LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/2329 18.03.2013 Datum des Originals: 18.03.2013/Ausgegeben: 21.03.2013 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 898 vom 6. Februar 2013 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/2072 Essener Bürgermeister wirft Landesbetrieb Baumfrevel vor – Welche rechtswidrigen Handlungen hat Straßen.NRW entlang der A 52 begangen? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 898 mit Schreiben vom 18. März 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die alljährliche Gehölzpflege hat um den Jahreswechsel herum Hochkonjunktur. Nach dem nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetz können vom 1. Oktober bis Ende Februar eines Folgejahres Bäume und Gebüsch entlang des landesweit rund 20.000 Kilometer langen Netzes von Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen zurückgeschnitten werden, das der Landesbetrieb Straßen.NRW logistisch versorgt. Insbesondere Grünflächen in der Nähe von stark frequentierten Verkehrswegen bedürfen einer dauerhaften und gezielten Pflege, die auch unter wirtschaftlichen Aspekten gesehen werden muss. Oftmals herrscht in jahrzehntealten Gehölzbeständen mit hohen Baumanteilen eine geringe Artenvielfalt. Ziel der Pflege an diesen Stellen ist es, durch Entnahme von nicht standsicheren und kranken Bäumen die Pflanzungen auszulichten und die Entwicklung von verdrängten Straucharten zu fördern. Der vorhandene Bewuchs wird dann üblicherweise nach einem durchdachten System zurückgeschnitten. Vorrangiges Ziel der Gehölzpflege ist aber die Verkehrssicherheit. Nicht mehr standfeste Bäume oder abgestorbene Äste könnten bei Sturm und Schneelast auf die Fahrbahn fallen und folgenschwere Unfälle verursachen. Sowohl für die Verkehrssicherheit als auch für das Landschaftsbild ist eine professionelle Pflege der Vegetation neben Autobahnen zwingend. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2329 2 Für eine fachgerechte Erledigung der Arbeiten ist seit einigen Jahren ein Team von rund zwei Dutzend Experten landesweit im Einsatz. Diese sogenannten Baumkontrolleure des Landesbetriebs inspizieren ganzjährig Anpflanzungen an Autobahnen in NordrheinWestfalen , um einzelne Bäume auf ihre Standfestigkeit hin zu überprüfen und Bedarf für zukünftige Gehölzpflege zu identifizieren. Als erste Straßenbauverwaltung in Deutschland hat der Landesbetrieb bereits im Jahre 2007 flächendeckend diese Baumkontrolleure als versierte Fachkräfte in seinen Niederlassungen fest eingeführt. 600.000 Bäume werden nach aktuellen Angaben auf diese Weise vom Landesbetrieb fachmännisch betreut. Straßen.NRW führt hierzu aus, dass bereits bei einer neuen Anpflanzung die Erfordernisse der Verkehrssicherheit Berücksichtigung fänden: Beispielsweise würden niedrige Gewächse vorn angeordnet und hohe dahinter. Sinnvoll angelegte Gehölze neben unseren Straßen können damit als wertvoller Sicht-, Blend- und Windschutz dienen, Böschungen befestigen und zugleich das Landschaftsbild gestalten. Durch den regelmäßigen Rückschnitt im Winter bilden Bäume und Sträucher neue Triebe, entwickeln sich in die Breite und werden standsicherer . Diese Pflegemaßnahmen durch Straßen.NRW folgen einem System, auch wenn einzelne Einschnitte für unkundige Verkehrsteilnehmer oder Anwohner manchmal wie ein bloßer Kahlschlag wirken. Auch an den Autobahnen A 40 und A 52 auf Essener Stadtgebiet hat es in der letzten Zeit einige Maßnahmen der Gehölzpflege gegeben. Der grüne Essener Bürgermeister hat daher soeben öffentlich, zum Beispiel in den Lokalmedien von WAZ und NRZ vom 6. Januar 2013, Straßen.NRW scharf attackiert. Er wirft dem Landesbetrieb für für seine Arbeiten entlang der A 40 und A 52 in Essen einen Kahlschlag vor, der „alles andere als fachgerecht“ sei und formuliert wörtlich: „Ich fordere den Landesbetrieb auf, den Baumfrevel zu stoppen und für umfangreiche Ersatzpflanzungen zu sorgen.