LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1935 21.01.2013 Datum des Originals: 18.01.2013/Ausgegeben: 24.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 778 vom 17. Dezember 2012 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/1754 Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrerinnen und Lehrern an Realschulen eine Stärkung und Unterstützung des Bildungsangebots zu ermöglichen? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 778 mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die gegenwärtigen Entwicklungen der Schullandschaft verdeutlichen, dass oftmals nicht nur Realschulen geschlossen werden, die aufgrund des demographischen Wandels in ihrer Existenz bedroht sind. Auch von Eltern gewünschte, gut arbeitende und demographiefeste Realschulen werden bei entsprechenden politischen Mehrheiten gezielt zur Schließung auserkoren . Dass sich die Menschen in den Kommunen gegen dieses Vorgehen wehren, verdeutlicht das Bürgerbegehren in Castrop-Rauxel. Dort haben die Bürgerinnen und Bürger mit überwältigender Mehrheit diesem Vorgehen eine Absage erteilt. Auch wenn vielfach Rückmeldungen zu Beratungstätigkeiten verdeutlichen, dass in vielen Kommunen gezielt rot-grüne Schulstrukturpolitik forciert wird, verweist die Landesregierung immer wieder auf die kommunale Zuständigkeit und bezieht sich auf die formalrechtliche Aussage, dass von Landesseite keine Schule geschlossen werde. Laut offizieller Zahlen, die von der Schulministerin auf der Jahresauftaktpressekonferenz mitgeteilt wurden, ist die prozentuale Übergangsquote an Realschulen zum laufenden Schuljahr von 28,7 auf 28,9 Prozent angestiegen. Damit liegen die Realschulen hinter den Gymnasien mit einer Übergangsquote von 41 Prozent und vor den Gesamtschulen mit 19 Prozent an zweiter Stelle in der Beliebtheit bei Eltern, deren Kinder von den Grundschulen auf weiterführende Schulen wechseln. Besuchen im laufenden Schuljahr demnach rund 600.000 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1935 2 Kinder und Jugendliche das Gymnasium, liegen die Besuchszahlen der Realschulen mit rund 300.000 ebenfalls in absoluten Zahlen über denen der Gesamtschulen mit rund 247.000 Kindern und Jugendlichen. Da keine verbindliche Übergangsempfehlung besteht, haben die Eltern die Realschulen somit als zweitbeliebteste weiterführende Schulform gewählt . Unterstellt, dass die rot-grüne Landesregierung für alle Kinder und Jugendlichen an allen unterschiedlichen Schulformen bestmögliche Bildungsbedingungen erreichen will, muss die Frage erlaubt sein, welche zukünftigen Maßnahmen die Landesregierung zur Stärkung des Bildungsangebots an Realschulen und somit für rund 300.000 Kinder und Jugendliche an dieser Schulform in den kommenden Jahren ergreifen will. Weder öffentliche Äußerungen der Ministerin für Schule und Weiterbildung noch der Haushaltsplanentwurf 2013 erwecken jedoch den Eindruck, dass die rot-grüne Landesregierung aktiv qualitative Maßnahmen zur Stärkung der Realschulen ergreifen will. Laut Entwurf des Haushaltsplans 05 des Jahres 2013 sinkt vielmehr die Anzahl der Lehrerstellen im Realschulkapitel . Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat stets betont, dass sie die Vielfalt der Bildungslandschaft in NRW unterstützt. Sie ermöglicht den Kommunen im Rahmen des Schulkonsenses, gerade auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung das Schulangebot vor Ort neu zu strukturieren. Zum Schulkonsens gehört die Vereinbarung, dass schrittweise in allen Schulformen der Sekundarstufe I eine Verringerung der Klassenfrequenzrichtwerte im Rahmen der demografischen Effekte erfolgen soll. 1. Wofür werden die Lehrerstellen, die laut Haushaltsentwurf 2013 im Realschulka- pitel abgesetzt werden, jeweils verwandt (bitte für die laut Planungen abzusetzenden Stellen im Einzelnen aufschlüsseln)? 2. Werden den Realschulen im Haushaltsentwurf 2013 Stellenanteile aus demogra- phischen Entwicklungen, die an dieser Schulform anfallen, zur Verfügung gestellt ? 3. Welche zusätzlichen personellen Maßnahmen plant die Landesregierung im Haushaltsjahr 2013, die die Realschulen in ihrer pädagogischen Arbeit unterstützen ? