LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2240 05.03.2013 Datum des Originals: 04.03.2013/Ausgegeben: 08.03.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 876 vom 24. Januar 2013 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/2027 Welche Länder wollen, dass die Honorarsätze für Handwerker sinken? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 876 mit Schreiben vom 4. März 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz will die Bundesregierung Gebühren, Honorare und Entschädigungen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung anpassen. So sollen unter anderem die Honorarsätze für Handwerker, die als Sachverständige tätig sind, steigen. Der Bundesrat hingegen hat sich in seiner Stellungnahme (Drucksache 517/12) für eine Reduzierung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Honorarsteigerungen in § 9 Absatz 1 Satz 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) ausgesprochen. So sollen Sachverständige in der Honorargruppe 2, denen die Bestellungsgebiete des Handwerks zugeordnet sind, nicht wie von der Bundesregierung vorgesehen 70 Euro, sondern nur noch 65 Euro Honorar für jede Stunde erhalten. Auch in den anderen Honorargruppen sollen laut Beschluss des Bundesrates die Honorare um jeweils fünf Euro für jede Stunde reduziert werden . Begründet wird dies unter anderem mit der staatsbürgerlichen Pflicht für Sachverständige zur Mitwirkung an gerichtlichen Verfahren. Auf eine fehlende Kostendeckung zum Beispiel für das Handwerk wird in dem Beschluss des Bundesrates jedoch nicht eingegangen. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der derzeit geltenden Fassung erhalten Sachverständige für die von ihnen erbrachte Leistung ein Honorar nach einer von insgesamt zehn Honorargruppen mit einem Stundensatz zwischen 50 und 95 Euro. Welche Honorargruppe im Ein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2240 2 zelnen für die Tätigkeit eines Sachverständigen anzuwenden ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG und der dazugehörenden Sachgebietsliste (Anlage 1 zu § 9 Abs. 1). Für die Honorarbemessung ist allein die Frage maßgeblich, auf welchem Sachgebiet eine Gutachterleistung erbracht wird. Die persönlichen Eigenschaften eines Sachverständigen hingegen - wie die berufliche und akademische Ausbildung oder Tätigkeit - sind für die Honorarbemessung unerheblich. Im Einzelfall würde ein „handwerklicher Sachverständiger“ für eine Leistung auf einem bestimmten Sachgebiet dasselbe Honorar bekommen wie ein „akademischer Sachverständiger“. Eine Benachteiligung von Sachverständigen aus dem Handwerk ergibt sich daher nicht. Der Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts sieht künftig Stundensätze zwischen 65 und 125 Euro in nunmehr dreizehn Honorargruppen vor. Das Honorar in der in der Kleinen Anfrage als Beispiel herangezogenen Honorarstufe 2 soll um 27 % steigen . Die Höhe der Stundensätze orientiert sich bereits bei der geltenden Fassung des JVEG an den Marktpreisen, die jedoch ständigen Veränderungen unterliegen. Die auf dem Markt zu erzielenden Preise, die durch den Gesetzentwurf nachvollzogen werden sollen, hat die Hommerich Forschung im Jahr 2009 im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz in einer umfangreichen Marktanalyse ermittelt, in deren Rahmen bundesweit insgesamt 32.035 Fragebögen versandt worden sind und deren Ergebnisse im Dezember 2009 veröffentlicht worden sind (Prof. Dr. Christoph Hommerich, Dipl.-Soz. Nicole Reiß, Justizvergütungsund -entschädigungsgesetz - Evaluation und Marktanalyse -, Bundesanzeiger Verlagsges. mbH). Bei den vorgeschlagenen neuen Honorarsätzen soll ein Abschlag auf die ermittelten Marktpreise mit Rücksicht auf die öffentlichen Haushalte vorgenommen werden. Dieser Abschlag ist damit begründet, dass die Justiz als öffentlicher Auftraggeber ein solventer Schuldner ist und auf dem Markt als „Großauftraggeber“ auftritt. Mit dieser Begründung wurde auch bereits im Kostenrechtsmodernisierungsgesetz des Jahres 2004 und in den vorausgegangenen Gesetzen ein Abschlag vorgenommen. Der Abschlag betrug im Jahr 2004 20 %. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf vom 12. Oktober 2012 (BR-Drucksache 517/12) beantragt, einen solchen Abschlag auch bei dem vorliegenden Gesetzentwurf anzuwenden. Das Honorar in der als Beispiel herangezogenen Honorarstufe 2 würde damit um rund 18 % steigen. 1. Wie hat sich das Land Nordrhein-Westfalen bei der Beschlussfassung im Bun- desrat verhalten ? Nordrhein-Westfalen hat dem Antrag zugestimmt. 2. Auf Initiative welcher Länder hat der Bundesrat vorgeschlagen, die Honorarsätze in § 9 Absatz 1 Satz 1 JVEG gegenüber dem Entwurf um jeweils fünf Euro zu reduzieren ? Es handelt sich um einen unter allen Ländern abgestimmten Antrag, der von Hamburg eingebracht worden ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2240 3 3. Wie bewertet die Landesregierung diese Reduzierung? Die Absicht des Gesetzentwurfs, die Vergütung für Sachverständige an die wirtschaftliche Entwicklung und an die Marktpreise anzugleichen, wird begrüßt. Ebenso wie z. B. der Anwaltschaft muss auch den Sachverständigen eine Erhöhung ihrer Honorare für ihre sehr verantwortungsvolle Tätigkeit zugestanden werden. Auch unter Berücksichtigung der Bundesratsanträge enthält der Gesetzentwurf ausreichende Steigerungen bei den Honoraren. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass handwerkli- che Sachverständige ihre Gutachten künftig nicht mehr kostendeckend erstellen können? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor.