LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1947 21.01.2013 Datum des Originals: 21.01.2013/Ausgegeben: 24.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 726 vom 28. November 2012 der Abgeordneten Hendrik Wüst und Jens Kamieth CDU Drucksache 16/1588 (2. Neudruck) Projekt „Knastladen“ – Interveniert die Landesregierung zu Lasten privater Anbieter? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 726 mit Schreiben vom 18. Januar 1013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Branchen-Brief „Markt-Intern“ kritisiert, dass das Projekt „Knastladen“ des Justizministeriums in immer stärkere Konkurrenz zum mittelständischen Büroeinrichtungs-Fachhandel tritt. So habe das Justizministerium in einem Runderlass die Landesbehörden angehalten, ihren Bedarf an Büromobiliar bei den nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten zu decken . Außerdem sei das Projekt von der Abführung der Mehrwertsteuer befreit, was zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung führen würde. Vorbemerkung der Landesregierung Die Beschäftigung der Gefangenen während der Zeit ihrer Inhaftierung ist nicht nur eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, sondern bildet einen wesentlichen Inhalt der Vollzugsgestaltung . Sie dient dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. Nicht zuletzt zur Erfüllung der insoweit vom Strafvollzugsgesetz erteilten Aufträge an die Justizverwaltung, Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuzuweisen und diese den betrieblichen Verhältnissen außerhalb des Vollzuges anzupassen, ist der Justizvollzug auf jede, den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Arbeit angewiesen. Damit wird ein wertvoller Resozialisierungsbeitrag geleistet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1947 2 Beim "Knastladen" handelt es sich um eine Internet-Verkaufsplattform, die neben weiteren Instrumenten der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen aus der Gefangenenbeschäftigung in den Justizvollzugsanstalten dient. 1. Welchen konkreten Inhalt hat der genannte Runderlass des Justizministeriums? Bitte fügen Sie der Antwort eine Kopie des Runderlasses bei. Der "Runderlass des Justizministers, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und aller Landesminister vom 12.11.1976 i. d. F. vom 23.09.1996 (5400 - IV B. 2)" (Anlage) sieht für alle Landesbehörden außerhalb des Justizressorts vor, dass diese ihren Bedarf an Leistungen (Dienstleistungen und Waren) - und damit auch an Mobiliar - zu einem angemessenen Teil in Justizvollzugsanstalten decken sollen. 2. Kommt es nach Ansicht der Landesregierung durch den Runderlass und das Umsatzsteuerprivileg für den „Knastladen“ zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des mittelständischen Büroeinrichtungsfachhandels? Bitte ausführlich begründen. Nein. Die Intention des in Rede stehenden Erlasses ist die Beschäftigung der Inhaftierten und ihre Reintegration in die Gesellschaft. Die Landesverwaltung ist darüber hinaus vor dem Postulat einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung angehalten, ihren eigenen Bedarf durch eigene Dienststellen bzw. Einrichtungen (inhouse-Vergabe) im Rahmen der Selbstversorgung zu decken. Diese Form der Bedarfsdeckung unterliegt damit nicht dem freien Wettbewerb. Diese Möglichkeit sieht das Vergaberecht ausdrücklich vor. § 3 der Vergabe- und Vertragsordnung (VOL/A) ermöglicht eine freihändige Vergabe, wenn Aufträge ausschließlich an Justizvollzugsanstalten vergeben werden sollen. 3. Angeblich werden im „Knastladen“ lediglich vorgefertigte Komponenten zu- sammengebaut. Welchen Anteil machen lediglich aus vorgefertigten Komponenten zusammengesetzte Büromöbel an der Gesamtproduktion des „Knastladen“ aus? Zwischen 3% bis 7% (je nach Auftrag) 4. Kann nach Auffassung der Landesregierung das ursprüngliche Ziel des „Knast- ladens“, „Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln , zu erhalten oder zu fördern“, lediglich durch die Endmontage vorgefertigter Komponenten erreicht werden? Bitte ausführlich begründen. Nein. Die Inhaftierten sind - wie freie Arbeitnehmer auch - von ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen sehr unterschiedlich. Der Justizvollzug soll den Inhaftierten wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und genau diese differenzierten persönlichen Eigenschaften der Inhaftierten