“ Der Vorwurf des Baumfrevels ist gravierend. Baumfrevel bezeichnet eine widerrechtliche, absichtliche Beschädigung von Bäumen und stellt eine als Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder eine in Deutschland nach Landesrecht strafbare Handlung dar. Vorbemerkung der Landesregierung Die jetzt in die Kritik geratenen Gehölzpflegemaßnahmen wurden im Städtebaugespräch mit der Stadt Essen im Dezember 2012 angekündigt. Eine Presseinformation erfolgte Anfang Januar 2013. 1. Aus welchen Gründen ist die Landesregierung (nicht) der Meinung des Bürger- meisters aus Essen, der Landesbetrieb habe mit dessen Baumfrevel eine rechtswidrige Handlung entlang der A 52 begangen? Die Bepflanzung ist Bestandteil der öffentlich gewidmeten Straßen (§1 FStrG). Die Gehölzpflegearbeiten dienen der langfristigen Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Straßenbegleitgrüns und sind somit vor allem auf die Gewährleistung der Verkehrssicherheit ausgerichtet. Es ist nicht erkennbar, dass der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen rechtswidrig gehandelt hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/2329 3 2. Wie viele Anzeigen gegen den Landesbetrieb sind mit den Vorwurf des Baumfrevels innerhalb des letzten Jahres für das Gebiet der Stadt Essen betreffende Angelegenheiten sowie andererseits für Vorkommnisse dessen Baumfrevels landesweit gestellt worden? Bislang hat es diesbezüglich keine Anzeigen gegen den Landesbetrieb gegeben. 3. Teilt die Landesregierung die öffentliche Auffassung des Essener Bürgermeis- ters, die letzten Arbeiten des Landesbetriebs auf Essener Stadtgebiet am Rande der Autobahnen 40 und 52 seien „alles andere als fachgerecht“ erfolgt? Die Arbeiten erfolgten auf der Grundlage der „Hinweise für die Gehölzpflege an Bundesfernund Landesstraßen in NRW“ und der einschlägigen vom BMVBS eingeführten Merkblätter und Leistungshefte zur Grünpflege. Die Gehölzpflegehinweise beinhalten Vorgaben für eine einheitliche sowohl ökologisch angemessene als auch wirtschaftlich vertretbare Pflege von Gehölzflächen an Straßen. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW gewährleistet die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten in der Regel durch sein für diese Aufgaben geschultes Personal. Das Hinweispapier wird zur Zeit von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe auf Optimierungsmöglichkeiten geprüft, um zukünftig noch klarer zum Ausdruck zu bringen, dass die Gehölzpflege an Straßen auch der dauerhaften Sicherung der wichtigen landschaftspflegerischen und artenschutzfachlichen Funktionen des Straßenbegleitgrüns dient. 4. Welche sachlichen Gründe und fachlichen Erwägungen sowie vorherigen Prü- fungen liegen für die Maßnahmen der Gehölzflächenpflege an der A 40 und A 52 in dieser Wintersaison vor? Die Gehölzbestände werden regelmäßig unter fachlichen Gesichtspunkten in Augenschein genommen und hinsichtlich ihres Zustandes bewertet. Sofern ein Pflegebedarf festgestellt wird, werden für die folgende Gehölzpflegesaison die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Pflegearbeiten veranlasst. 5. In welchem Umfang besteht auf Essener Gebiet aufgrund der erfolgten Baumfäl- lungen Anlass für die geforderten kompensatorischen Ersatzpflanzungen durch Straßen.NRW? Kompensationsmaßnahmen setzen einen Eingriff in Natur und Landschaft voraus (§ 14 Bundesnaturschutzgesetz BNatSchG i. V. m. § 4 (1) Landschaftsgesetz LG NRW). Bei den von Straßen.NRW durchgeführten Gehölzpflegearbeiten handelte es sich um Unterhaltungsarbeiten auf Grund rechtlicher Verpflichtungen. Diese gelten in der Regel nicht als Eingriffe (§ 4 (2) LG NW). Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, kompensatorische Ersatzpflanzungen vorzunehmen.