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kleineAnfragen
LANDTAG NORDRHEIN
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WESTFALEN
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. Wahlperiode
Drucksache
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03.01.2013
Datum des Originals:
27.12.2012
/Ausgegeben:
08.01.2013
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein
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Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
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Westfalen unter
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Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
705 vom 22. November 2012
des Abgeordneten Dr. Marcus Optendrenk CDU
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Belastbarkeit der Berechnungen zur
Wiedereinführung der Vermögensteuer und
Rücknahme der Kompensationsleistungen bei Wiedereinführung der Vermögensteuer
Der Finanzminister
hat die Kleine Anfrage 705 mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 n
a-
mens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Die Vermögensteuer wird seit dem 1. Januar 1997 nicht mehr erhoben. Die Länder haben
zur Kompensation den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer von 2
% auf 3
% und die Er
b-
schaftsteuer erhöht. Am 8. August 2012 hat
Finanzminister Dr. Norbert Walter
-
Borjans einen
Vorschlag zur Wiedereinführung der Vermögensteuer veröffentlicht. Zur Abschätzung der
Aufkommens
-
und Verteilungswirkungen haben die Länder Nordrhein
-
Westfalen, Rheinland
-
Pfalz, Baden
-
Württemberg und Hamburg
beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Für die Analyse der Aufkommens
-
und Verteilungswirkungen hat das DIW auf Daten aus der
Vermögensbefragung im Rahmen der Erhebungswelle 2007 des Sozio
-
Oekonomischen P
a-
nels (SOEP), in dem nach eigener Aussage des DIW die sehr wohlhabenden Haushalte
nicht erfasst sind, sowie aus der Liste der 300 reichsten Deutschen laut manager
-
magazin
2007 zurückgegriffen. Bei dieser Liste handelt es sich um eine unwissenschaftlich zus
a
m-
mengestellte Vermögensdarstellung, die teilweise keine Rückschlüsse auf die steuerpflicht
i-
ge Person, die unbeschränkte Steuerpflicht und die Zuordnung des Vermögens erkennen
lässt.
Das DIW kommt zu dem Ergebnis, dass eine wiederbelebte Vermögensteuer b
ei einem
Steuersatz von 1 Prozent ein zusätzliches Steueraufkommen von 16,5 Mrd. Euro pro Jahr
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erbringen könnte. Dabei sind mögliche Anpassungsreaktionen der Steuerpflichtigen nicht
berücksichtigt. Die Erhebungskosten der Vermögensteuer, also die Befolgung
skosten der
Steuerpflichtigen und die Verwaltungskosten der Finanzbehörden einschließlich des Mi
n-
deraufkommens für korrigierte Fehler bei der Immobilienbewertung, schätzt das DIW auf
insgesamt 1,8 Prozent des Aufkommens.
Um belastbare Ergebnisse für die A
ufkommens
-
und die Verteilungswirkungen einer Verm
ö-
gensteuer einschließlich Erhebungskosten zu erzielen, kommt es auf die zu Grunde gelegten
Daten an. Je schlechter die Datengrundlage, umso weniger können die Ergebnisse des Gu
t-
achtens für Entscheidungen de
r Politik herangezogen werden. Nicht belastbare Ergebnisse
bergen die Gefahr, falsche Entscheidungen zu treffen, die dem Standort Deutschland und
damit der deutschen Volkswirtschaft schaden.
1.
Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus der Aussage in de
m DIW
-
Gutachten, dass das Sozio
-
Ökonomische Panel 2007 die wohlhabenden Hausha
l-
te nicht hinreichend erfasst und deshalb zusätzlich unwissenschaftlich erhobene
Daten aus dem manager
-
magazin 2007 zugrunde gelegt werden, um die Au
f-
kommens
-
und Verteilungswirk
ungen einer wiederbelebten Vermögensteuer da
r-
zustellen?
Aktuelle steuerstatistische Daten zum Vermögensbestand in Deutschland sind aufgrund der
nur bis 1996 erhobenen Vermögensteuer nicht vorhanden. Auch andere amtliche Statistiken
zur Vermögensverteilung
auf einzelne Steuerpflichtige existieren derzeit nicht. Diese Lücke
schließt das DIW für sein Gutachten durch die Heranziehung empirischer Daten. Daraus hat
es ein Mikrosimulationsmodell zur Vermögensverteilung in Deutschland entwickelt. Die
Überprüfung d
er Ergebnisse anhand volkswirtschaftlicher Größen und eigener Berechnu
n-
gen lassen auf die Stimmigkeit der Ergebnisse schließen.
Die verbleibende Unsicherheit wird durch großzügige Sicherheitsabschläge hinsichtlich des
zu erwartenden Aufkommens berücksichti
gt.
2.
