LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1792 04.01.2013 Datum des Originals: 04.01.2013/Ausgegeben: 09.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 686 vom 20. November 2012 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/1509 Bürgeranleihe für Kommunen – ein taugliches und zulässiges Finanzierungsinstrument aus Sicht der Landesregierung? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 686 mit Schreiben vom 4. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Einigkeit besteht in nahezu allen politisch relevanten Kreisen: Die Kommunalfinanzen sind und bleiben angespannt. Auch wenn in NRW ein differenzierter Blick auf die fast 400 Kommunen notwendig ist, wird die kommunale Finanzsituation trotz guter Konjunktur immer mehr zum Hemmschuh für neue Investitionen und die Sanierung des zumeist in die Jahre gekommenen kommunalen Infrastrukturvermögens. Zugleich verändern sich die Rahmenbedingungen, unter denen die Kommunen ihre Kreditversorgung sicherstellen können. So führt „Basel III“ beispielsweise dazu, dass sich der Bankensektor auf neue Regelungen bei u.a. auch Kreditengagements im kommunalen Bereich einstellen muss, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, da es sich bei Kommunalkrediten in der Regel um volumenstarke und zugleich margenarme Geschäfte handelt. Eine Verknappung des Kreditangebotes kann hier sehr schnell zu einer Verteuerung führen. Zugleich rücken neue, alternative Finanzierungsformen in den Fokus. Eine dieser neuen Formen könnten sogenannte Bürgeranleihen sein, durch welche sich Bürgerinnen und Bürger unmittelbar an der Finanzierung zum Beispiel konkreter Projekte in ihrer Kommune (Schulbaumaßnahmen, Sporteinrichtungen, Ausbau von Kindergärten etc.) beteiligen können. Gerade der unmittelbare Bezug, der zwischen konkreten Investitionsvorhaben und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort hergestellt werden kann, ist ein guter Grund, neue Wege in der kommunalen Finanzierung zu durchdenken. Gegebenenfalls kann eine Bürgeranleihe, bei der die sich beteili- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1792 2 genden Bürgerinnen und Bürger je nach Laufzeit, mittel- bis langfristig ihren Anlagebetrag inklusive Zinsen zurückerhalten, eine interessante Alternative zu herkömmlichen Krediten sein, die geeignet ist, die Identifikation des Bürgers mit seiner Kommunen zu stärken. 1. In welchen Kommunen sind die in der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage skizzierten Bürgeranleihen bereits praktiziert worden? Die Gemeinden und Gemeindeverbände unterliegen bei der Beschaffung ihrer Finanzmittel keiner aufsichtsrechtlichen Anzeige- bzw. Genehmigungspflicht. Nach Abfrage bei den Kommunalaufsichtsbehörden sind hier lediglich zwei Städte, die Bürgeranleihen bereits praktiziert haben, bekannt: Stadt Essen (Inhaberschuldverschreibung) Stadt Willich Daneben haben in Monheim und in Unna kommunale Tochterunternehmen Bürgeranleihen begeben. 2. Unter welchen Gesichtspunkten ist eine Bürgeranleihe kommunalaufsichtsrecht- lich zulässig und mit der Gemeindeordnung vereinbar? Bürgeranleihen sind im Rahmen der kommunalen Finanzmittelbeschaffung grundsätzlich zulässig, sofern ihre konkrete Ausgestaltung nicht gegen kommunal- bzw. bankenrechtliche Vorschriften verstößt. Hierbei sind insbesondere das Verbot, ein Bankunternehmen zu betreiben (§ 107 Absatz 7 GO NRW) und das Gebot, dass Kredite nur für Investitionen aufgenommen werden dürfen (§ 86 Absatz 1 GO NRW) anzuführen. 3. Ist aus Sicht der Landesregierung eine Bürgeranleihe als taugliches Finanzie- rungsinstrument beziehungsweise sinnvolle Ergänzung zum klassischen Kommunalkredit anzusehen? Bürgeranleihen unterliegen dem Gebot einer wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltswirtschaft nach § 75 Absatz 1 GO NRW und müssen deshalb im Einzelfall auch danach beurteilt werden. Unter der Voraussetzung, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, können Bürgeranleihen als taugliches Finanzierungsinstrument bzw. als sinnvolle Ergänzung zum klassischen Kommunalkredit angesehen werden. 4. Sofern Frage 3 grundsätzlich bejaht wird: Beabsichtigt die Landesregierung das Modell der Bürgeranleihe im Rahmen der kommunalen Familie, zum Beispiel durch einen Leitfaden zur rechtssicheren Umsetzung, positiv zu begleiten? Nein, ein Bedarf für einen Leitfaden ist derzeit nicht erkennbar. In Einzelfällen stehen die Kommunalaufsichtsbehörden für entsprechende Beratungen zur Verfügung.