LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2193 26.02.2013 Datum des Originals: 26.02.2013/Ausgegeben: 01.03.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 835 vom 18. Januar 2013 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/1939 In welchem Umfang gilt der Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz – Welche Anmeldefristen gelten für Eltern? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 835 mit Schreiben vom 26. Februar 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bis zur Geltung des Rechtsanspruchs für Kinder unter drei Jahren auf einen Betreuungsplatz sind es nur noch wenige Monate. Angesichts zigtausender fehlender Plätze in NordrheinWestfalen werden Klagen von Eltern wegen Nichterfüllung immer wahrscheinlicher. Hierauf stellen sich auch die Städte und Gemeinden ein. Aus diesem Grund haben der Städtetag und der Städte- und Gemeindebund zwei Rechtsgutachten1 in Auftrag gegeben, die klären sollen, in welchem Umfang Eltern ihren Rechtsanspruch gegenüber den Kommunen geltend machen können. Zu klärende Fragen gibt es viele. So sieht der § 24 SGB VIII, der den Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz normiert, beispielsweise keine konkrete Anmeldefristen für die Erziehungsberechtigten vor. Die Gutachten kommen hier zu dem Schluss, dass Eltern zumindest für eine Übergangszeit den Betreuungsanspruch mindestens 3 Monate vorher anmelden müssen. Eltern, die zu ungewöhnlichen Zeiten eine Betreuung benötigen, müssten allerdings längere Vorlaufzeiten zur Prüfung und Schaffung eines Platzes akzeptieren. Darüber hinaus hätten Eltern keinen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in unmittelbarer Nähe oder der gewünschten Einrichtung und dürften auch auf einen Kindertagespflegeplatz verwiesen werden. Komme es zu einer Schadensersatzklage seien bei den Erstattungsansprüchen ein fiktiver Elternbeitragsanteil und das Betreuungsgeld abzuziehen. 1 Vgl. http://www.staedtetag.de/presse/mitteilungen/064119/index.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2193 2 Ferner ist unklar, inwieweit der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige in einer Kindertagesstätte oder Kindertagespflege vom Geltungsrahmen her über den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Überdreijährige hinausgeht. So wird in einem Artikel vom Handelsblatt vom 16. Januar 2013 „Schadensersatz statt Kitaplatz“ ausgeführt, dass der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijährige bedingungslos gelte . Anders als bei dem schon lange bestehenden Anspruch auf einen Betreuungsplatz in Kindertageseinrichtungen für Überdreijährige beziehe sich der Anspruch für Unterdreijährige auf den tatsächlichen Bedarf. So hätten beispielsweise in der Schichtarbeit tätige Eltern unabhängig von den üblichen Öffnungs- bzw. Schließzeiten einen Anspruch auf ausreichende Betreuung. 1. In welchem Umfang gilt der Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz? 5. Inwieweit geht der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Unterdreijähri- ge über den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Überdreijährige hinaus („bedingungslos“, also für den tatsächlichen Bedarf und unabhängig von den üblichen Öffnungs- und Schließzeiten)? Der Bundesgesetzgeber, der im SGB VIII den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz normiert hat, hat hinsichtlich des Umfangs keine gesetzliche Vorgabe formuliert. Der Umfang kann nicht abstrakt bestimmt werden, sondern orientiert sich unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Strukturen maßgeblich am individuellen Bedarf und am Kindeswohl . Der Rechtsanspruch für ein- und zweijährige Kinder richtet sich auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Der Rechtsanspruch der Kinder ab dem 3. Lebensjahr richtet sich auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung. Hinsichtlich der Mindest- und der Höchstbetreuungszeiten für U3-Kinder machen die Gutachten sehr differenzierte Ausführungen. 2. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung hinsichtlich der in den oben genannten Rechtsgutachten aufgeworfenen Fragen? Die Landesregierung sieht in beiden Gutachten zu wesentlichen Fragen eine Bestätigung – auch im Fachausschuss des Landtages – bereits vertretener Auffassungen, u.a. auch zum zeitlichen Betreuungsumfang. Die systematische und differenzierte Darlegung rechtlicher Aspekte durch die Gutachter ist aus Sicht der Landesregierung für alle Beteiligten eine hilfreiche Unterstützung. 3. Inwieweit will die Landesregierung den Kommunen bezüglich der zulässigen Anmeldefristen für Eltern auf einen U3-Betreuungsplatz Vorgaben machen bzw. Empfehlungen aussprechen? 4. Ist der Landesregierung bekannt, ob Kommunen flächendeckend Anmeldefristen in ihren Satzungen verankert haben? Die Kommunen regeln das Anmeldeverfahren und damit entsprechende Fristen bislang in eigener Verantwortung. Die Verfahren sind dabei sehr unterschiedlich ausgestaltet. Sollte seitens der kommunalen Seite der Wunsch nach einer landeseinheitlichen Regelung geäu- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2193 3 ßert werden, wird sich die Landesregierung einer entsprechenden Prüfung in Zusammenarbeit auch mit Trägern und Eltern gemäß § 24 Abs. 4 SGB VIII nicht verschließen.