LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1717 17.12.2012 Datum des Originals: 17.12.2012/Ausgegeben: 20.12.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 652 vom 8. November 2012 der Abgeordneten Marcel Hafke und Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/1382 Versäumnisanzeigen bei Schulpflichtverletzungen von Schülerinnen und Schülern – Besteht eine generelle Nichtanzeigeregelung am Ende der Schulpflicht? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 652 mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Versäumnisse von Schülerinnen und Schülern, die wiederholt dem Unterricht fernbleiben, werden von den Schulen dem jeweiligen Schulamt gegenüber angezeigt. Bei Nichterfüllen sollen erzieherische Maßnahmen Anwendung finden, auch kommen Ordnungsmaßnahmen in Betracht; hierbei gilt es, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Gegebenenfalls kann auch ein Bußgeldverfahren aufgrund von Schulpflichtverletzungen angestrengt werden (§ 126 SchulG). In Kommunen ist es nunmehr in diesem Zusammenhang zu Anweisungen an die Schulen gekommen, die dort offenbar zu einer Verunsicherungen geführt haben. Laut dieser Vorgaben könne bzw. solle eine Anzeige von Schulversäumnissen von Schülerinnen und Schülern , die zum Ende des entsprechenden Schuljahres ihre Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, nur noch bis zum Februar des Jahres entgegengenommen werden. Danach auftretende Versäumnisse wären demnach nicht mehr sanktionsfähig. Vor Ort bestehen Irritationen darüber , wie diese Regelung einzuordnen sei. Vorbemerkung der Landesregierung In Nordrhein Westfalen besteht Schulpflicht in der Primarstufe und Sekundarstufe I (Vollzeitschulpflicht ) sowie in der Sekundarstufe II (§§ 37 und 38 Schulgesetz - SchulG). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1717 2 Der Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung „Überwachung der Schulpflicht “ vom 4.2.2007 (ABl. NRW. S. 155) beschreibt unter Nummer 3 Maßnahmen, die Schulen und Schulaufsichtsbehörden ergreifen können, um Schulpflichtverstößen entgegenzuwirken (Erzieherische Einwirkungen, Beratung der Betroffenen sowie deren Eltern, Ordnungsmaßnahmen , Zwangsweise Zuführung, Verwaltungszwang sowie Ordnungswidrigkeitenverfahren ). Für die Durchführung von Bußgeldverfahren sind neben den Regelungen des § 126 SchulG und den Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) die Ausführungen unter Nummer 3.5 des Runderlasses für Schulen und Schulaufsichtsbehörden verbindlich. Die Verfolgung und Ahndung von Schulpflichtverletzungen obliegt im Bereich der Grund-, Haupt- und Förderschulen dem zuständigen Schulamt, im Bereich der Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, Gymnasien, Berufskollegs sowie der Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Hören und Kommunikation, Sehen und den Schulen für Kranke der zuständigen Bezirksregierung. Nach dem im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Opportunitätsgrundsatz liegt die Verfolgung im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde (§ 47 OWiG). Dies bedeutet, dass Schulaufsichtsbehörden nicht stets verpflichtet sind, bei Versäumnisanzeigen Bußgeldverfahren einzuleiten und durchzuführen. Im Abwägungsprozess können auch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Sofern das Bußgeld in erster Linie der Sanktion des Schulpflichtverstoßes dienen soll, ist die Verfolgung und Ahndung auch kurz vor Ende der Schulpflicht zweckmäßig. Ein Bußgeld, das vorrangig auf die Sicherstellung des künftigen regelmäßigen Schulbesuchs gerichtet ist, würde hingegen keinen Sinn mehr machen. Grundsätzlich ist das bevorstehende Ende der Schulpflicht kein Verfolgungshindernis. Lediglich bei der Entlassung einer Schülerin oder eines Schülers von der Schule auf Grund einer Ordnungsmaßnahme (§§ 53 Abs. 3 Nr. 5, 47 Abs. 1 Nr. 9 SchulG) ist die Verfolgung der Schulpflichtverletzung in den Fällen des § 126 Abs. 1 Nr. 5 SchulG gemäß § 126 Abs. 2 Satz 2 SchulG unzulässig. 1. Ist die beschriebene Anweisung nach Kenntnis der Landesregierung übliche Praxis? Nein. Nach den Berichten der Bezirksregierungen sind in den Bezirken Detmold und Köln weder von den Schulämtern noch von den Bezirksregierungen entsprechende Anweisungen ergangen. In den Internetauftritten der Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf und Münster finden sich Hinweise auf Antragsfristen zur Einleitung von Bußgeldverfahren gemäß § 126 SchulG an Schulleitungen, die aber in keinem Fall konkret auf das Ende der Vollzeitschulpflicht abstellen . Es bestehen im Übrigen keine Bedenken, wenn die zuständigen Schulaufsichtsbehörden den Schulen im Rahmen ihrer Fachaufsicht Hinweise zum Verfahren geben. 2. Handelt es sich bei dieser Vorgabe um eine landeseinheitliche Regelung? Nein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1717 3 3. Ist die beschriebene Anweisung aus Sicht der Landesregierung unweigerliche Folge der Verfahrensdauer bei Bußgeldverfahren? Nein. 4. Teilt die Landesregierung die Befürchtung von Schulen, dass diese Regelung zu vermehrten Unterrichtsversäumnissen führen kann? Nein. 5. Welche alternativen Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Landesregierung für Schulen bei Schülerinnen und Schülern, die bis zum Ende des Schuljahres die Vollzeitschulpflicht erreicht haben werden, über den Februar hinaus deren Unterrichtspräsenz sicherzustellen? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen.