LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1800 07.01.2013 Datum des Originals: 07.01.2013/Ausgegeben: 10.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 758 vom 12. Dezember 2012 der Abgeordneten Ina Scharrenbach, André Kuper und Wilfried Grunendahl CDU Drucksache 16/1698 „Regel-Ausnahme-Verhältnis“ bei Abholzeiten in der Offenen Ganztagsgrundschule Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 758 mit Schreiben vom 7. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, der Minister für Inneres und Kommunales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß RdErl. des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NordrheinWestfalen vom 23. Dezember 2010 nimmt ein Teil der Schülerinnen und Schüler der Schule an den außerunterrichtlichen Angeboten in einer offenen Ganztagsschule im Primarbereich teil. Die Anmeldung bindet für die Dauer eines Schuljahres und verpflichtet in der Regel zur regelmäßigen und täglichen Teilnahme an diesen Angeboten. Des Weiteren normiert der genannte RdErl. das sich der Zeitrahmen offener Ganztagsschulen im Primarbereich unter Einschluss der allgemeinen Unterrichtszeit in der Regel an allen Unterrichtstagen von spätestens 8 Uhr bis 16 Uhr, bei Bedarf auch länger, mindestens aber bis 15 Uhr erstreckt. Der Westfälische Anzeiger meldete am 8. Dezember 2011, dass die Stadt Hamm 850.000 EUR an Fördergeldern, die für die Offene Ganztagsgrundschule von Seiten des Landes NRW geflossen sind, zurückzahlen muss. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) hatte festgestellt , dass rund 500 Schülerinnen und Schüler nicht regelmäßig an den Angeboten der Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) teilgenommen haben. In der Folge fordert die Stadt nun Verwendungsnachweise bei den Schulen ein und pocht auf die Einhaltung der Abholzeiten. Am 13. Juli 2012 meldeten die Westfälischen Nachrichten, dass die Gemeinde Lüdinghausen ab sofort strikt auf die Einhaltung der Teilnahmepflicht an den Angeboten der OGS achtet . Das Land droht mit der Rückforderung der Zuschüsse. Seit eineinhalb Jahren würde verstärkt die rechtmäßige Verwendung der Zuschüsse geprüft. Im Fokus hierbei seien insbe- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1800 2 sondere kleinere kreisangehörige Städte. In dem Artikel wird ferner ausgeführt (Auszug aus dem genannten Artikel): „Wir wollen keine Drehtürpädagogik.“, so Harm. Der Ministeriumssprecher räumte zwar ein, dass es Ausnahmen vom OGGS-Besuch an bestimmten Tagen geben könne, aber es müsste klar sein, was die Ausnahme und was die Regel ist. Künftig , so formulierte es die Stadt in den neuen Verträgen, sei der Verbleib der Kinder in der Regel bis 16 Uhr (mindestens bis 15 Uhr) verpflichtend.“ Frau Ministerin Löhrmann hat im Plenum am 30. November 2012 in Bezug auf einen Antrag der CDU-Landtagsfraktion unter dem Titel „Mehr Flexibilität für den Offenen Ganztag im Primarbereich “ folgendes erläutert (Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 30. November 2011): „Erstens. Der offene Ganztag ist ein freiwilliges Angebot, das die Eltern aber verbindlich für ein Jahr wählen. Es ist ein sinnvolles pädagogisches Angebot. Es soll gut sein für die Kinder. Aber es ist natürlich kein Zwangsganztag, weil die Eltern wählen können. Und sie können jedes Jahr neu wählen. […] Insofern glaube ich, dass wir prüfen sollten: Gibt es Probleme in der Anwendung des Erlasses? – Ich behaupte, nicht der Erlass ist das Problem. […] Der Erlass legt fest: In der Regel sollen die Kinder teilnehmen, wenn sie angemeldet worden sind, wenn wir das Geld dafür geben. Aber es muss natürlich vor Ort pragmatisch damit umgegangen werden und festgestellt werden: Gibt es ein Problem? […] Insofern sollten wir genau hingucken: Wo gibt es möglicherweise Vollzugsprobleme? […]Ich habe allerdings auch gehört, dass Einzelfälle vorgetragen worden sind – der Arztbesuch, der Geburtstag der Oma und auch sonstige Einzelfälle –, wozu ich immer sagen würde, das kann vor Ort geregelt werden. Aber jetzt mühsam einen Ausnahmekatalog zu erarbeiten, das hielte ich für schwierig . Dann wird es nämlich knifflig im Detail. Insofern müssen wir in der Administration vor Ort bestimmte Missstände abstellen. Ich habe den Eltern vorgeschlagen: Es gibt eine zeitnahe Besprechung mit Elternvertretungen, mit Vertretern der Grundschulleitungen, mit Vertretern der Kommunen und der Bezirksregierungen , damit wir über die Anwendung des Erlasses sprechen, damit wir diesen Verwerfungen, die es zum Teil gibt, die es aber bei Weitem nicht überall gibt, gerecht werden. Aber ich rate dazu, nicht den Erlass zu ändern; denn der ist vernünftig über lange Jahre hinweg hier in Nordrhein-Westfalen.