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet: Die Veranschlagung der Lehrerstellen im Haushalt erfolgt nach dem Gesamtdeckungsprinzip . Das gilt auch für die Verwendung der Stellen aus den demografischen Effekten. Eine Zuordnung von kapitelbezogenen Stellenabsetzungen zu bestimmten Mehrbedarfstatbeständen ist daher nicht möglich. Insgesamt geht die Zahl der Planstellen und Stellen im Realschulkapitel (05 330) um 624 zurück. Die Grundstellenzahl im Realschulkapitel sinkt im Haushaltsentwurf 2013 um 743. Die Realschule erhält 19 zusätzliche Stellen für die Rückgabe der Vorgriffstunde, 11 zusätzliche Stellen sind für Fachleiterinnen und Fachleiter an Zentren für die schulpraktische Lehrerausbildung , 70 zusätzliche Stellen für den Ausbau des Ganztagsunterrichts und 18 zu- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1935 3 sätzliche Stellen für den Ausbau der Leitungszeit ausgewiesen. Bei der Leitungszeit wird die sogenannte Sockelentlastung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG für alle Schulen außer Grundschulen von 6 auf 9 Stunden angehoben. Darüber hinaus sind Planstellen und Stellen in Kapitel 05 300 - Schulen gemeinsam - veranschlagt , an denen auch die Realschulen partizipieren. Hierbei sei insbesondere auf die Stellen für den Inklusionsprozess, die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausbildungskonsens und die Stellen gegen Unterrichtsausfall und für individuelle Förderung hingewiesen . 4. Welche inhaltlichen Programme bzw. Maßnahmen plant die Landesregierung in den kommenden Jahren, um das Bildungsangebot an den Realschulen zu unterstützen ? Die Realschulen des Landes werden in ihrer Profilierung und Weiterentwicklung vor allem durch die Bezirksregierungen als Obere Schulaufsicht für Realschulen unterstützt. Realschulen können weiterhin, wenn sie dies wünschen, im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten gebundene Ganztagsschulen werden. Der Ganztag bietet die Möglichkeit , das pädagogische Konzept mit außerunterrichtlichen Angeboten zu ergänzen und Hausaufgabenkonzepte im Sinne von Lernzeiten zu entwickeln. Dabei profitieren sie von einem Stellenzuschlag für den Ganztag. Die neu geschaffenen Kernlehrpläne werden durch Implementationsveranstaltungen und Unterstützungsangebote durch das MSW und in den Regionen durch die Bezirksregierungen begleitet. Der Modellversuch „Wirtschaft an Realschulen“ endet mit Ablauf des Schuljahres 2012/2013. Zurzeit werden die Erfahrungen der 70 Modellschulen ermittelt. Nach Vorlage eines Abschlussberichts , der wissenschaftlich durch die Universität Oldenburg und die Hochschule Ruhr-West begleitet wird, wird im Frühjahr 2013 zu entscheiden sein, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Der Übergang Schule/Beruf ist auch für Realschulen eine Herausforderung: Sie müssen ihren Schülerinnen und Schülern sowohl Interesse an einem Studium als auch an einer Berufsausbildung vermitteln. Im Ausbildungskonsens wurde eine standardisierte und systematische Studien- und Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler ab Klasse 8 erarbeitet. Jede Schülerin und jeder Schüler bekommt damit die Möglichkeit, eigene Stärken und Interessen besser zu erkennen und in Verbindung mit dem eigenen Schulabschluss eine realistische Anschlussperspektive zu entwickeln, um sich möglichst gezielt eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte berufliche Existenz aufbauen zu können. 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung in den kommenden Jahren zu ergreifen, um die Pädagogen an den Realschulen bei ihrer Arbeit zu unterstützen (bitte nach Lehrerinnen und Lehrern sowie nach Schulleitungen differenziert aufschlüsseln)? Für das Schulpersonal der Realschulen stehen die Qualifizierungsangebote der staatlichen Lehrerfortbildung zur Verfügung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1935 4 Neben den überregionalen Angeboten der Bezirksregierungen (z. B. Qualifikationserweiterungen ) unterstützen die 53 Kompetenzteams bei den staatlichen Schulämtern die Realschulen insbesondere in den Handlungsfeldern Inklusion, Unterrichtsentwicklung mit dem Fokus auf Umgang mit Heterogenität, individueller und kompetenzorientierter Förderung, Gender Mainstreaming und Ganztag durch Schulentwicklungsberatung, Begleitung bei der fachlichen und fächerübergreifenden Unterrichtsentwicklung, Medien- und Lernmittelberatung sowie der Initiierung von Zusammenarbeit mit kommunalen und anderen Partnern. Für Schulleiterinnen und Schulleiter und die weiteren schulischen Führungskräfte bieten die Bezirksregierungen insbesondere in den Handlungsfeldern Gestaltung und Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht, Personalmanagement, Kommunikation und Kooperation sowie Recht und Verwaltung zahlreiche Qualifizierungen sowohl berufsbegleitend als auch zur Vorbereitung auf die Übernahme eines entsprechenden Amtes an.