berücksichtigen. Um alle Inhaftierten zu erreichen, werden im Vollzug demnach Tätigkeiten von einfachsten Hilfsarbeiten bis hin zu Arbeiten für Facharbeiter angeboten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1947 3 5. Wie hoch ist der jährliche Gewinn des Projektes für den Landeshaushalt. Bitte stellen Sie tabellarisch den jährlichen Umsatz, den jährlichen Reingewinn, die jährliche Abführung an die Landeskasse und den jährlich entgangenen Umsatzsteueranteil durch das Umsatzsteuerprivileg des "Knastladens" für das Land Nordrhein-Westfalen seit Start des Projektes bis heute dar. a) Jährlicher Umsatz Die Vermarktung der Büromöbel der Eigenbetriebe der Justizvollzugsanstalten erfolgt nicht nur über den "Knastladen", sondern auch durch diverse andere Instrumente. (Mund-zu-Mund-Propaganda, Beteiligung der Anstalten an Basaren, Ausstellungen und Messen, Flyer und Kataloge). Da über den "Knastladen" neben den Büromöbeln auch eine Vielzahl anderer Produkte vermarktet wird, ist eine Darstellung des Einnahmevolumens lediglich auf die Büromöbel bezogen nicht möglich. b) Jährlicher Reingewinn für die Landeskasse Von Gewinn bzw. Reingewinn kann im Zusammenhang mit der Gefangenenbeschäftigung nicht gesprochen werden. Die Gefangenenbeschäftigung dient allein der Resozialisierung (siehe Vorbemerkung). Die Einnahmen sind Nebenzweck. Es ist davon auszugehen, dass diese Einnahmen nicht die damit verbundenen Ausgaben decken. c) Jährlich entgangener Umsatzsteueranteil Der Landesregierung liegen zu dieser fiktiven Frage keine Erkenntnisse vor. Zu berücksichtigen wären insoweit allein die Umsätze von Büromöbeln an Externe. Außerdem wäre im Fall einer Steuerpflicht die Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen (z.B. Materialeinkauf) steuermindernd zu berücksichtigen (sog. Vorsteuer). Auf NRW entfallen nach Länderfinanzausgleich ca. 10 v.H. des gesamten Umsatzsteueraufkommens im Bundesgebiet. NRW-Jusl i / / . .(usti/verwahungsvorschnlten-Online Justizverwaltungsvorschriften-Online Pane l of 2 Öffentliches Auftragswesen; hier: Vergabe von Aufträgen an Justizvollzugsanstaiten RdErl. d. Justizministers, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und aller Landesminister vom 12. November 1976 (5400 - IV B.2) - JMBI. NW 1977 S. 15- RdErl. vom 24. Februar 1987 (5400 - IV B. 2) -JMBI. NW S. 75- RdErl. vom 23. September 1996 (5400 - IV B. 2) -JMBI. NW S. 265- Nach § 2 des Strafvollzugsgesetzes soll der Gefangene im Vollzug der Freiheitsstrafe fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Um dieses Vollzugsziel zu erreichen, ist es auch erforderlich, dem Gefangenen Arbeiten zuzuweisen, die dem Fortkommen nach der Entlassung dienen. Nach § 148 des Gesetzes obliegt es den Votlzugsbehorden dafür zu sorgen dass jeder arbeitsfähige Gefangene wirtschaftlich ergiebige Arbeit ausüben kann. II Den Landesbehörden, den der Landesaufsicht unterliegenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen. die Justizvollzugsanstalten bei der Erfüllung dieser gesetzlichen Aufgabe durch die Vergabe von Aufträgen nach den folgenden Richtlinien zu unterstülzen. 1. Die Landesbehörden sollen ihren Bedarf an Leistungen (Dienstleistungen und Waren) zu einem angemessenen Teil in Justizvollzugsanstalten decken Ein Verzeichnis der in Betracht kommenden Justizvollzugsanstalten mit ihren Betrieben und ihrem Lieferprogramm ist als Anlage beigefugt. Die Bedarfsstellen können weitere Stücke bei dem Justizministerium des Landes Nordrhem-Westfalen m Dusseldorf, Martin-Luther-Platz 40. anfordern. 2. Aus haushaltsrechtlicher Gesamtsicht Justizvollzugsanstalten günstiger sind ist davon auszugehen dass Beschaffungen bei Die Aufträge sind freihändig zu erteilen (§ 3 Nr A Buchstabe o) VOL/A) Die Vergabe von Auftragen an Anstalten sozialer Art (z. B. Blindenwerkstätten, Werkstatten für Behinderte) bleibt unberührt. Für den Bereich der Justizverwaltung bestehende weitergehende Bestimmungen werden nicht betroffen Der Gern RdErl vom 6.11.1962, zuletzt geändert durch Gem.RdErl vom 16.5.1974 (SMBI. NW. 20021) wird mit Ablauf des 31.12 1976 aufgehoben http://www.jvv.nrw.de/anzeigeText.jsp?daten=614&daten2-Vor 19.12.2012 NRAY-Justi/.t .lusti/.verwaltungsvorschriflen-Online Page 2 o f 2 © Justizministerium Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2006 - 2012 http://www.j v v. nrw.de/anzeigeTextj sp?daten=614&daten2=Yor