LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2030 04.02.2013 Datum des Originals: 04.02.2013/Ausgegeben: 07.02.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 780 vom 20. Dezember 2012 der Abgeordneten Henning Höne und Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/1756 Droht den Bürgern die verpflichtende Dichtheitsprüfung durch die Hintertür? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 780 mit Schreiben vom 4. Februar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Kölner Stadtanzeiger berichtete im Oktober 2012, dass gegenwärtig in der Krankenhausstraße in Hürth, Abschnitt Horbeller Straße bis zur Dankwartstraße, die umfangreiche Sanierung des öffentlichen Kanals stattfindet. Im Zuge dieser Maßnahme sind auch die Prüfung privater Abwasserleitungen gem. § 61a Landeswassergesetz sowie umfangreiche Straßensanierungen vorgesehen, obwohl die Straße in ihrem jetzigen Zustand noch 10 – 15 Jahre funktionstüchtig ist. Der Vorgang ist auf großen Protest der Anwohner gestoßen, die sich in einer Bürgerinitiative organisiert haben. Dies liegt nicht allein an den geschätzten 3,6 Mio. Euro Sanierungskosten für 550 Meter, die zu 70% auf die Anwohner umgelegt werden sollen. Sondern auch an anderen zahlreichen Ungereimtheiten. So wurde die Erforderlichkeit der Gesamtmaßnahme nicht ausreichend nachgewiesen. Zudem besteht Unklarheit über die zukünftige rechtliche Ausgestaltung der sog. Dichtheitsprüfung von Abwasseranlagen, seitdem entsprechende Gesetzgebungsverfahren in den Landtag eingebracht wurden. Weiter wird berichtet, dass nach Angaben der Stadtverwaltung die Sanierung der Krankenhausstraße nötig und zuletzt sogar von der Bezirksregierung angemahnt worden sei, weil die Gefahr von Rohrbrüchen und damit einer Verunreinigung des Bodens bestehe. Demgegen- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2030 2 über habe die Bürgerinitiative aber die Antwort erhalten, die Angelegenheit sei seitens der Bezirksregierung noch gar nicht geprüft. Auch habe die Stadt seit September 2011 erklärt, der fragliche Straßenabschnitt liege in einem Wasserschutzgebiet, für den kürzere Fristen bei der Dichtheitsprüfung zu beachten seien . Inzwischen stehe aber fest, dass die Schutzgebietsfestsetzung nur beantragt worden sei. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit der angeblich unauf- schiebbaren Luxussanierung der Krankenhausstraße? Nach Aussage der Stadtwerke Hürth AöR ist der Zustand der Krankenhausstraße als „technisch abgängig“ zu bewerten. Dieser Zustand würde durch Arbeiten an Kanal, privaten Grundstücksanschlussleitungen, Wasserrohrbrüchen, punktuellen Erneuerungen der Straßenbeleuchtung etc. nachhaltig verschlimmert. Das hätte zur Folge, dass die Krankenhausstraße spätestens dann allein aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht grundlegend erneuert werden müsste. Der Kanal in der Krankenhausstraße wurde im Jahr 1932 hergestellt. Nach Darstellung der Stadtwerke Hürth AöR ist der Zustand des Kanals im Rahmen der Eigenüberwachung nach der Selbstüberwachungsverordnung Kanal im Jahr 2006 erfasst worden. Im in Rede stehenden Abschnitt des Kanals sind danach Innenkorrosion und nicht fachgerecht hergestellte Stutzen festgestellt worden. Mit der Innenkorrosion einhergehend wurden auch vielfach Rissbildung und fehlende Wandungsteile (im Muffenbereich) gefunden. Daneben wurde festgestellt, dass der Kanal auch nicht über die erforderliche hydraulische Leistungsfähigkeit verfügt. An der abwassertechnischen Dringlichkeit der Sanierung der Kanalisation besteht aus Sicht der Landesregierung kein Zweifel. Auch ist es sinnvoll, die Kanalsanierung mit erforderlichen Straßenbaumaßnahmen zu verknüpfen. Denn damit können Synergien genutzt werden. Ob im Zusammenhang oder als Folge der Kanalsanierung auch ein Umbau der Krankenhausstraße geboten ist, ist im Rahmen der der Stadt Hürth verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit zu entscheiden. Aus Sicht der Landesregierung sind die hierzu von den Stadtwerken Hürth AöR zur Notwendigkeit des Neu- bzw. Umbaus der Krankenhausstraße angegebenen Gründe plausibel. 2. Wie beurteilt die Landesregierung es, dass Wasserschutzgebiete einzig deshalb festgesetzt werden sollen, um eine Dichtheitsprüfung gegen den Widerstand vor Ort durchzusetzen? Die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk Hürth wurde bereits im Jahr 2000 (Überarbeitung im Jahr 2001) bei der Bezirksregierung Köln beantragt. Eine Festsetzung ist noch nicht erfolgt. Es handelt sich somit um ein geplantes Wasserschutzgebiet. Ein konkreter Zusammenhang zwischen der Ausweisung des Schutzgebietes und der Diskussion um die Dichtheitsprüfung besteht nicht. Das ist bereits daraus erkennbar, dass in der Fristensatzung der Stadtwerke Hürth für die Krankenhausstraße im Ortsteil HürthHermülheim die gesetzliche Frist nicht verkürzt, sondern um 2 Jahre auf den 31.12.2017 verlängert worden ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2030 3 3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Streit zwischen Anwohnern und der Stadt Hürth zu schlichten? Die Stadt Hürth und die Stadtwerke Hürth haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sehr umfassend über die Notwendigkeit der vorgesehenen Maßnahmen informiert. Da die Durchführung der Sanierung der Kanalisation zwingend erforderlich ist und da es sich darüber hinaus um eine Baumaßnahme im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung handelt , sind Maßnahmen der Landesregierung nicht vorgesehen. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Sanierungsmaßnahme so- lange auszusetzen, bis die Zukunft der Dichtheitsprüfung rechtssicher geregelt wurde? Die Stadtwerke Hürth haben zur Vorbereitung der Baumaßnahme nicht nur den Hauptkanal in der Straße, sondern auch die privaten Haus- und Grundstücksanschlussleitungen untersucht . Insgesamt wurden bei den Untersuchungen bei über 90% der privaten überwiegend in den 1960er Jahren hergestellten Abwasserleitungen Defekte festgestellt, die im Zuge der Straßen- und Kanalbaumaßnahme mit saniert werden. Einer weiteren Prüfung der privaten Abwasserleitungen bedarf es daher zunächst nicht. 5. Inwieweit teilt die Landesregierung die Auffassung, dass, sollte es zu einer ech- ten bürgerfreundlichen Regelung der Dichtheitsprüfung kommen, die Anlieger wegen der Heranziehung zur Mitbeteiligung an der Luxussanierung Entschädigungsansprüche geltend machen können? Eine mögliche Begründung für etwaige Entschädigungsansprüche ist für die Landesregierung nicht erkennbar.