LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/246 18.07.2012 Datum des Originals: 16.07.2012/Ausgegeben: 23.07.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 37 vom 15. Juni 2012 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/75 Wofür erhalten die Bezirksregierungen 800.000 Euro aus dem Stärkungspakt? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 37 mit Schreiben vom 16. Juli 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Verabschiedung und des Inkrafttretens des Stärkungspaktgesetzes im Dezember 2011 wurde die Zuständigkeit der Bezirksregierungen als zuständige obere Kommunalauf- sichtsbehörde für die Genehmigung und Überwachung aller Haushaltssanierungspläne be- gründet. Gemäß § 2 Absatz 4 2. Halbsatz des Stärkungspaktgesetzes heißt es: „…zur Unterstützung der Tätigkeit der Bezirksregierung gemäß §§ 5 bis 8 sowie ihrer weite- ren Tätigkeiten im Rahmen der Begleitung der Haushaltskonsolidierung von Gemeinden in einer besonders schwierigen Haushaltssituation (werden) jährlich vorab 800.000 Euro aus den Mitteln gemäß Absatz 1 entnommen.“ Insbesondere sind die Haushaltssanierungspläne durch die zuständige Bezirksregierung zu genehmigen, §6 Absatz 2 Stärkungspaktgesetz. Eine Zuständigkeit für die Genehmigung, Überwachung der Haushaltssanierungspläne der unteren Kommunalaufsichtsbehörden ist ausdrücklich nicht gegeben. Für die zusätzliche Aufgabe der Bezirksregierungen werden in den 9 Jahren des Konsolidierungsprogramms von 2012 bis 2020 insgesamt 7,2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Rundverfügungen der Bezirksregierungen erbitten nun von den Kreisen als untere Kommu- nalaufsicht eine umfassende Vorabprüfung der Haushaltssanierungspläne und ein Votum zu den eingereichten Haushaltssanierungsplänen der Teilnehmerkommunen. Eine Entschei- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/246 2 dungsvorbereitung durch die untere Kommunalaufsicht ist gesetzlich nicht vorgesehen und übersteigt auch das Maß der „geeigneten Einbindung“ der Kreise, um ein einheitliches Han- deln sicherzustellen. Das Innenministerium Nordrhein-Westfalens erklärt nun, dass die von den Bezirksregierun- gen erbetene Mitwirkung der Kreise als untere Kommunalaufsicht nicht zur Disposition stehe. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landrat in Nordrhein-Westfalen nimmt rechtlich zwei Funktionen wahr, die streng voneinander getrennt zu betrachten sind: Der Landrat leitet zum einen die Kreisverwaltung, die für den Kreis als Selbstverwaltungskörperschaft tätig ist. Zum anderen nimmt er die Funktion der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahr, die ihm im Wege der Organleihe zugewiesen ist (§§ 58 ff. Kreisordnung - KrO). In dieser Funktion als untere staatliche Verwaltungsbehörde ist er Träger der staatlichen Verwaltung, untersteht der Dienstaufsicht der Bezirksregierung und ist in allen Angelegenheiten der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde ausschließlich den ihm übergeordneten staatlichen Behörden verantwortlich. Als untere staatliche Verwaltungsbehörde führt er die allgemeine Aufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden. Hierzu gehört auch die kommunale Finanzaufsicht. Dem Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde kommt diese Aufsichtsfunktion einschließlich der kommunalen Finanzaufsicht auch gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden zu, die an der Konsolidierungshilfe nach dem Stärkungspaktgesetz teilnehmen. Nach dem Stärkungspaktgesetz ist lediglich ein genau bestimmter Teilaspekt der kommunalen Finanzaufsicht der örtlich zuständigen