LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1818 09.01.2013 Datum des Originals: 09.01.2013/Ausgegeben: 14.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 747 vom 5. Dezember 2012 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/1661 Unrechtmäßige Prozessführung des Landes Nordrhein-Westfalen im Fall Kaykin Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 747 mit Schreiben vom 9. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Serap Güler (CDU) vom 13. September 2012 geht hervor, dass das Land Nordrhein-Westfalen Klage gegen drei natürliche Personen erhoben hat, die u.a. über die Internetseite des ChristlichAlevitischen -Freundeskreises (CAF) teilweise unwahre und teilweise solche Tatsachenbehauptungen über die Staatssekretärin für Integration, Zülfiye Kaykin, verbreitet haben sollen, deren Wahrheit sie nicht beweisen konnten. Das Landgericht Köln hat in erster Instanz die Aktivlegitimation des Landes bejaht und die drei Personen zur Unterlassung dieser Behauptungen verurteilt. In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht Köln demgegenüber entschieden, dass das Land durch die Behauptungen der Beklagten im konkreten Fall nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Daraufhin ist die Klage unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts abgewiesen worden. Damit hat das OLG Köln abschließend festgestellt, dass das Land Nordrhein-Westfalen nicht berechtigt war, den o.g. Rechtsstreit zu führen. Stattdessen hätte die betroffene Staatssekretärin Kaykin den Rechtsstreit in eigenem Namen und damit auch auf eigene Kosten führen müssen. Üblicherweise hat die in einem Berufungsverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsgebühren beider Parteien - also auch die der gegnerischen Partei - zu tragen (§§ 91, 97 ZPO). Die Kostenbefreiung des Landes Nordrhein-Westfalen nach § 2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1818 2 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) bezieht sich insoweit nur auf solche Kosten, die gemäß § 1 GKG dem Gerichtsfiskus geschuldet sind, nicht aber auf diejenigen Kosten, die der Verlierer dem Sieger erstatten muss (vgl. Hartmann, Kostengesetze, § 2 GKG, Rn. 2). Laut Welt am Sonntag vom 09.09.2012 sollen sich diese Kosten auf „mehrere zehntausend Euro“ belaufen . Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung sah die gegen Frau Staatssekretärin Kaykin erhobenen Tatsachenbehauptungen als geeignet an, das Land in der öffentlichen Meinung derart herabzuwürdigen, dass infolgedessen eine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung des Landes bzw. des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales befürchtet werden musste. Sodann wurde nach Beratung durch einen auf das Presserecht spezialisierten Rechtsanwalt der Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend gemacht. Das Landgericht Köln hat dem Antrag auf Unterlassung stattgegeben. Es sah das Land in seinen institutionellen Rechten verletzt und bejahte deshalb die Aktivlegitimation des Landes. Das Oberlandesgericht Köln beurteilte diese Rechtsfrage anders und verneinte die Aktivlegitimation des Landes. Das Oberlandesgericht Köln hat jedoch gerade nicht, wie in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage behauptet, „abschließend festgestellt, dass das Land Nordrhein-Westfalen nicht berechtigt war, den o. g. Rechtsstreit zu führen.“ Vielmehr stellte das Oberlandesgericht Köln Folgendes fest: „Es ist bisher nicht abschließend geklärt, ob die Klagebefugnis eines Hoheitsträgers bei der Geltendmachung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche im Presserecht das Vorliegen einer schwerwiegenden Funktionsbeeinträchtigung voraussetzt und welche Anforderungen gegebenenfalls an die Erfüllung dieser Voraussetzung im Einzelnen zu stellen sind.“ (Fettdruck durch Unterzeichner) Aus diesen Gründen hat das Oberlandesgericht Köln zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen und damit insbesondere dem Land die Möglichkeit eröffnet, den Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof fortzuführen. Von der Revision wurde abgesehen, da sich die Beklagten nach der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln gegenüber Frau Staatssekretärin Kaykin rechtsverbindlich verpflichtet haben, die Behauptungen nicht zu wiederholen . Die Behauptung in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage, „Stattdessen hätte die betroffene Staatssekretärin Kaykin den Rechtsstreit in eigenem Namen und damit auch auf eigene Kosten führen müssen“, ist deshalb unrichtig. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1818 3 1. Auf wessen Veranlassung (in Person) ist das Land Nordrhein-Westfalen in o. g. Rechtsstreit als Kläger aufgetreten? Die Entscheidung, den Rechtsstreit als klagendes Land zu führen, hat Herr Minister Schneider nach entsprechender anwaltlicher Beratung getroffen. 2. War Minister Schneider in o. g. Sachverhalt persönlich in die Entscheidung über die Klageerhebung durch das Land Nordrhein-Westfalen involviert? s. Antwort zur Frage 1 3. Welchen Kostenbetrag hätte die im Berufungsverfahren des o. g. Rechtsstreits unterlegene Partei insgesamt aufwenden müssen, wenn es sich dabei nicht um das Land Nordrhein-Westfalen, sondern um die Privatperson Zülfiye Kaykin gehandelt hätte? In dem genannten hypothetischen Prozess hätte die unterlegene Partei die nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) streitwertabhängigen Gerichts- und Anwalts-kosten aufwenden müssen. 4. Welche Kosten sind dem Land Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit dem o. g. Rechtsstreit insgesamt entstanden? 39.572,46 € 5. Wird Staatssekretärin Kaykin diese Kosten ganz oder teilweise übernehmen und erstatten? Nein.