LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1972 24.01.2013 Datum des Originals: 24.01.2013/Ausgegeben: 29.01.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 750 vom 29. November 2012 der Abgeordneten Dr. Günther Bergmann und Margret Voßeler CDU Drucksache 16/1675 Inklusion muss wachsen – Auswirkungen der Inklusionsplanungen auf die Förderschulstrukturen im Kreis Kleve Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 750 mit Schreiben vom 24. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Deutschland gehört zu den Unterzeichnern der UN- Behindertenrechtskonvention. Dort behandelt Art. 24 das Thema Bildung, was als Basis für die unbestritten notwendige Inklusion im Schulbereich dient. Im Kreis Kleve mit seinen rd. 308.000 Einwohnern und einer Nord-Süd-Flächenausdehnung von ca. 65 km sind heute elf Förderschulen (FS) mit insgesamt 1.464 Schülerinnen und Schülern erfolgreich auf den Gebieten geistige Entwicklung, Sprache Primärbereich, emotionale und soziale Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Lernen sowie Sprache tätig. Einzelne Integrativ-Gruppen in Kindergärten haben bisher eine gewisse Sensibilisierung bei Kindern und Eltern für gemeinsames Lernen bis zum 6. Lebensjahr wachsen lassen; weitere Erfahrungen auf dem Gebiet liegen weder bei Kindern und Eltern noch bei Lehrern und Kommunen vor. Die in der Presse kommunizierten Inklusionspläne der Landesregierung und der dabei genannte Umsetzungsstichtag 01.08.2013 haben zu großer Verunsicherung bei Eltern und Lehrern sowie in den Kommunen geführt. Ängste bestehen meist wegen der bis dato nicht erfolgten breiten gesellschaftlichen Aufklärung bzgl. Inklusion und der sich abzeichnenden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1972 2 radikalen Änderungen des Umfeldes der bisherigen FS-Besucher. Die Wahlfreiheit dieser Menschen würde bei Auflösung der FS nicht erhöht, sondern reduziert, da Schulen wegfielen , obwohl nicht alle Eltern ihre Kinder auf Regelschulen schicken möchten, sondern auch weiterhin deren spezielle Unterrichtung an FS wünschen. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Schreiben vom 19. September 2012 hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung den Verbänden und Organisationen des Schullebens (§ 77 Absatz 3 Schulgesetz NRW) und den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände (§ 94 Absatz 1 Landesbeamtengesetz) den Referentenentwurf des Ersten Gesetzes zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) einschließlich einer Begründung und einer synoptischen Übersicht und den Entwurf einer Verordnung über die Schulgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke einschließlich einer Begründung übermittelt. Die Verbände konnten sich dazu bis 2. November 2012 äußern. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung wertet die Stellungnahmen derzeit aus und prüft, ob und in welchen Punkten die Entwürfe zu ändern sind. Danach wird das Kabinett über die Einbringung eines Gesetzentwurfs der Landesregierung beim Landtag entscheiden. Die Verordnung wird gemäß § 82 Absatz 10 Schulgesetz NRW erlassen werden. 1. Wie sehen die Pläne der Landesregierung im Rahmen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes in Bezug auf die Schullandschaft des Kreises Kleve aus? Die Landesregierung verfolgt keine solchen Pläne für den Kreis Kleve. Über die örtliche Schullandschaft entscheiden die öffentlichen Schulträger nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben im Achten Teil des Schulgesetzes. 2. Wie viele der heute im Kreis Kleve bestehenden Förderschulen könnten bei Um- setzung der Gesetzesvorgaben bestehen bleiben und wie viele müssten geschlossen werden? Das Recht der Schulträger, öffentliche Schulen zu errichten und fortzuführen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob sie die Mindestgröße erreichen. Dies richtet sich aufgrund des § 78 Absatz 5 Schulgesetz NRW vor allem nach dem Schüleraufkommen und nach dem Willen der Eltern; das gilt auch für den Kreis Kleve. Der Referentenentwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes sieht nicht vor, hieran etwas zu ändern. 3. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass betroffene Kinder, Eltern, Leh- rer und Kommunen zeitlich und inhaltlich nicht überrumpelt, sondern sorgsam Schritt für Schritt in ihre jeweiligen neuen Situationen und Verantwortungen hineinwachsen können? Der Gesetzentwurf der Landesregierung wird dies sicherstellen, indem der Prozess zielgerichtet und schrittweise angelegt und umgesetzt werden wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1972 3 4. Wie wird die Landesregierung die Einhaltung des Konnexitätsprinzips z.B. auch bei den sog. individuellen Vorkehrungen gewährleisten? Der Gesetzentwurf, den die Landesregierung nach Abschluss ihrer noch laufenden Prüfung vorlegen wird, wird auch auf die Fragen einer Belastung der davon betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Konnexität im Sinne von Artikel 78 Abs. 3 der Landesverfassung eingehen. 5. Hat die Landesregierung eine sukzessive Umsetzung der Inklusion gemäß dem Motto „Inklusion muss wachsen“ geprüft, um so eine schrittweise Umsetzung etwa zuerst in den Grundschulen und damit Gewöhnung aller Beteiligten speziell im Interesse der Kinder zu ermöglichen? Gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gibt es in Nordrhein-Westfalen in unterschiedlichem Ausmaß seit Jahrzehnten in allen Schulstufen. Die Landesregierung beabsichtigt, bei der Umsetzung der sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergebenden Ansprüche schrittweise vorzugehen. Das Nähere wird sich aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung ergeben.