Bezirksregierung übertragen worden. Die Bezirksregierung genehmigt den Haushaltssanierungsplan, überwacht seine Einhaltung und wendet erforderlichenfalls die im Gesetz bestimmten Aufsichtsmitteln an (vgl. §§ 6 bis 8 und 10 Stärkungspaktgesetz ). Dem Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde wurde keineswegs durch das Stärkungspaktgesetz die kommunale Finanzaufsicht entzogen. Er übt weiter Aspekte der Haushaltsaufsicht aus, z.B. die Anzeige von kreditähnlichen Rechtsgeschäften oder Bürgschaften gemäß §§ 86 Absatz 4, 87 GO NRW. Hinzu kommt beispielsweise der äußerst haushaltsrelevante Bereich der (anzeige- oder genehmigungspflichtigen) Vorgänge im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden gemäß § 107 ff. GO NRW Wenn Bezirksregierungen den Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde um sein Votum zu den Haushaltssanierungsplänen von Gemeinden bitten, über die er die allgemeine Aufsicht führt, so handelt es sich hierbei um einen üblichen und nicht zu beanstandenden Vorgang innerhalb der staatlichen Kommunalaufsicht. Eine solche Bitte ist auch sachgerecht. Die Bezirksregierung muss zur Beurteilung der Haushaltssanierungspläne auch über die Kenntnisse des Landrats über die Situation von Ort, z.B. die Strukturen der wirtschaftlichen Betätigung von Stärkungspaktgemeinden oder deren Kreditgebaren, informiert sein. Es kommt hinzu, dass auch der Landrat seine verbliebenen aufsichtlichen Aufgaben als untere staatliche Verwaltungsbehörde nur wahrnehmen kann, wenn er die Haushaltssanierungsplanung der Gemeinde kennt und sich über diese auch ein Urteil gebildet hat. Dies vorangeschickt beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/246 3 1. Wie bewertet die Landesregierung den Vorgang, dass eine obere Kommunalaufsicht eine untere Kommunalaufsichtsbehörde mit einer Aufgabe beauftragt, die nach dem Stärkungspaktgesetz ausdrücklich und ausschließlich in die Zuständigkeit der oberen Kommunalaufsichtsbehörde fällt? 2. Wie beurteilt die Landesregierung dieses Verhalten vor dem verfassungsrecht- lich gesicherten kommunalen Selbstverwaltungrechts? Die in Rede stehende Mitwirkungsbitte der Bezirksregierung wendet sich nicht an den Landrat als Leitung der Kreisverwaltung, die für den Kreis als Selbstverwaltungskörperschaft tätig ist, sondern als untere staatliche Verwaltungsbehörde im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion. Das Selbstverwaltungsrecht des Kreises ist durch eine solche Bitte nicht berührt. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Verbindlichkeit der Mitwirkungsbitte der Bezirksregierungen an die Kreise? Eine Mitwirkungsbitte innerhalb des kommunalaufsichtlichen Behördenaufbaus ist verbindlich . 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Zahlung von jährlich 800.000 Euro an die Bezirksregierungen in Anbetracht des Aufgabenaufwandes für die Bezirksregierungen ? Der Haushaltssanierungsplan der Stärkungspaktgemeinden ist das Kernstück ihres Konsolidierungspfades . Seine jährliche Prüfung sowie die Überwachung seiner Einhaltung sind komplizierte, arbeitsintensive und verantwortungsvolle Vorgänge. Von den 61 an der Konsolidierungshilfe teilnehmenden Gemeinden sind 48 kreisangehörig, das heißt, den Bezirksregierungen wurde diese umfangreiche Aufgabe in Bezug auf 48 Kommunen erstmalig übertagen . Darüber hinaus sind 13 kreisfreie Städte zu betreuen. Die Landesregierung beurteilt deshalb den Betrag als erforderlich und angemessen. 5. Sieht die Landesregierung Änderungsbedarf für die Zuständigkeitsregelung der Genehmigungstätigkeit für Haushaltssanierungspläne nach dem Stärkungspaktgesetz ? Nein.