LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1811 08.01.2013 Datum des Originals: 03.01.2013/Ausgegeben: 11.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 702 vom 21. November 2012 des Abgeordneten Oskar Burkert CDU Drucksache 16/1530 Baugenehmigung für ein Pflegezentrum – Barrierefreiheit inklusive? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 702 mit Schreiben vom 3. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Derzeit kann der Bauherr einer zukünftigen Pflegeeinrichtung eine Baugenehmigung nach geltendem Baurecht erhalten, ohne dass die Anforderungen der Barrierefreiheit (DIN 18040) eingehalten werden müssen. So geschehen in einer nordrhein-westfälischen Kommune. Erst spätestens drei Monate vor Inbetriebnahme muss das Angebot nach § 9 Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) der zuständigen Behörde angezeigt werden. Eine Einflussnahme auf die bauliche Ausführung ist dann zu spät. Der Bauherr könnte gegebenenfalls sogar wirtschaftliche Unverhältnismäßigkeit geltend machen, wenn erweitere Anforderungen z. B. nach § 11 WTG oder §§ 1-3 WTG-Durchführungsverordnung gestellt werden . 1. Wie will die Landesregierung die Barrierefreiheit in Pflegeeinrichtungen sicher- stellen? Bei den Pflegeeinrichtungen handelt es sich um öffentlich zugängliche bauliche Anlagen, die die Anforderungen des § 55 BauO NRW erfüllen müssen. Absatz 3 dieser Vorschrift bestimmt , dass für bauliche Anlagen, die überwiegend oder ausschließlich von Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen genutzt werden, wie z. B. Altenpflegeheime, § 55 Abs. 1 BauO NRW für die gesamte Anlage gilt. Dies bedeutet, dass Pflegeeinrichtungen insge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1811 2 samt im Sinne der Vorschrift barrierefrei erreichbar und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend nutzbar sein müssen. § 55 BauO NRW regelt selbst umfassend den Umfang und das Niveau der Barrierefreiheit. Die Anforderungen gelten für Menschen mit allen Arten von Behinderungen. Die untere Bauaufsichtsbehörde hat im Baugenehmigungsverfahren bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung öffentlich zugänglicher baulicher Anlagen zu prüfen, ob das Vorhaben die Anforderungen des § 55 BauO NRW erfüllt. Für die technische Umsetzung zur Herstellung der Barrierefreiheit ist dabei auch die DIN 18040 zu beachten. Diese DINVorschrift ist zwar nicht bauaufsichtlich eingeführt. Die Bauaufsichtsbehörde hat aber darauf zu achten, dass die baulichen Anlagen gem. § 3 Abs. 1 BauO NRW so errichtet oder geändert werden, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet wird und dass die der Wahrung dieser Belange dienenden allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet werden. Hierzu gehört auch die DIN 18040. Die nach dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) zuständige Behörde prüft nach §§ 11 Abs. 1 WTG, 1 WTG-DVO, ob Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe barrierefrei genutzt werden können. Aus diesem Grunde verpflichtet § 9 Abs. 1 WTG die Betreiberinnen und Betreiber spätestens drei Monate vor Inbetriebnahme zur Anzeige an die zuständige Behörde. Eine Einflussnahme auf die bauliche Ausführung ist mit der Anzeigepflicht nicht beabsichtigt; allerdings gehen zukünftige Betreiberinnen und Betreiber, die insoweit nicht schon frühzeitig die Erfüllung der Anforderungen nach dem WTG abgestimmt haben, das Risiko ein, die baulichen Anlagen nicht wie beabsichtigt nutzen zu können. Aus diesem Grunde nehmen zukünftige Betreiberinnen und Betreiber in den meisten Fällen frühzeitig Kontakt mit der nach dem WTG zuständigen Behörde auf. Durch die vorgenannten Vorschriften ist die Barrierefreiheit in Pflegeeinrichtungen gewährleistet . Gesetzliche Defizite liegen nicht vor. 2. Wie viele Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen sind barrierefrei im Sinne der UN- Konvention? Das WTG und die WTG-DVO entsprechen den Grundprinzipien der UNBehindertenrechtskonvention . Dies hat ein im MGEPA durchgeführtes Normprüfverfahren ergeben. Alteinrichtungen genießen den verfassungsrechtlich gesicherten Bestandsschutz nach Art. 14 Grundgesetz. Erkenntnisse über die Zahl der Pflegeheime, die nicht barrierefrei im Sinne der UN-BRK sind, liegen der Landesregierung nicht vor, da es keine statistische Erfassung der Barrierefreiheit in Pflegeeinrichtungen gibt. Die Erfüllung dieser Anforderung muss immer im Einzelfall erfasst werden; es gibt jedoch keine Verpflichtung der nach dem WTG zuständigen Behörden , Zahlen zu erheben und zu aggregieren. Vor dem Hintergrund der zu Frage 1 dargestellten Rechtslage kann es sich zumindest bei Neuerrichtungen nur um Einzelfälle handeln, die auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruhen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1811 3 3. Worin besteht der Lösungsansatz der Landesregierung für den beschriebenen Problemfall? Der (nicht) beschriebene Problemfall ist der Landesregierung nicht bekannt. Hinsichtlich der Rechtslage wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.