LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1799 07.01.2013 Datum des Originals: 07.01.2013/Ausgegeben: 10.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 743 vom 3. Dezember 2012 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/1611 In wie vielen Kommunen sind in ihrer Funktion als Schulträger Probleme bei der Landesförderung des Offenen Ganztags an Grundschulen aufgetreten? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 743 mit Schreiben vom 7. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 18.11.2012 wurde in der Welt am Sonntag unter dem Titel „Kinder, ab in die Ganztagschule !“ über die Probleme von Kommunen berichtet, die Fördergelder zurückzahlen müssten , wenn sie die Anwesenheitspflicht von Kindern im Offenen Ganztagsangebot an Grundschulen zu flexibel handhaben. In dem genannten Artikel wird ausgeführt, dass die rot-grüne Landesregierung die Regelungen der Teilnahmepflicht der Kinder im Offenen Ganztag für flexibel genug erachte. Die Landesregierung setze demnach nur den Rahmen, die Kommunen könnten flexiblere Regeln für Offene Ganztagsschulen erlassen. Der Artikel führt dann jedoch aus: „Mit dieser Aussage kontrastiert indes, was die Kommunen im Land seit gut einem Jahr allerorts spüren: Im Auftrag des Landes bekämpft die Gemeindeprüfungsanstalt, also der Rechnungsprüfer für Kommunen, die flexiblere Handhabung der Anwesenheitspflicht . Lockern die Schulen einer Kommune diese Pflicht erkennbar auf, verhängen die Rechnungsprüfer hohe Geldbußen. Die Stadt Hamm musste gar 850.000 Euro zurückzahlen . Begründung: Wenn das Land die OGTS bezuschusst, muss dafür eine Gegenleistung erbracht werden – die Bildung der Schüler. Wo aber nicht alle Kinder am Nachmittagsangebot teilnehmen, gilt diese als nicht erbracht.“ Selbstverständlich ist die Sicherstellung einer sachangemessenen Verausgabung von Steuergeldern und damit selbstverständlich auch von Fördergeldern des Landes unerlässlich. Jedoch muss hierbei auch bedacht werden, ob die mit der Landesförderung verknüpften Vorgaben im Interesse der Kinder so transparent und sinnhaft ausgestaltet sind, dass die Schulträger diesen auch adäquat nachkommen können. Da auch die FDP-Landtagsfraktion LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1799 2 wiederholt Meldungen über Probleme der Schulträger im Umgang mit den Fördergeldern des Landes für den Offenen Ganztag an Grundschulen erreicht haben, ist es von hoher Bedeutung zu erfahren, in wie vielen Kommunen anhand welcher Kriterien eine solche Prüfung erfolgt ist. Auch ist es im Interesse von Kindern, Eltern und Kommunen notwendig zu ermitteln , in wie vielen der Kommunen auf der Basis der bestehenden rechtlichen Vorgaben Probleme aufgetreten oder diese sogar von Rückzahlungen betroffen sind. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landeszuschüsse zur Offenen Ganztagsschule im Primarbereich werden auf der Grundlage des Erlasses „Gebundene und offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote in Primarbereich und Sekundarstufe I“ vom 23.12.2012 und der Förderrichtlinie „Zuwendungen für die Durchführung außerunterrichtlicher Angebote offener Ganztagsschulen im Primarbereich“ vom 12.02.2003, i.d.F.v. 23.12.2010, gewährt. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) ist eine eigenständige Organisation auf kommunaler Ebene, die selbstständig entscheidet, welche Sachzusammenhänge bei welchen Kommunen geprüft werden. Das Land kann die GPA nicht beauftragen, Prüfungen durchzuführen. Die GPA übersendet ihre Berichte nach Abschluss auch an die zuständigen Bezirksregierungen . 1. In welchen Kommunen ist seit dem 23.12.2010 eine Prüfung der Verausgabung der Fördergelder des Landes für den Offenen Ganztag an Grundschulen durch die Gemeindeprüfanstalt erfolgt (bitte nach Kommunen und jeweiligem Zeitpunkt aufschlüsseln )? Die Gemeindeprüfungsanstalt hat nach den dem Ministerium für Schule und Weiterbildung vorliegenden Unterlagen die Umsetzung der Offenen Ganztagsschule für den Zeitraum von 2006 bis 2008 in 40 Kommunen überprüft. Die Prüfungen haben in 19 Fällen vor dem 23.12.2010 stattgefunden. In 21 Fällen fand die Prüfung im Dezember 2010 oder später statt. Es handelt sich dabei um folgende Kommunen. Die Datumsangabe nennt den jeweiligen Zeitraum, in dem die Prüfung stattfand.  Altenberge  September 2011  Bad Münstereifel  Oktober 2010 bis Januar 2011  Bad Wünnenberg  Juni 2011  Bedburg  Januar bis April 2011  Bergneustadt  Juli bis September 2011  Blomberg  September 2010  Bottrop  Mai 2010  Brakel  August 2010  Büren  November 2010  Burscheid  März bis Mai 2011  Erwitte  Februar bis März 2011  Finnentrop  September bis November 2010  Gelsenkirchen  April 2010  Halle (Westf.)  