LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/233 16.07.2012 Datum des Originals: 06.07.2012/Ausgegeben: 19.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 17 vom 30. Mai 2012 des Abgeordneten Rainer Deppe CDU Drucksache 16/36 Wie lange dauert für die Landesregierung ein Kindergartenjahr? Warum gilt „das letzte Kindergartenjahr ist beitragsfrei“ nicht für alle Kinder in Nordrhein-Westfalen? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 17 mit Schreiben vom 6. Juli 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister , der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung bezeichnet das letzte beitragsfreie Kindergartenjahr als einen „wichtigen Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit und zur finanziellen Entlastung von Familien und Kommunen“. Dass die Kommunen durch das beitragsfreie Kindergartenjahr keineswegs entlastet, sondern zusätzlich belastet werden, ist aufgrund der unvollständigen Erstattungen der entfallenen Elternbeitragseinnahmen an die Kommunen mittlerweile allgemein bekannt. Dass auch eine nicht unwesentliche Zahl von Eltern keineswegs von dem beitragsfreien letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung entlastet wird, wird für die Betroffenen erst jetzt offensichtlich. Während im Regelfall für Kinder, die bis zum 30.09.2006 (Muss-Kinder) geboren sind, die Schulpflicht mit dem Schuljahr 2012/2013 beginnt, können Kinder, die nach diesem Termin (Kann-Kinder) geboren sind, vorzeitig zum gleichen Datum in die Schule aufgenommen werden . Während die Eltern der Kinder, die regulär schulpflichtig werden, für das komplette Kindergartenjahr (die Monate August 2011 – Juli 2012) von der Beitragszahlung befreit werden, beginnt nach Auskunft der örtlichen Jugendämter, wie z.B. des Jugendamtes der Stadt Köln, das letzte Kindergartenjahr für Kann-Kinder am 01.12.2011. Da die Kinder aber genauso, wie ihre zukünftigen Klassenkameraden im August 2012 eingeschult werden, werden die Eltern der Kann-Kinder nicht für das versprochene letzte Kindergartenjahr, sondern lediglich für 8 Monate (Dezember 2011 bis Juli 2012) von der Beitragszahlung befreit. Die Eltern wer- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/233 2 den also entgegen der Zusage der Landesregierung für 4 Monate mit der vollständigen Beitragszahlungspflicht belastet. Vorbemerkung der Landesregierung Mit dem 1. KiBiz-Änderungsgesetz hat die Landesregierung zum 1. August 2011 die Elternbeitragsfreiheit im letzten Jahr vor der Einschulung eingeführt. Dies entlastet insbesondere junge Familien mit kleinen Kindern und ist damit ein wichtiger Beitrag für mehr Chancengleichheit im Bildungsbereich. Die Kommunen erhalten hierfür seit Beginn des Kindergartenjahres einen pauschalierten Ausgleich in Form von Abschlagszahlungen, der landesweit bereits deutlich über die tatsächlichen Einnahmeausfälle hinausgeht. Die Gespräche zur Konnexitätsfolgenabschätzung mit den Kommunalen Spitzenverbänden sind abgeschlossen. Das Ausgleichsvolumen übersteigt die landesweiten Gesamteinnahmen der Jugendämter für das letzte Kindergartenjahr deutlich und entlastet die Kommunen. Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung ist unzutreffend und daher zurückzuweisen. 1. Wie viele Kinder werden in Nordrhein-Westfalen zum Schuljahr 2012/2013 vorzei- tig eingeschult? (Bitte nach Kreisen aufschlüsseln) Die Zahl der im Schuljahr 2012/13 vorzeitig eingeschulten Kinder lässt sich erst mit den Amtlichen Schuldaten des Schuljahres 2012/13 ermitteln, die noch nicht vorliegen. 2. Wie hoch sind die Beiträge, die die Eltern der Kann-Kinder für die Monate August 2011 bis November 2011 insgesamt aufbringen? Für die Erhebung der Elternbeiträge sind die Jugendämter zuständig. Der Landesregierung liegen zu dieser Frage keine Zahlen vor. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. 3. Wie begründet die Landesregierung die Unterscheidung zwischen Muss- und Kann-Kindern bzgl. der finanziellen Belastung der Eltern? 4. Hält die Landesregierung diese zusätzlich zu entrichtenden Beiträge für "ein Ent- gegenkommen des Landesgesetzgebers gegenüber den Eltern, die ihr Kind vorzeitig einschulen lassen"? 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um diese offensichtliche Unge- rechtigkeit gegenüber den Eltern der vorzeitig eingeschulten Kinder rückgängig zu machen? Gemäß § 23 Absatz 3 Satz 2 KiBiz ist für Kinder, die ab dem Schuljahr 2012/2013 vorzeitig eingeschult werden der Besuch des Kindergartens ab dem der verbindlichen Anmeldung zum 15. November folgenden Monat, das heißt ab Dezember, für maximal 12 Monate beitragsfrei . Wenn die Elternbeitragsfreiheit für vorzeitig eingeschulte Kinder damit in der Regel nur acht Monate umfasst, liegt darin keine Schlechterstellung bzw. „offensichtliche Ungerechtigkeit“ gegenüber den Familien von Kindern, die mit Eintritt der Schulpflicht regulär eingeschult wer- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/233 3 den. Immerhin nehmen die Eltern vorzeitig eingeschulter Kinder die Beitragsfreiheit acht Monate früher in Anspruch als dies der gesetzliche Regelfall vorsieht. Darüber hinaus ist die Verweildauer von sogenannten Kann-Kindern in Kindertageseinrichtungen zwischen ihrem dritten Geburtstag und der Einschulung in der Regel kürzer als diejenige von schulpflichtigen eingeschulten Kindern. Damit haben Eltern von Kann-Kindern in der Regel eine kürzere Elternbeitragszeit. Die unterschiedliche finanzielle Belastung der Eltern wird deutlich, wenn man zwei Familien vergleicht, in denen die Kinder am selben Tag Geburtstag haben und am selben Tag in den Kindergarten kommen, von denen aber eines schulpflichtig und eines vorzeitig, und damit ein Jahr früher, eingeschult wird. Sollte ein Kind abweichend von der Anmeldung zur vorzeitigen Einschulung doch regulär eingeschult werden, gilt die bereits gewährte Elternbeitragsbefreiung für dieses Kind bis zur Dauer von 12 Monaten.