LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1992 29.01.2013 Datum des Originals: 29.01.2013/Ausgegeben: 01.02.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 687 vom 20. November 2012 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/1510 Wie bewertet die Landesregierung die Kritik der GEW an den Planungen bzw. Überlegungen zur Umgestaltung der Ausbildungsvorbereitung? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 687 mit Schreiben vom 29. Januar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die rot-grüne Landesregierung plant umfangreiche Veränderungen im Ausbildungsvorbereitungssystem an Berufskollegs. Allgemein unstrittig ist, dass unnötige schulische „Warteschleifen “ für Jugendliche, die in den Ausbildungsmarkt eintreten wollen, vermieden werden sollten. Auch müssen selbstverständlich bestehende Bildungsangebote und somit auch Bildungsgänge immer auf ihre Effizienz bzw. Effektivität hin geprüft werden. Allerdings drängt sich die Frage auf, ob die von Rot-Grün angedachten und teilweise bereits als Ziel angekündigten Planungen für die Schülerinnen und Schüler die besten Ergebnisse erzielen beziehungsweise die damit verbundenen Erwartungen erfüllt werden. Zu den rot-grünen Planungen für eine APO-BK-Novellierung wurde unlängst in der „nds“, der Zeitschrift der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, ein umfangreicher Artikel veröffentlicht , der die rot-grünen Überlegungen und Ankündigungen deutlich kritisch bewertet. In dem Artikel „Auswirkungen auf die Reform der APO-BK“ erklären die Autoren, dass der bisherige Entwurf einer APO-BK-Novellierung unter Verzicht wissenschaftlicher Evaluationen entstanden sei. Dies könne demnach als Antwort auf das „leichtfertige Politik- und Koalitionsversprechen einer Ausbildungsgarantie“ verstanden werden. Für die im Sommer vorgestellte Studie Göttinger Bildungsforscher – die auf Beantragung der FDP-Fraktion auch im Fachausschuss behandelt werden wird – konstatieren die GEW-Autoren einen „nachgeschobenen “ Charakter, der dem Vorwurf mangelnder fachwissenschaftlicher Begleitung be- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1992 2 gegnen solle. Auch wird in diesem Zusammenhang kritisiert, dass laut Auftraggeber – hiermit ist offensichtlich die Landesregierung gemeint – lediglich ein Teilbereich der Ausbildungsvorbereitung untersucht werde. Generell wird erklärt, dass „ein großes Problem klein geredet“ werde. Die weitergehende Kritik der GEW konzentriert sich auf die Studie, ist jedoch offenkundig auch auf die Überlegungen der Landesregierung gerichtet. Die geplante APO-BK reduziere laut GEW-Artikel das Problem durch eine „schlichte Umwidmung von Bildungsgängen“ Der Bildungsgang Berufsvorbereitungsjahr werde „begrifflich eliminiert und einer zweifelhaften Neukonstruktion der Berufsfachschule zugeschlagen“. Die Autoren der GEW erklären des Weiteren, dass als neues Element die „schlichte und auch unbegründete Abschaffung des vollzeitschulischen Bildungsgangs Berufsorientierung“ hinzukomme. Die entsprechenden Schülerinnen und Schüler würden zukünftig verteilt. Zusammenfassend wird erklärt, dass die Expertise weite Teile der Ausbildungsvorbereitung vernachlässige und einer Entdramatisierung eines berufsbildungspolitischen Problems Vorschub leiste. Abschließend wird in dem Artikel aus Sicht der GEW konstatiert, dass sich „klare Widersprüche “ zwischen den Befunden und Empfehlungen der Studie und der Entscheidung der Landesregierung , 500 Stellen in der Schulform Berufskollegs wegen einer „verbesserten Berufsvorbereitung “ zu streichen, aufzeigen. Auch wenn über die jeweiligen einzelnen Planungen und Überlegungen der Landesregierung zur Umgestaltung der Ausbildungsvorbereitung sowie die Ergebnisse der Studie im Detail zu diskutieren sein wird, ist eine Einschätzung der Landesregierung zu der von der Gewerkschaft „GEW“ vorgetragenen Kritik von großem Interesse. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung der GEW, dass eine wissen- schaftliche Studie „nachgeschoben“ worden sei, um einer Kritik an mangelnder wissenschaftlicher Evaluation zu begegnen? Entgegen der Einschätzung der GEW hat die Landesregierung keine wissenschaftliche Studie „nachgeschoben“. Über die Notwendigkeit der Dualisierung ausbildungsvorbereitender Bildungsangebote besteht bundesweit breiter fachlicher und wissenschaftlicher Konsens, der sich z.B. in dem von 16 Ministerien aus neun Bundesländern und der Bundesagentur für Arbeit unter wissenschaftlicher Begleitung entwickelten Reformkonzept der Initiative "Übergänge mit System" der Bertelsmann Stiftung zeigt. Durch seine Mitarbeit in der Autorengruppe Bildungsberichterstattung ist der Gutachter ein ausgewiesener Experte auch mit Blick auf eine landesübergreifende Perspektive. Auf dieser Grundlage ist eine explorative Analyse ein geeignetes Instrument zur Evaluation und zum Aufzeigen von Perspektiven der Ausbildungsvorbereitung von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf. 2. Anhand welcher Argumente versucht die Landesregierung inhaltlich die Ein- schätzung der GEW zu entkräften, wonach „der bisherige Entwurf einer APO-BKNovellierung “ als Antwort auf „das leichtfertige Politik- und Koalitionsversprechen einer Ausbildungsgarantie“ verstanden werden kann? Der Koalitionsvertrag sieht eine Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf vor. Dafür bedarf es einer Optimierung der Strukturen des Berufskollegs. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1992 3 3. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung der GEW, wonach die geplante APO-BK das Problem der Ausbildungsvorbereitung durch die „schlichte Umwidmung von Bildungsgängen“ reduziere? Bestehende Strukturen werden unter Nutzung ihrer jeweiligen positiven Aspekte weiterentwickelt . Es geht nicht nur um strukturelle Veränderung, sondern um ein unmittelbar auf Unterricht abzielendes, inhaltlich optimiertes Qualifizierungsangebot. 4. Wie bewertet die Landesregierung inhaltlich die Aussage der GEW, wonach die Abschaffung des vollzeitschulischen Bildungsgangs „Berufsorientierung“ schlicht und unbegründet sei? Das vollzeitschulische Berufsorientierungsjahr wird von Jugendlichen mit dem Ziel des Erwerbs des Hauptschulabschlusses besucht, was jedoch vielfach nicht erreicht wird. Die Planungen zur APO-BK sehen weiterhin vollzeitschulische Bildungsangebote vor, die von Jugendlichen für den Erwerb des Hauptschulabschlusses besucht werden können. 5. Mit welchen Argumenten kann die Landesregierung die Aussage der GEW ent- kräften, wonach sich zwischen den Befunden und Empfehlungen der oben genannten Studie sowie dem von Rot-Grün angekündigten Abbau von 500 Stellen an Berufskollegs „schon jetzt klare Widersprüche“ aufzeigen ließen? Die Reduzierung um 500 Stellen resultiert aus dem geringeren Lehrerstellenbedarf. Dieser ergibt sich, da durch die vorgesehenen Maßnahmen die Zahl der sich in Warteschleifen befindlichen Jugendlichen vermindert wird und deren Verweildauer in den Berufskollegs sinkt. Ein Abbau von Qualitätsstandards ist damit nicht verbunden. Für das neue Übergangssystem sind im Einzelplan 05 allein bis 2015 280 Stellen vorgesehen.