Dezember 2011 bis März 2012  Halver  Oktober 2010 bis März 2011  Hamm  März 2010  Herne  Januar bis Februar 2010 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1799 3  Hilchenbach  August bis Oktober 2012  Hövelhof  März bis April 2011  Holzwickede  März bis April 2012  Kürten  Oktober 2011 bis Januar 2012  Leopoldshöhe  Mai bis Juni 2010  Leverkusen  Januar bis März 2010  Linnich  April bis Mai 2011  Lüdinghausen  April bis Mai 2012  Monschau  Juli 2011  Morsbach  August bis September 2010  Mülheim a.d.R.  Mai bis September 2010  Remscheid  März bis September 2010  Salzkotten  Dezember 2010 bis Januar 2011  Senden  Juli 2011  Solingen  März bis Mai 2010  Steinheim  Juli bis August 2010  Verl  April bis Mai 2011  Wachtberg  Januar bis März 2011  Wadersloh  November 2011  Wassenberg  Juli bis Oktober 2010  Wickede  März bis April 2012  Windeck  Dezember 2011 bis Februar 2012  Wipperfürth  Oktober bis November 2011 2. In welchen Kommunen ist von Seiten der Gemeindeprüfanstalt seit dem oben genannten Zeitpunkt die Verausgabung der Landesmittel für den Offenen Ganztag an Grundschulen beanstandet worden? Es gab Beanstandungen in fast allen Kommunen. Diese waren sehr unterschiedlich. Siehe hierzu Antwort auf Frage 3. 3. Um welche inhaltlichen Beanstandungen hat es sich jeweils gehandelt? Es gab im Hinblick auf die offene Ganztagsschule im Primarbereich Kritik zu folgenden Punkten:  Es fehlten Listen der teilnehmenden Kinder. Dabei ging es nicht um die Frage, ob Kinder täglich teilnehmen, sondern wie viele Kinder am Stichtag, d.h. der erste Tag nach den Herbstferien, angemeldet waren.  Es fehlten Listen von Kostenplänen.  Die Fördermittel wurden von den Kommunen nicht unverzüglich an die beteiligten freien Träger der Jugendhilfe bzw. die Fördervereine weitergeleitet.  Die Verwendungsnachweise der Träger wurden nicht überall gleichermaßen überprüft.  Es fehlten schriftliche Aufzeichnungen bzw. Vergabevermerke zur Vergabe der Trägerschaft im offenen Ganztag.  Bestimmungen des Zuwendungsbescheids der Bezirksregierungen wurde nicht an die Träger weitergegeben.  Es gab bei einigen Trägern Trägerüberschüsse zum Nachteil der Kommune (das Land war von solchen Überschüssen nicht betroffen). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1799 4  Die Kooperationsvereinbarungen sind zum Teil überarbeitungsbedürftig, insbesondere im Hinblick auf unterschiedlich hohe Elternbeiträge in den Kommunen sowie die rechtlichen Voraussetzungen der Erhebung von Elternbeiträgen. 4. Anhand welcher – zeitlichen – Kriterien stellt die Gemeindeprüfanstalt fest, dass die Präsenz eines Kindes im Offenen Ganztag nicht den Vorgaben zur Landesförderung entsprochen hat (bitte nach stündlichem Zeitrahmen sowie täglicher Teilnahme aufschlüsseln)? Die Gemeindeprüfungsanstalt hat solche zeitlichen Kriterien weder angelegt noch überprüft. Es ging bei der Überprüfung lediglich um die Frage der angemeldeten Kinder am Stichtag. 5. Welche Kommunen haben ab dem oben genannten Zeitpunkt eine Aufforderung zur Rückzahlung welcher Fördergelder für den Offenen Ganztag erhalten (bitte nach einzelnen Kommunen und jeweiligem Betrag aufschlüsseln)? Auf Grundlage der Prüfungen der Gemeindeprüfungsanstalt gab es keine Rückforderungen. Grundlage für die Bemessung der Zuschüsse des Landes ist der erste Tag nach den Herbstferien . Wenn zu diesem Tag festgestellt wird, dass in einer Stadt weniger Kinder tatsächlich an der OGS teilnehmen als ursprünglich zum 31.3. des Jahres beantragt, sind Rückforderungen unvermeidlich. Die Rückzahlung nach Stichtagsmeldungen ist im Übrigen ein übliches Verfahren. Viele Kommunen zahlen nach dem Stichtag anstandslos zu viel zugewiesene Mittel zurück. Unabhängig davon gab es zwei Rückforderungsbescheide zur offenen Ganztagsschule im Primarbereich:  Die Stadt Oberhausen musste OGS-Zuschüsse des Landes für ein einzelnes Kind in Höhe von 838,69 Euro zurückzahlen. Die Eltern hatten sich an das MSW gewandt und moniert, dass sie in der Vergangenheit ihr Kinder immer gegen 13.00 Uhr abgeholt hätten , die Stadt jedoch nicht mehr zuließ, dass ihr Kind an der OGS teilnähme. Die Bezirksregierung hat nachgefragt, ob das Kind über die vom Land zusätzlich bereit gestellte Betreuungspauschale gefördert worden sei. Diese Vermutung bestätigte sich nicht. Die Stadt Oberhausen musste einräumen, dass dieses Kind als OGS-Kind abgerechnet wurde , obwohl es an diesen Angeboten nicht teilgenommen hatte.  Aufgrund der Stichtagsmeldung musste die Stadt Hamm rd. 477.680 EUR zuzüglich Zinsen der OGS-Zuschüsse des Landes zurückzahlen, weil die Zahl der abgerechneten Kinder nachweislich deutlich über der Zahl der tatsächlichen betreuten Kinder lag. Die Stadt hat-te nach dem Stichtag der Bezirksregierung nicht wie vorgesehen die geminderte Zahl der Kinder gemeldet. Es handelte sich um ein Büroversehen des Schulträgers. Das Rückforderungsverfahren und die Verzinsung erfolgten einvernehmlich mit der Stadt Hamm. Einen vergleichbaren Fall in dieser Dimension gab es in den vergangenen Jahren nicht.