“ Vorbemerkung der Landesregierung Die der Kleinen Anfrage zugrunde liegende Meldung einer Rückforderung des Landes an die Stadt Hamm in Höhe von 850.000 EUR bezieht sich nicht darauf, dass Schülerinnen und Schüler nicht regelmäßig an den Angeboten der offenen Ganztagsschule teilgenommen hatten , sondern darauf, dass die Zahl der abgerechneten Kinder nachweislich deutlich über der Zahl der tatsächlich betreuten Kinder lag. Die Stadt hatte nach dem Stichtag der Bezirksregierung nicht wie vorgesehen die geminderte Zahl der Kinder gemeldet. Es handelte sich um ein Büroversehen des Schulträgers. Das Rückforderungsverfahren und die Verzinsung erfolgten einvernehmlich mit der Stadt Hamm. Der zurückzuzahlende Betrag bezog sich auf die Schuljahre 2006/2007 bis 2008/2009. Er betrug nicht 850.000 EUR, sondern 477.680 EUR zuzüglich Zinsen. Einen vergleichbaren Fall in dieser Dimension gab es in den vergangenen Jahren nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1800 3 1. Von welchen Städten und Gemeinden wurden in den vergangenen drei Jahren OGS-Mittel zurückgefordert (aufgeteilt nach Kommunen, Jahr und Höhe der Rückforderung )? Grundlage für die Bemessung der Zuschüsse des Landes ist der erste Tag nach den Herbstferien . Wenn zu diesem Tag festgestellt wird, dass in einer Stadt weniger Kinder tatsächlich an der OGS teilnehmen, als ursprünglich zum 31.3. des Jahres beantragt, sind Rückforderungen unvermeidlich. Die Rückzahlung nach Stichtagsmeldungen ist im Übrigen ein übliches Verfahren. Viele Kommunen zahlen nach dem Stichtag anstandslos zu viel zugewiesene Mittel zurück. Eine Auflistung der in den vergangenen drei Jahren in diesem Zusammenhang zurückgezahlten OGS-Mittel ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Unabhängig davon gab es nur einen einzigen Rückforderungsbescheid zur offenen Ganztagsschule im Primarbereich, der sich auf unregelmäßige Teilnahme bezog. Die Stadt Oberhausen musste im Jahr 2012 OGS-Zuschüsse des Landes für ein einzelnes Kind in Höhe von 838,69 Euro zurückzahlen. Die Eltern hatten sich an das MSW gewandt und moniert, dass sie in der Vergangenheit ihr Kinder immer gegen 13.00 Uhr abgeholt hätten, die Stadt jedoch nicht mehr zuließ, dass ihr Kind an der OGS teilnähme. Die Bezirksregierung hat nachgefragt, ob das Kind über die vom Land zusätzlich bereit gestellte Betreuungspauschale gefördert worden sei. Diese Vermutung bestätigte sich nicht. Die Stadt Oberhausen musste einräumen, dass dieses Kind als OGS-Kind abgerechnet wurde, obwohl es daran nicht teilgenommen hatte. 2. Was waren die einzelnen Gründe für die Rückforderungen bei den einzelnen Städte und Gemeinden? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie soll das „Regel-Ausnahme-Verhältnis“ im Offenen Ganztag im Primarbereich von Seiten der Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Kommunen gehandhabt werden? Zur Erfüllung der Vorgaben des Erlasses vom 23.12.2010 ist es lediglich erforderlich, dass Regel und Ausnahme deutlich voneinander unterscheidbar sind. Das Land erlässt keine Vorgaben, welche Ausnahmen zulässig sind, weil es weder sinnvoll noch möglich ist, einen landesweiten Katalog von Ausnahmen zu erstellen, der alle denkbaren Optionen erfasst. 4. Erhalten die Kommunen, bei denen es zu einer Rückforderung von OGS-Mitteln gekommen ist, diese Mittel in Zusammenhang mit der Anwendung des „RegelAusnahme -Verhältnisses“ zurückerstattet? Dies ist angesichts der oben dargestellten Zusammenhänge nicht erforderlich.