LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1804 08.01.2013 Datum des Originals: 07.01.2013/Ausgegeben: 11.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 740 vom 30. November 2012 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/1606 Brennelementkugeln Jülich-USA Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 740 mit Schreiben vom 7. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit 2009 wird öffentlich intensiv über die Entsorgung der rund 300 000 hochradioaktiven und hochangereicherten Brennelementkugeln im Jülicher Forschungszentrum diskutiert. Im Sommer 2012 kam der Vorschlag auf, die Brennelementkugeln in die USA zu exportieren. Dazu teilte die Landesregierung in Drucksache 16/1281 vom 30. Oktober 2012 unter anderem mit: „Zudem steht die Bundesregierung derzeit mit Behörden der Regierung der Vereinigten Staaten in Verbindung, um die Rahmenbedingungen für einen möglichen Rücktransport der Brennelemente zu friedlichen Zwecken zu klären. Die Landesregierung begrüßt und unterstützt diese Initiative.“ Gleichzeitig ist bekannt, dass die Landesregierung sich immer wieder – auch gegenüber der Bundesregierung – gegen Transporte mit hochradioaktivem Atommüll durch NRW und ins Ausland eingesetzt hat. So hat die Landesregierung den Export von hochradioaktivem Atommüll aus Dresden, der derzeit im Zwischenlager Ahaus eingelagert ist, ins russische Majak 2010 unter anderem aufgrund der ungeklärten Entsorgungsfrage in Russland erfolgreich abgelehnt. Damals hatten sich auch zahlreiche norddeutsche Häfen geweigert, die Castoren umzuschlagen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1804 2 Bei den ursprünglich geplanten Atommülltransporten von Jülich nach Ahaus verwies die Landesregierung neben der ungeklärten Endlagerung in Deutschland immer wieder darauf, dass NRW der Transport der 152 Castor-Behälter per LKW über die Autobahnen des Landes nicht zuzumuten sei, schon allein, weil dafür zahlreiche Großkonvois mitten durch die dichtbesiedelten Ballungsräume des Landes rollen müssten. Zahlreiche Kommunen entlang der möglichen Transportstrecken haben entsprechende ablehnende Resolutionen verfasst. Zudem hat sich die Landesregierung – zuletzt in Drucksache 16/1281 – unmissverständlich gegen Atommülltransporte „von einem Zwischenlager ins nächste“ ausgesprochen. Am 17. Juli 2012 schrieb die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ e.V. der Ministerpräsidentin des Landes, Frau Hannelore Kraft, einen Brief, in dem die Bürgerinitiative um Auskunft zu der anvisierten Verlagerung der Brennelementkugeln in die USA und zur dortigen Entsorgungssituation für Atommüll bat. Dieser Brief ist auch nach mehr als vier Monaten noch unbeantwortet. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die mögliche Zwischenla- gerung, Konditionierung, Wiederaufbereitung, Weiterverwertung, militärische Nutzbarkeit oder die mögliche Endlagerung der Jülicher Brennelementkugeln in den USA vor, dass sie die Exportverhandlungen der Bundesregierung schon in diesem frühen Stadium "begrüßt und unterstützt"? Die Landesregierung begrüßt die Rückführung der AVR-Brennelemente in das Ursprungsland als Teil der weltweiten Initiative zur Umstellung von Forschungsreaktoren von hoch auf niedrig angereicherte Brennelemente und deren Rückführung in das Ursprungsland der Brennelemente im Sinne der Non-Proliferation. Die Sicherheit der Bevölkerung und die Sicherung vor terroristischer Verwendung stehen im Mittelpunkt der Landesinteressen. In der im Oktober 2012 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem US-Department of Energy wurde die ausschließlich friedliche Nutzung des Kernbrennstoffs festgeschrieben. 2. Welche Maßnahmen zur "Unterstützung" der Bundesregierung betreibt bzw. plant die Landesregierung konkret? Die Planung und Durchführung des Projekts obliegen dem Forschungszentrum Jülich. Zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem US-Department of Energy wurde eine Vereinbarung geschlossen. Bundesregierung und Landesregierung haben sich diesbezüglich vorher abgestimmt. 3. Welche Kriterien in punkto Transportsicherheit, Zwischenlagerung, Weiterver- wertung, Endlagerung etc. sind für die Landesregierung bei den Verhandlungen mit den US-Behörden ausschlaggebend? Einzelne Kriterien können in diesem frühen Planungsstadium nicht benannt werden. Oberstes Ziel und damit entscheidend für die Kriterienauswahl sind aber die in der Antwort zu Frage 1. genannten Aspekte, d.h. die Sicherheit der Bevölkerung sowie die ausschließlich friedliche Nutzung der Kernbrennstoffe. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1804 3 4. Wie will die Landesregierung ausschließen, dass bei einem möglichen Export der Brennelementkugeln über einen norddeutschen Hafen in die USA dem Land NRW nicht dieselben massiven Castor-Transporte über die Autobahnen des Landes drohen wie bei den unverantwortlichen Plänen, die 152 Castoren ins Zwischenlager nach Ahaus zu bringen? Die Landesregierung hat sich gegen unnötige Transporte in ein Zwischenlager ausgesprochen . Der Standort Jülich wird nicht als geeignetes Endlager diskutiert. Fest steht, dass in jedem Fall die Brennelemente noch einmal transportiert werden müssen. 5. Warum hat die Ministerpräsidentin des Landes, Frau Hannelore Kraft, bis heute nicht den Brief der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" e. V. vom 17. Juli 2012 beantwortet, in dem die Bürgerinitiative zu diesen Fragen ebenfalls um Stellungnahme bittet? Weder im Büro der Ministerpräsidentin noch in der Staatskanzlei ist der Eingang dieses Schreibens festzustellen.