Ist die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass einerseits die Vermöge
n-
steuer das Vermögen einzelner natürlicher, im Inland lebender Personen erfasst,
andererseits im manager
-
magazin häufig nur die Familien ohne Hinweise auf
Wohnsitz, Anteil und
Struktur des Vermögens aufgeführt werden, der Auffa
s-
sung, dass das manager
-
magazin eine hinreichende Datengrundlage zur Pro
g-
nose von Aufkommens
-
und Verteilungswirkungen einer revitalisierten Verm
ö-
gensteuer ist? (Wenn ja, bitte begründen.)
Soweit in dem
zur Schätzung der Aufkommenswirkungen verwendeten Datenmaterial Au
s-
landsfälle enthalten waren, sind diese im Rahmen des Gutachtens herausgerechnet worden.
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3.
Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Schätzung des Befolgungs
-
und
Verwaltungsaufwandes für den Steuerpflichtigen in hochkomplexen Fällen,
insbesondere in Fällen mit umfangreichen Betriebsvermögen und schwierigen
Bewertungsverfahren, mit 25 Stunden für den Steuerpflichtigen und vereinf
a-
chend mit 12,5 Stunden für die Finan
zverwaltung angemessen ist?
(Wenn ja, bitte erläutern, warum aktuelle Bewertungsfragen bei Unternehmen zur
Bestimmung des erforderlichen Verkehrs
-
und/oder Substanzwertes in der Pr
a-
xis sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Finanzv
e
r-
waltung ein Vielfaches des prognostizierten Befolgungs
-
und Verwaltungsau
f-
wands betragen.)
Die Einschätzung des mit der Wiedereinführung der Vermögensteuer erwarteten Verwa
l-
tungsaufwands ist angemessen. Nach eigenen Berechnungen des derzeit diskutierten
Ve
r-
mögensteuerkonzepts beträgt der Verwaltungsaufwand für die Finanzverwaltung weniger als
1
% des Steueraufkommens von 11,5 Mrd. € (Anteil NRW rd. 2,5 Mrd.). Die getroffenen A
n-
nahmen für die Festsetzung der Vermögensteuer, die Bedarfsbewertung nach § 151
BewG
und die Unterstützungsprozesse beziehen sich auf Bearbeitungs
-
Durchschnittswerte. Die
Einschätzung der Landesregierung deckt sich mit den im DIW
-
Gutachten genannten Kosten.
Die Erhebungs
-
und Verwaltungskosten werden im DIW
-
Gutachten mit insgesamt 1,
8
% des
Steueraufkommens geschätzt.
4.
Welche eigenen Berechnungen und Datengrundlagen zieht die Landesregierung
für die Wiederbelebung der Vermögensteuer mit welchen Ergebnissen heran?
Eigene Berechnungen zur Vermögensteuer haben zu vergleichbaren Erge
bnissen wie das
DIW
-
Gutachten geführt. Im Übrigen ist im Rahmen der Erstellung der Studie ein Informat
i-
onsaustausch zwischen den Fachebenen der Finanzministerien der kooperierenden Lä
n-
dern, Baden
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Württemberg, Rheinland
-
Pfalz, Hamburg, Nordrhein
-
Westfalen u
nd dem DIW
erfolgt. Insoweit stellen die Ergebnisse des DIW
-
Modells die derzeitige Schätzgrundlage der
Landesregierung zur Vermögensteuer dar.
5.
Wird die Landesregierung bei einer Wiederbelebung der Vermögensteuer die
Grunderwerbsteuererhöhung
zurücknehmen bzw. sich für eine Rücknahme der
Erbschaftsteuererhöhung aussprechen? (Wenn nein, bitte begründen.)
Das aktuell geltende Steuerrecht ist seit der Nichterhebung der Vermögensteuer ab dem
01.01.1997 durch teilweise erhebliche Änderungen geprägt
worden. So beruht die Reform
des seit dem 01.01.2009 geltenden Erbschaftsteuerrechts auf den Vorgaben des Bundesve
r-
fassungsgerichts mit Beschluss vom 07.11.2006 (1 BvL 10/02; BVerf
-
GE
117, S. 1).
Die
Landesregierung steht zu Ihrer Auffassung, dass die Gew
ährleistung von Bildung, Betre
u-
ung, leistungsfähiger Infrastruktur, von öffentlicher Sicherheit und sozialem Zusammenhalt
einerseits und der notwendigen Haushaltskonsolidierung andererseits eine stärkere Beteil
i-
gung von großen Einkommen und großen Vermögen
an der Finanzierung der staatlichen
Aufgaben erfordert. Die Wiederbelebung der Vermögensteuer wird zusammen mit anderen
steuerlichen Initiativen Teil eines steuerpolitischen Gesamtkonzepts zur Erreichung der g
e-
nannten Ziele sein.