verbandsver- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/166 2 sammlung des LVL im Dezember 2010 beschlossen, die Flächen des LVL unter Berücksichtigung eines angemessenen Wertausgleichs in den Nationalpark einzubringen. Dies soll durch Tausch von wert- und ertragsgleichen Flächen mit dem Land NRW erfolgen. Etwaige wirtschaftliche Nachteile des LVL müssen im Rahmen dieses Tausches vollständig kompensiert werden. So wurde bereits vor der Bewertung zwischen dem LVL und dem Land NRW festgelegt, dass in den über 100 Jahre alten Buchenbeständen und in den über 150 Jahre alten Eichenbeständen auf den LVL-Tauschflächen ab November 2011 keine Nutzungen mehr stattfinden, da diese Wälder für den künftigen Nationalpark besonders wertvoll sind. Die Bewertung der Tauschflächen durch einen öffentlich bestätigten und vereidigten Gutachter wurde vom Land im Oktober 2011 beauftragt und ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Um Veränderungen des Wertes durch eine Holzentnahme zu verhindern, wurde vereinbart, dass auf allen Tauschflächen ab dem Zeitpunkt der terrestrischen Datenaufnahme des Gutachters keine Bewirtschaftungsmaßnahmen mehr durchgeführt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt: 1. Trifft es zu, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Landesverband Lippe zu einer Zahlung in Millionenhöhe verpflichtet hat, um unter anderem einen Einnahmeausfall beim Landesverband Lippe auszugleichen? Die o.a. Hiebsruhe auf den Tauschflächen bedeutet, dass der LVL aufgrund fehlender Holzerlöse reale Einkommensverluste hat. Die Höhe der nachgewiesenen Einnahmeverluste beträgt im Jahr 2012 1,15 Mio. Euro und im Jahr 2013 ggf. 1,6 Mio. Euro. Der Betrag für das Jahr 2013 ist höher, da der LVL 2011 noch Nutzungen vorziehen konnte und 2012 bis zum Abschluss der terrestrischen Datenaufnahme noch eine eingeschränkte Nutzung insbesondere im Nadelholz möglich war. Zur Sicherstellung der notwendigen Liquidität hat das Land dem LVL für den Zeitraum zwischen Bewertung und Besitzeinweisung mit Schreiben vom 21.11.2011 eine zurückzuzahlende zinsfreie Liquiditätshilfe in Höhe von insgesamt 1,15 Mio. Euro für den im Jahr 2012 anfallenden Ertragsausfall des LVL verbindlich zugesichert. 2. Wenn ja: Auf welcher Grundlage beziehungsweise Vereinbarung basiert eine solche Zahlung? Mit Schreiben vom 21.11.2011 hat das Land dem LVL für den Zeitraum zwischen Bewertung und Besitzeinweisung eine zurückzuzahlende zinsfreie Liquiditätshilfe in Höhe von insgesamt 1,15 Mio. Euro verbindlich zugesichert. In einer vertraglichen Vereinbarung vom 19. März 2012 sind weitere Details, wie eine evtl. Liquiditätshilfe für 2013 sowie die Festlegung der Aus- und Rückzahlungsmodalitäten geregelt. Die Liquiditätshilfe ist innerhalb von 3 Jahren nach dem Tausch vollständig und zinslos zurückzuzahlen . Da während der Hiebsruhe auf den Tauschflächen der Holzvorrat durch das Baumwachstum ansteigt, kann das „angesparte“ Holz nach dem Tausch durch einen erhöhten Einschlag genutzt und verkauft werden. Da dies naturverträglich und marktgerecht geschehen soll, muss der Rückzahlungszeitraum für die Liquiditätshilfe über 3 Jahre gestreckt werden. Durch die Rückzahlungsverpflichtung reduzieren sich die Kosten des Landes auf den zu tragenden Zins. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/166 3 3. Zu welchem Zeitpunkt sollen diese Zahlungen an den Landesverband Lippe fließen? Für das Jahr 2012 sind folgende Zahlungsziele vereinbart worden: Zum 22.03.2012: 575.000 € Zum 15.08.2012: 287.500 € und zum 15.11.2012: 287.500 €. Sofern im Jahr 2013 ebenfalls eine Liquiditätshilfe notwendig ist, soll diese jeweils zur Quartalsmitte gezahlt werden. 4. Warum wird entgegen des von der Landesregierung stets vorgegebenen Politikstils der Einladung und des Dialogs der Landtag beziehungsweise insbesondere der zuständige Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei Zahlungen aus Steuermitteln in dieser Dimension nicht informiert? Die Landesregierung hat das Parlament und insbesondere den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz stets über die relevanten Aktivitäten zur geplanten Ausweisung des Nationalparks Teutoburger Wald/Eggegebirge informiert . 5. Sind über die aus der angesprochenen Presseberichterstattung hervorgehenden Zahlungen an den Landesverband Lippe weitere Zahlungen an andere Eigentümer von Nationalparkflächen im Zusammenhang mit Einnahmeausfällen aufgrund eingeschränkten Holzeinschlages vorgesehen? Sofern weitere private oder kommunale Eigentümer ihre Flächen dem Land zum Tausch zur Verfügung stellen würden, wäre das Land grundsätzlich bereit, über eine zeitlich begrenzte und vollständig zurückzuzahlende Liquiditätshilfe zu verhandeln. Dies ist jedoch derzeit nicht der Fall.